KI-Barometer Q1 2025 - Generative KI im Einsatz: Fallbeispiele aus deutschen Unternehmen

Executive Summary Deutsche Unternehmen stehen bei der KI-Implementierung an einem kritischen Punkt. Während die Investitionen in KI-Technologien steigen, zeigt sich eine deutliche Lücke zwischen strategischer Planung und operativer Umsetzung. Nur 6 Prozent der deutschen Unternehmen sind laut Cisco optimal auf KI vorbereitet. Die folgenden Kapitel analysieren aktuelle Studienergebnisse und zeigen anhand konkreter Fallbeispiele, wie führende Unternehmen KI erfolgreich einsetzen. Übersicht: Wo steht generative KI in deutschen Unternehmen aktuell? Die aktuelle Studienlage zur KI-Nutzung in Unternehmen zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen Erwartungen und Realität. Während Unternehmen massiv in KI-Technologien investieren, kämpfen sie mit praktischen Umsetzungshürden. Ein detaillierter Blick auf internationale und deutsche Studien verdeutlicht diese Situation. Prognose des globalen Markts für KI (2020–2030), Statista, 28.11.2024 Der globale KI-Markt entwickelt sich mit außergewöhnlicher Dynamik. Die produktive Nutzung der Technologie steht, nimmt man die zahlreichen Wachstumsprognosen des Marktes für KI für bare Münze, dabei noch am Anfang ihrer Möglichkeiten. Statista prognostiziert bis 2030 eine Steigerung des Marktes um 349 Prozent – eine mehr als Vervierfachung des aktuellen Volumens. Die International Data Corporation (IDC) untermauert diese Prognose und sagt eine Verdopplung der weltweiten KI-Ausgaben auf 632 Milliarden USD bis 2028 voraus. Die aktuelle McKinsey-Analyse unterstreicht die wirtschaftliche Tragweite dieser Entwicklung. Generative KI soll bis 2030 einen jährlichen wirtschaftlichen Mehrwert von bis zu 4,4 Billionen Dollar schaffen – vergleichbar mit der Wirtschaftsleistung Großbritanniens. Auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt könnten tiefgreifend sein: KI-Systeme sollen etwa zwei Drittel der heutigen Arbeitszeit automatisieren oder unterstützen. Diese Transformation betrifft nahezu alle Arbeitsbereiche, wobei Kundenservice, Marketing und Softwareentwicklung die stärksten Veränderungen erfahren werden. McKinsey erwartet eine Verlagerung menschlicher Arbeit zu kreativeren und strategischeren Aufgaben. Diese Entwicklung erfordert umfangreiche Weiterbildungsprogramme sowie neue ethische und rechtliche Rahmenbedingungen. Der Cisco-KI-Readiness-Index 2024, basierend auf Befragungen von 8000 IT-Führungskräften in 30 Ländern, zeichnet für Deutschland ein ernüchterndes Bild: Nur 6 Prozent der deutschen Unternehmen sind optimal auf KI vorbereitet – ein leichter Rückgang zum Vorjahr. Die sogenannte „KI-Readiness“ setzt sich aus 49 Indikatoren über die Kategorien Strategie, Infrastruktur, Daten, Governance, Talent sowie Gesamtsituation zusammen. Als „ready“ wird eine Organisation definiert, welche vollständig vorbereitet für die Nutzung von KI ist. Diese Stagnation in Zeiten massiver globaler KI-Investitionen alarmiert Experten wie Christian Korff von Cisco Deutschland: „Stillstand bei KI-Readiness bedeutet faktisch einen Rückschritt.“ Deutsche Unternehmen seien zwar stark in der strategischen Planung, zeigten jedoch Schwächen in der Umsetzung. Trotz erheblicher Investitionen – 42 Prozent der Unternehmen widmen 10–30 Prozent ihres IT-Budgets der KI – bleiben die Ergebnisse oft hinter den Erwartungen zurück. Die Deloitte-Studie „State of AI in the Enterprise“ bestätigt diese Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität. 91 Prozent der Führungskräfte erwarten Produktivitätssteigerungen durch KI, aber 41 Prozent fühlen sich auf die damit verbundenen Risiken schlecht vorbereitet. Besonders bei generativer KI offenbaren sich Defizite: 41 Prozent der Befragten sehen ihr Unternehmen bei Talentfragen unzureichend aufgestellt. Gleichermaßen mangelt es an Governance und Risikomanagement. Dennoch bleibt die Grundstimmung positiv: 62 Prozent der Führungskräfte äußern Begeisterung für die Technologie, und 79 Prozent erwarten substanzielle Veränderungen in ihrem Unternehmen und ihrer Branche innerhalb der nächsten drei Jahre. Die Intel-Tochter cnvrg.io liefert in ihrer Studie konkrete Zahlen zu den Implementierungshürden: Lediglich 10 Prozent der Unternehmen haben KI erfolgreich in ihre Geschäftsprozesse integriert. Als Hauptgründe für das Scheitern von KI-Projekten identifizieren die Befragten der Studie mangelnde technische Fähigkeiten (84 Prozent) und unzureichende IT-Infrastruktur (46 Prozent). Eine US-amerikanische Studie von Menlo Ventures zeigt zwar eine Versechsfachung der KI-Investitionen innerhalb eines Jahres, hauptsächlich getrieben durch die Adaption von Code-Copiloten (51 Prozent) und getrieben aus Innovationsbudgets (60 Prozent), unterstreicht aber gleichzeitig die Unsicherheit vieler Unternehmen bei der Implementierung von KI. Mehr als ein Drittel der befragten IT-Entscheider hat noch keine klare Vision für den KI-Einsatz. Diese internationalen Studien liefern wichtige Erkenntnisse für den deutschen Kontext. Sie zeigen, dass die Herausforderungen bei der KI-Adaption nicht nur national, sondern global sind. Die Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität, Kompetenzlücken und infrastrukturellen Hürden ist ein Thema, das Unternehmen weltweit beschäftigt. Und wie sieht es in Deutschland aus? Die Destatis-Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur KI-Nutzung in Unternehmen liefert hierzu Daten. Ergänzend dazu bietet die Microsoft/Civey-KI-Studie Einblicke in die Wahrnehmung und Nutzung von KI durch deutsche Arbeitnehmer. Die Microsoft/Civey-KI-Studie aus Deutschland, die größte ihrer Art mit 9.000 Befragten, zeigt deutliche Branchenunterschiede in der KI-Nutzung. Während 21,5 Prozent der Büroangestellten KI-Tools mindestens wöchentlich nutzen, liegt dieser Anteil bei Industriearbeitern bei nur 12 Prozent. Die Produktivitätseffekte werden im Büroumfeld stärker wahrgenommen: 24,5 Prozent der Büroangestellten berichten von verbessertem Zeitmanagement, 23,8 Prozent von höherer Produktivität. Bei Industriearbeitern liegen diese Werte bei 19 Prozent und 15,2 Prozent. Besonders auffällig: Nur 23,9 Prozent der Büroangestellten und 18,5 Prozent der Industriearbeiter fühlen sich gut über KI informiert. Die bundesweite Erhebung offenbart auch einen deutlichen Generationenunterschied, wobei sich die 18- bis 39-Jährigen deutlich aufgeschlossener gegenüber KI-Technologien zeigen. Bei der Einschätzung von KI als Chance oder Risiko teilen sich die Bürobeschäftigten in drei gleich große Gruppen: Ein Drittel sieht KI als Chance, ein Drittel als Risiko und ein Drittel ist noch unentschieden. Die Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur KI-Nutzung in Unternehmen liefert noch einmal mehr Einblicke in die Verbreitung und die Herausforderungen der KI-Adaption in Deutschland. Die Daten basieren auf einer jährlichen Erhebung unter Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten und bieten somit eine repräsentative Grundlage für die Analyse. Die häufigsten Gründe für die Nichtnutzung von KI im Jahr 2024 Gründe für die Nichtnutzung von KI in deutschen Unternehmen, eigene Bearbeitung, 2024, DESTATIS Die Destatis-Erhebung liefert detaillierte Einblicke in die Gründe für die zurückhaltende KI-Nutzung in Deutschland. Fehlendes Wissen erwies sich als zentrales Hindernis – 71 Prozent der Unternehmen nennen fehlendes Wissen als Grund für keine KI-Nutzung. Technische Hürden, insbesondere inkompatible Software oder Hardware, stellen für 54 Prozent der Unternehmen ein wesentliches Problem dar. Unsicherheiten über rechtliche Folgen rangieren mit 58 Prozent knapp dahinter, gefolgt von Datenschutzbedenken mit 53 Prozent und Fragen der Datenqualität mit jeweils etwa 45 Prozent. Ethische Bedenken (23 Prozent) und ein nicht erkannter Nutzen (21 Prozent) spielen eine untergeordnete Rolle. Diese Zahlen decken sich mit unseren Praxisbeobachtungen: Deutsche Unternehmen erkennen zunehmend den strategischen Wert von KI, zögern jedoch bei der konkreten Umsetzung. Die im internationalen Vergleich überproportional stark gewichteten Datenschutzbedenken wirken dabei oft als selbst auferlegte Bremse, die oft weder technisch noch ethisch in dieser Ausprägung gerechtfertigt ist. Positiv stimmt die leicht rückläufige Tendenz bei den drei Haupthindernissen im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch bleibt die Gesamtadaptionsrate mit 18 Prozent im Jahr 2024 – gegenüber 10 Prozent im Jahr 2023 – vergleichsweise niedrig. KI-Nutzung nach Unternehmensgröße KI-Nutzung nach Wirtschaftszweigen in Deutschland, 10–29 Beschäftigte, eigene Bearbeitung, 2024, DESTATIS Großunternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern setzen deutlich häufiger auf KI-Technologien: 48 Prozent nutzen bereits KI-Systeme, verglichen mit 28 Prozent der mittelständischen Unternehmen (50–249 Mitarbeiter) und nur 17 Prozent der kleinen Unternehmen (10–49 Mitarbeiter). Dieser Trend zieht sich durch alle Branchen, wobei die Informations- und Kommunikationsbranche mit Nutzungsraten von 82 Prozent bei Großunternehmen, 69 Prozent im Mittelstand und 57 Prozent bei Kleinunternehmen die Spitzenposition einnimmt. Es folgen die freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen. Baugewerbe und Gastgewerbe bilden mit deutlich niedrigeren Nutzungsraten das Schlusslicht. KI-Nutzung nach Wirtschaftszweigen in Deutschland, 50–249 Beschäftigte, eigene Bearbeitung, 2024, DESTATIS KI-Nutzung nach Wirtschaftszweigen in Deutschland, 250 + Beschäftigte, eigene Bearbeitung, 2024, DESTATIS Diese Unterschiede lassen sich auf mehrere Faktoren zurückführen: Großunternehmen verfügen über umfangreichere Ressourcen für KI-Investitionen und den Aufbau der notwendigen Infrastruktur. Sie haben zudem besseren Zugang zu spezialisierten Fachkräften für Entwicklung und Implementation von KI-Lösungen. Kleinere Unternehmen kämpfen dagegen oft mit finanziellen und personellen Engpässen. Diese digitale Spaltung erfordert gezielte Fördermaßnahmen, um auch kleineren Unternehmen den Zugang zu KI-Technologien zu ermöglichen. KI-Nutzung nach Anwendungsfällen KI-Nutzungsarten in Deutschland, eigene Bearbeitung, 2024, DESTATIS Die Destatis-Erhebung zeigt ein klares Muster bei den KI-Anwendungen in deutschen Unternehmen. Text Mining (sprich: Textaufgaben) und Spracherkennung führen mit Nutzungsraten von 48 Prozent und 47 Prozent das Feld an. Die Erzeugung natürlicher Sprache folgt mit 34 Prozent, dicht gefolgt von Bilderkennungstechnologien. Maschinelles Lernen und die Automatisierung von Arbeitsabläufen verzeichnen zwischen 2021 und 2024 den stärksten Zuwachs. Im Marketing setzen 33 Prozent der KI-nutzenden Unternehmen die Technologie ein. Auch in Produktionsprozessen steigt die Nutzung kontinuierlich, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Die Anwendung in Bereichen wie Logistik, Finanzverwaltung und Maschinensteuerung bleibt bisher verhalten. Diese Verteilung spiegelt die unterschiedlichen Reifegrade der KI-Technologien wider. Text Mining und Spracherkennung gelten als etablierte Technologien mit vergleichsweise niedrigen Einstiegshürden. Maschinelles Lernen und Prozessautomatisierung gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie messbare Effizienzsteigerungen versprechen. Die noch geringe Nutzung in Logistik und Finanzverwaltung deutet auf Herausforderungen bei Datenverfügbarkeit, Systemintegration und Akzeptanz hin. Besonders hervorzuheben ist der deutliche Anstieg der KI-Nutzung in Produktions- und Dienstleistungsprozessen sowie in der Verwaltung. Diese Entwicklung zeigt, dass KI zunehmend in operative Kernprozesse vordringt. Übergeordnete Beobachtungen und Muster KI-Nutzung in Deutschland (Destatis-Erhebung 2024 Die Analyse der Studienlage und der Destatis-Daten offenbart einige übergeordnete Phänomene und Muster in Bezug auf die KI-Nutzung in deutschen Unternehmen. Erstens stellen Kompetenz- und Wissenslücken ein wesentliches Hindernis dar. Vielen Unternehmen fehlt das notwendige Know-how, um KI-Lösungen erfolgreich zu entwickeln und einzusetzen. Zweitens besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen den hohen Erwartungen an KI und der tatsächlichen Umsetzung. Viele Unternehmen erkennen zwar das Potenzial der Technologie, scheitern aber an der praktischen Implementierung. Drittens verstärkt sich die digitale Spaltung zwischen Großunternehmen und KMU. Großunternehmen haben deutlich bessere Voraussetzungen für die KI-Adaption und profitieren stärker von den Vorteilen der Technologie. Viertens zeigt sich ein Paradoxon zwischen Planung und Umsetzung. Obwohl viele Unternehmen KI-Strategien entwickelt haben, mangelt es oft an der operativen Umsetzung. Fünftens steigen die Investitionen in KI über alle Marktteilnehmer hinweg kontinuierlich, was auf ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung der Technologie hindeutet. Sechstens gibt es branchenspezifische Unterschiede in der KI-Nutzung. Branchen wie die Informations- und Kommunikationsbranche sind Vorreiter, während andere Branchen noch am Anfang stehen. Siebtens spielen infrastrukturelle Herausforderungen und regulatorische Unsicherheiten eine Rolle. Viele Unternehmen sehen die IT-Infrastruktur als Hindernis und äußern Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die KI-Nutzung in deutschen Unternehmen befindet sich in einer dynamischen Entwicklungsphase. Während die Erwartungen an die Technologie hoch sind und die Investitionen steigen, bestehen noch erhebliche Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung. Gezielte Fördermaßnahmen, Aus- und Weiterbildungsinitiativen sowie klare rechtliche Rahmenbedingungen sind notwendig, um die KI-Adaption in deutschen Unternehmen voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern. Wie erfolgreiche KI-Implementierung geht, zeigen hier nun die folgenden Fallbeispiele. Diese qualitative Analyse von fünf deutschen Branchenführern soll Inspiration für die eigene Umsetzung von KI-Projekten geben und Best Practices transparent machen. Barometer-Studie 01/2025: Fallbeispiele aus deutschen Unternehmen – Projekte & Ergebnisse WILO Wilo Pumpenhersteller Wilo automatisiert Qualitätssicherung mit GPT-4o Der Dortmunder Pumpenspezialist Wilo automatisiert die Analyse von Qualitätsberichten durch den Einsatz von GPT-4o. Das Unternehmen erwartet dadurch eine Beschleunigung der Prozesse um den Faktor 5. Das Ziel: Die Qualitätssicherung bei Zulieferern erfolgt bei Wilo über standardisierte 8D-Reports. Der 8D-Report ist ein Qualitätsmanagement-Werkzeug zur systematischen Problemlösung bei Reklamationen. Er besteht aus acht definierten Prozessschritten (Disziplinen) und wird sowohl zwischen Lieferant und Kunde als auch intern zur Qualitätssicherung eingesetzt. Die manuelle Auswertung dieser Berichte war bisher zeitaufwendig. Das Unternehmen wollte diesen Prozess durch KI automatisieren, die Qualitätsstandards vereinheitlichen und den 8D-Prozess ausweiten. Der Plan: Das Projekt startete mit ersten Proof of Concepts aus der Fachabteilung. Ein entscheidender Schritt war die Entwicklung eines neuen Templates für die 8D-Reports, das speziell für die automatisierte Verarbeitung konzipiert wurde. Als technische Basis dient GPT-4o, das im firmeninternen WiloGPT implementiert wurde. Das System wurde mit Wissen aus historischen Reports und Experteneinschätzungen aus dem Fachbereich trainiert, ohne, dass externe Datenquellen angeschlossen werden mussten. Das System analysiert die Reports vollautomatisch und erstellt Feedback mit Verbesserungsvorschlägen für Zulieferer in verschiedenen Sprachen. Die nächsten Schritte: Das Tool befindet sich aktuell im Roll-out. Wilo erwartet eine Beschleunigung der Auswertungszeit pro Report um den Faktor 5. Ein Mitarbeiter prüft und gibt die KI-generierten Analysen weiterhin final frei. Der Roll-out wird durch mehrere Maßnahmen unterstützt: Die Initiative ging von Mitarbeitenden der Fachabteilung aus, Nutzer wurden von Beginn an in das Projekt eingebunden und das gesamte Team erhielt eine ausführliche Einführung in das System. Die Entwickler legten besonderen Wert auf eine einfache Benutzeroberfläche. Durch paralleles Arbeiten mit der KI konnten die Mitarbeiter schrittweise Vertrauen aufbauen. Ein gemeinsamer Chat ermöglicht kontinuierliche Kommunikation. Eine Führungskraft steuert den Prozess zentral für 40 internationale Mitarbeiter. Key Learning: Eine wichtige Erkenntnis des Projekts war die Notwendigkeit, bestehende Prozesse für den KI-Einsatz anzupassen. Das alte Template für 8D-Reports wäre nur schwer automatisiert auslesbar gewesen. Die Neugestaltung der Grundlagen erwies sich als Schlüssel zum Erfolg. Das Unternehmen und die Beteiligten Die Wilo SE ist ein Premiumhersteller von Pumpen und Pumpensystemen mit Sitz in Dortmund. Das Projekt wird von Marius Richter (Group Director Supplier Quality) und David Graurock (Head of AI Competence Center) geleitet. Die entwickelte Lösung ermöglicht neben der erwarteten Prozessoptimierung auch einheitlichere Qualitätsstandards und unterstützt die systematische Integration von KI-Technologien im Unternehmen. LEONINE LEONINE LEONINE Studios: KI-gestützte Drehbuchanalyse beschleunigt Filmproduktion Die LEONINE Studios setzen auf generative KI für die Filmproduktion. Mit der internen Plattform LeoChat, die auf verschiedene LLMs wie OpenAI und Claude zugreift, optimiert das Unternehmen seine Prozesse und erreicht damit ein „neues Level in der kreativen Arbeit mit Stoffen“. Das Unternehmen sieht in der Technologie keine Bedrohung, sondern eine Chance zur Steigerung der kreativen Möglichkeiten. Das Ziel: LEONINE Studios wollte allen Mitarbeitenden einen sicheren und effizienten Zugang zu KI-Technologien ermöglichen. „Unser Ziel war, allen Mitarbeitenden Large Language Models zur Verfügung zu stellen und mit Blick auf die Kosten angesichts unserer großen Anzahl an Mitarbeiter*innen anstelle einer nutzerbasierten Abrechnung eine nutzungsbasierte Abrechnung zu etablieren“, erklärt Max Wiedemann, Co-Founder von LEONINE Studios und Geschäftsführer von W&B Television und Wiedemann & Berg Film. Zudem sollte der Zugriff auf verschiedene Modelle wie OpenAI und Claude über API-Calls ermöglicht werden. Um einen sicheren Rahmen für die Nutzung zu gewährleisten und Rechte wie Urheberrecht, Markenrecht und Persönlichkeitsrechte in der Filmproduktion zu wahren, war von Anfang an eine klare Nutzungsrichtlinie eine wichtige Voraussetzung. Das Unternehmen strebte dabei keine Automatisierung der kreativen Arbeit an, sondern eine synergetische Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Neben der technischen Integration war auch die Befähigung der Mitarbeitenden durch Trainings ein zentrales Ziel, damit diese die Tools effektiv in ihre Arbeit integrieren können. Der Plan: Das Unternehmen entwickelte die interne Plattform LeoChat auf Basis eines Open-Source-Projekts. Diese ermöglicht den Zugriff auf verschiedene KI-Modelle wie OpenAI und Claude über API-Calls. Umfassende Nutzungsrichtlinien wurden implementiert, die genau regeln, welche KI-Tools bedenkenlos genutzt werden dürfen und was bei der Ein- und Ausgabe zu beachten ist. In jedem Unternehmensbereich wurden KI-Botschafter*innen ernannt, die in engem Austausch mit der KI-Abteilung stehen und potenzielle Anwendungsfälle identifizieren. Erfolgreiche Use Cases werden systematisch auf andere Bereiche übertragen. Das Ergebnis: Die Integration von KI-Technologien bei LEONINE erwies sich als großer Erfolg. „Unsere KI-Workshops und Trainings werden unfassbar gut angenommen. Unsere Mitarbeitenden sehen darin eine echte Chance, ihre Fähigkeiten zu erweitern. Es ist beeindruckend, welchen positiven Einfluss KI-Tools auf die Produktivität haben können und wie man sie als Inspirationsquelle nutzen kann“, berichtet Max Wiedemann. Besonders überzeugende Ergebnisse lieferte die KI-gestützte Drehbuchanalyse. Wiedemann erklärt: „Was mich beeindruckt hat, ist, wie gut die Modelle inzwischen ein kontextuelles Verständnis für Stoffe entwickeln können.“ Die KI wird besonders erfolgreich in der Vorproduktion eingesetzt, von der Ideenfindung über die Stoffentwicklung bis hin zu visuellen Konzepten. Für die Zukunft sieht LEONINE weitere Entwicklungsmöglichkeiten, etwa im Bereich der generativen KI für Bewegtbilder oder bei der Verlagerung physischer Dreharbeiten in die virtuelle Welt. Das Unternehmen betont jedoch, dass die klassische Filmproduktion nicht überholt sei und kreative Kontrolle weiterhin in menschlicher Hand bleiben müsse. Das Unternehmen und die Beteiligten Max Wiedemann, 2025, Leonine LEONINE Studios ist das führende deutsche Medienunternehmen in Film- und TV-Produktion, Distribution und Lizenzierung mit beeindruckender Erfolgsbilanz. Zu den LEONINE Studios gehören neun Produktionsunternehmen, darunter auch Wiedemann & Berg Film, die unter anderem den Oscar-prämierten Film „Das Leben der Anderen“ und die international erfolgreiche Netflix-Serie „Dark“ produzierten. Max Wiedemann, Co-Founder von LEONINE Studios und Geschäftsführer von W&B Television und Wiedemann & Berg Film, treibt die digitale Transformation des Unternehmens voran. Seine Vision ist es, KI-Technologien so zu integrieren, dass sie die kreative Arbeit unterstützen und bereichern, ohne dabei die menschliche Komponente zu verdrängen. Das Unternehmen verfügt über einen eigenen Manager für KI-Strategie und Implementierung, der die verschiedenen Fachabteilungen bei der Integration neuer Tools unterstützt und die unternehmensweite KI-Strategie koordiniert. LEONINE sieht sich damit gut aufgestellt für die technologischen Herausforderungen der Zukunft in der Filmbranche. dmTECH dmTech dm entlastet Mitarbeitende mit dmGPT Der Drogeriemarktführer dm setzt auf Künstliche Intelligenz in den dm-Märkten: Nach einer erfolgreichen Testphase im Tochterunternehmen dmTECH und der Einführung im Hauptsitz dialogicum steht der unternehmenseigene KI-Chatbot dmGPT nun auch allen Mitarbeitenden in den dm-Märkten zur Verfügung. Das Ziel: Ziel des Projekts war es, die Mitarbeitenden von dm mit KI-Technologie vertraut zu machen und ihnen eine umfassende Informationsdatenbank und Lösungsplattform zur Verfügung zu stellen. Roman Melcher, stellvertretender Vorsitzender der dm-Geschäftsführung und Geschäftsführer für dmTECH, erläutert: „Wir haben das System schrittweise für fast alle dm-Mitarbeitenden in allen Ländern zugänglich gemacht. Inzwischen haben wir 70 000 bis 75 000 Nutzer im System, die täglich tausende Anfragen stellen.“ Der Plan: dm entwickelte mit dmGPT eine eigene Plattform, die in der Azure-Cloud betrieben wird und damit die gleichen Sicherheitsstandards wie Microsoft 365 bietet. Melcher erklärt: „Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass ein dm-Nutzer im betrieblichen Kontext keine Daten versehentlich preisgibt. Dieses Risiko ist ausgeschlossen, wenn wir die Plattform in dieser internen Azure-Umgebung betreiben.“ Die Plattform wurde stetig weiterentwickelt und bietet mittlerweile nicht nur Zugang zu einem GPT-Modell, sondern auch zu Bildgenerierungstools und anderen KI-Modellen. Besonders wichtig: die Integration mit den unternehmenseigenen Datenbanken. „Wir verbinden die KI-Systeme mit unseren Intranetdaten. Über Remote-Calls wird auf die Daten im Intranet zugegriffen, sodass das GPT-System u. a. in der Lage ist, über natürliche Sprache Auskunft über Produktstammdaten zu geben“, so Melcher. Die Anwendung: Die Einsatzgebiete von dmGPT sind vielfältig. Die Mitarbeitenden nutzen das System für Übersetzungen zwischen den 14 dm-Ländern, für die Generierung von Marketing- und Social-Media-Texten sowie für Konzeptionen und Zusammenfassungen. In den dm-Märkten wird das System etwa für Produktaufbau-Vorschläge genutzt: „Die dm-Teams in den Märkten haben damit begonnen, das System zu fragen, wie ein ansprechender Produktaufbau für ihren spezifischen Markt aussehen könnte und welche Produkte für die jeweilige Jahreszeit geeignet wären.“ Ein weiterer Anwendungsfall ist der „Beauty-Berater“ in der dm-App, der mittels KI virtuelle Kosmetik-Tests ermöglicht. Auch im technischen Support wird die KI eingesetzt: Mitarbeitende können Fotos von defekten Geräten hochladen und erhalten sofort passende Lösungsvorschläge. „dmGPT“, dm-drogerie markt Mobile Version von „dmGPT“ Die Implementierung: Die Einführung erfolgte schrittweise und wurde von umfangreichen Schulungsmaßnahmen begleitet. Melcher erläutert: „Wir haben eine digitale Lernumgebung geschaffen, in der man online an Schulungen teilnehmen kann.“ Die Schulungen umfassen Grundlagen der KI, den Unterschied zur menschlichen Intelligenz und praktische Anleitungen zum effektiven Prompt-Writing. Ein wichtiges Prinzip dabei: „Wir haben immer betont, dass, wenn das System Inhalte für Kundinnen und Kunden generiert, vorher ein Mensch draufschauen muss. Wir dürfen die KI-generierten Inhalte nicht ungefiltert veröffentlichen.“ Der Ausblick: Die Bedeutung von KI für die Unternehmenslandschaft schätzt Melcher als fundamental ein: „Ich glaube, diese Entwicklung wird überall Auswirkungen haben. Ich bin zuversichtlich, dass dies ein echter Meilenstein der technologischen Entwicklung war, vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine.“ Besonders im Bereich der Softwareentwicklung erwartet er massive Veränderungen: „In fünf Jahren werden wir für das, was wir heute im Unternehmen an Code entwickeln, nur noch 20 Prozent der Programmierer benötigen.“ Dabei sieht er den Wandel als unvermeidlich: "Die Antwort kann nicht sein, sich dem Wandel zu verschließen, sondern man muss für sich selbst, wenn man betroffen ist, überlegen, wie man damit umgeht und wie es weitergeht. Wir Menschen sollten die Befreiung von Routinetätigkeiten nicht als Bedrohung sehen, sondern als einen Freiraum um Dinge tun zu können, die nur bewusste Wesen zu tun vermögen." Das Unternehmen: Roman Melcher, CEO dmTech, Foto: Christina Riedl, dm-drogerie markt Die dm-drogerie markt GmbH + Co. KG ist Deutschlands größter Drogeriefilialist mit Sitz in Karlsruhe. Die IT-Tochter dmTECH arbeitet mit etwa 1.300 Mitarbeitern international für alle 14 dm-Länder und hat Niederlassungen in Polen und Österreich. Das Projekt wird federführend von Roman Melcher, als dmTECH-Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort IT, vorangetrieben. Lufthansa Lufthansa Industry Solutions Lufthansa Industry Solutions etabliert KI-Plattform für Unternehmenskunden Lufthansa Industry Solutions setzt auf eine breite KI-Strategie: Nach jahrelanger Erfahrung mit Sprachmodellen entwickelt das IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen nun maßgeschneiderte KI-Lösungen für Kunden innerhalb und außerhalb des Lufthansa-Konzerns. Mit einem besonderen Fokus auf Compliance und Prozessautomatisierung treibt das Unternehmen die digitale Transformation voran. Die Ausgangslage: Als mittelständisches IT-Beratungsunternehmen im Kontext des Lufthansa-Konzerns betreut Lufthansa Industry Solutions mit seinen gut 2800 Mitarbeitenden sowohl konzerninterne als auch externe Kunden. Bernhard Kube, Chief Technology Officer des Unternehmens, bringt langjährige KI-Erfahrung mit: „Ehrlich gesagt ist das Thema KI ein Thema, das bei uns bereits seit vielen Jahren in einem eigenen Center of Excellence verankert ist. „Mit Large Language Models arbeiten wir bereits seit 2017, lange bevor der ChatGPT-Hype begann.“ Das Unternehmen verfolgt einen zweigleisigen Ansatz: Einerseits entwickelt es Software-as-a-Service-Angebote für generative KI, andererseits implementiert es kundenspezifische Lösungen in den jeweiligen Cloud-Umgebungen der Kunden. Kube erläutert: „Viele Kunden wünschen eine Implementierung in ihrer eigenen, selbstkontrollierten Cloud-Umgebung.“ Dieser flexible Ansatz hat sich ausgezahlt: „Gerade mit diesem Hype-Thema konnten wir schon früh schöne Neukundenerfolge erzielen.“ Die Technologie: Die entwickelte KI-Plattform basiert auf einer RAG-Architektur (Retrieval Augmented Generation) und unterstützt verschiedene Sprachmodelle wie z. B. solche von OpenAI, Google und Meta. Kube erklärt: „Wir haben eine generische Lösung entwickelt, die in der Lage ist, bereitgestellte Dokumente à la ChatGPT zu durchsuchen, aber eben nur diese Dokumente und nicht auf das Weltwissen zuzugreifen.“ Besonders wichtig ist dabei die Segmentierung der Daten, etwa für Abteilungen mit vielen technischen Dokumenten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung spezialisierter, ressourceneffizienter Sprachmodelle. „Wir nutzen auch kleinere, spezialisiertere Sprachmodelle ohne Generalansatz, auch unter Ressourcen- und Nachhaltigkeitsaspekten“, betont Kube. Die Compliance: Mit Blick auf den EU AI Act legt das Unternehmen besonderen Wert darauf, die Compliance- und Risikomanagementanforderungen des EU AI Acts von vornherein in Projekten zu berücksichtigen. Kube erklärt: „Die letztendliche Entscheidungsgewalt sollte immer noch ein Mensch haben.“ Das Unternehmen berät Kunden bei der Risikoklassifizierung ihrer KI-Systeme und arbeitet eng mit Zertifizierern zusammen, um Kunden im Vorfeld und im Verlauf von Projekten zu unterstützen. Die Innovation: Ein weiterer Fokus liegt auf dem Konzept der „Hyper-Automation“, das auch „Intelligent Process Automation“ genannt wird. Kube erläutert: „Das sind in der Regel KI-basierte Use-Cases, die die Automatisierung komplexer Prozesse mittels AI ermöglichen.“ Solche Prozessketten sind z. B. Kundenanfragen über Chatbots bis hin zu Workflows wie Preisanfragen, Angebotserstellung oder Beschwerdemanagement. Ein wichtiger Aspekt ist die enge Zusammenarbeit mit den Fachbereichen der Kunden. Kube beschreibt: „Business-Analysten, AI-Engineers und Data-Scientists usw. arbeiten ganz eng mit den Fachbereichen zusammen. Das ist keine Arbeit im luftleeren Raum, sondern beim Kunden.“ Dabei spielt das Domänenwissen eine zentrale Rolle, um den fachlichen Background des jeweiligen Use-Cases zu verstehen. Der Ausblick: Der KI-Hype ist nach Einschätzung von Kube noch lange nicht vorbei: „Ich nehme nicht wahr, dass eine Ernüchterung eingekehrt ist, im Gegenteil. Es gibt auch immer noch genügend Unternehmen, die überhaupt noch nicht über ihre AI-Strategie nachgedacht haben.“ Er sieht eine natürliche Entwicklung: „Die First Mover haben erste Themen schon umgesetzt und jetzt ziehen die Follower nach.“ Das Unternehmen Bernhard Kube, CTO, Lufthansa Industry Solutions AS GmbH Lufthansa Industry Solutions ist ein IT-Dienstleister im Lufthansa-Konzern mit etwa 2800 Mitarbeitern und Niederlassungen in verschiedenen Ländern. Das Unternehmen erwirtschaftet circa 50 Prozent seines Umsatzes mit externen Kunden außerhalb des Konzerns und ist seit 2014 unter der technologischen Führung von CTO Bernhard Kube in allen Bereichen aktueller Digitaltechnologien aktiv, u. a. Data Analytics, AI, Hyperautomation, Data Platforms, Cloud und IoT. VDE VDI/VDE IT VDI/VDE Innovation + Technik automatisiert Antragsprüfung mit KI-basiertem Analysesystem Der Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik setzt auf künstliche Intelligenz, um Forschungsanträge effizienter zu prüfen. Das System verbessert die Bearbeitungsqualität und verkürzt die Time-to-Grant deutlich. Besonders die agile Entwicklung und der schrittweise Rollout erweisen sich als Erfolgsfaktoren. Das Ziel: Als Projektträger für Bundes- und Landesministerien verwaltet VDI/VDE Innovation + Technik Förderprogramme und prüft Forschungsanträge. Die Aufgabe ist komplex: „Die Förderfähigkeit eines Projektes hat formale Kriterien, die man prüfen kann. Dann gibt es aber auch inhaltliche Kriterien, wie innovativ ist das, wie realistisch ist das, was dort gemacht werden soll“, erläutert Dr. Matthias Palzkill, Head of Research and Development. Die manuelle Prüfung war zeitaufwendig. „Gerade im Thema Innovationsförderung ist Zeit ganz kritisch“, betont Palzkill. „Wenn man da jetzt beispielsweise ein Jahr darauf wartet, dann kann es sein, dass das Thema schon gar nicht mehr aktuell ist.“ Das Ziel war daher eine Beschleunigung der Antragsprüfung durch KI bei gleichzeitiger Erhöhung der Prüftiefe. Auch die Qualität der Bewertungen sollte verbessert werden. Der Plan: Das Unternehmen entwickelte ein KI-basiertes Antragsprüfsystem, das mehrere Technologien kombiniert. „Wir nutzen alles, was man mehr oder weniger umsonst oder zu vernünftigen Preisen kaufen kann, müssen es dann aber auch immer wieder anpassen, weil wir spezielle Use-Cases haben“, erklärt Palzkill. Als Basis dienen Open-Source-LLMs, die mit weiteren maschinellen Lernverfahren ergänzt werden. Ein zentrales Data Warehouse liefert Umfelddaten aus verschiedenen Bereichen wie Politik, Regulation, Gesetzgebung, News oder auch aus Forschungsdatenbanken. Diese Daten ermöglichen es dem System, Anträge in einen breiteren Kontext einzuordnen. Aufgrund der Vertraulichkeit der Antragsdaten läuft das System komplett On-Premise: „Wenn uns jetzt zum Beispiel ein großes Unternehmen erzählt, was sie eigentlich an innovativen Ideen haben, um dann in Zukunft einen Marktvorteil zu haben, dann können wir das nicht einfach irgendwo irgendwie verarbeiten“, betont Palzkill. Die Entwicklung erfolgte strikt agil mit einem motivierten Kernteam: „Bloß kein Projektplan, der über drei Jahre irgendwas kleinteilig schon vorgibt und dann erst im dritten Jahr irgendwann das erste Mal was zum Anfassen da ist.“ Stattdessen setzte man auf schnelle erste Ergebnisse und kontinuierliche Verbesserung: „Wir müssen bei so einem System tracken, wie Features genutzt werden.“ Das Ergebnis: Das System ist seit etwa einem Jahr im produktiven Einsatz und zeigt messbare Erfolge: „Wir sehen, dass die Bearbeitungszeit runter und die Qualität hoch geht“, berichtet Palzkill. Ein integrierter Chatbot reduziert zudem die Hotline-Anrufe: „Der Chatbot wird benutzt, gleichzeitig gehen die Hotline-Anrufe, die wir natürlich weiter anbieten, zurück.“ Der Rollout erfolgte schrittweise mit einem Train-the-Trainer-Ansatz. Lead User, die das System bereits in der Entwicklung nutzten, unterstützen ihre Kollegen bei der Einführung. „Diese Personen sind in der Lage, den Rollout ein Stück weit zu begleiten“, erklärt Palzkill. Dabei beobachtet er einen interessanten Effekt: „Wir sind bei allen Projekten immer wieder an dem Punkt angelangt, dass es Leute gibt, die am Anfang ein negatives Feedback geben. Das sind dann aber manchmal wirklich die gleichen Leute, die dann nach einer Weile ein positives Feedback geben, weil man sich irgendwie damit arrangiert hat.“ Key Learning: Für erfolgreiche KI-Projekte empfiehlt Palzkill einen ausbalancierten Ansatz aus drei Komponenten: Erstens eine realistische, aber nicht zu eng gefasste Vision, die Spielraum für agile Entwicklung lässt. Zweitens ein technisch kompetentes Team mit dem richtigen Mindset, unterstützt von der Führungsebene. Drittens eine moderate Mitarbeitereinbindung: „Man muss natürlich auch bottom-up gucken, was können wir vielleicht auch schon“, erklärt Palzkill, warnt aber: „Wenn jeder sagt, was er eigentlich braucht, dann gibt das leider kein stimmiges Gesamtbild.“ Bei der Priorisierung empfiehlt er, sich auf Verbesserungen mit dem größten Potenzial zu konzentrieren – auch wenn das bedeutet, dass manche „nervige“ Prozesse zunächst bestehen bleiben: „Was manchmal formuliert wird, sind besonders nervige Sachen, aber nicht unbedingt Sachen, die einen hohen Hebel haben.“ Das Unternehmen und die Beteiligten Die VDI/VDE Innovation + Technik GmbH ist ein Projektträger und Dienstleister für das Innovationsmanagement. Im Auftrag von Bundes- und Landesministerien organisiert das Unternehmen Förderprogramme und unterstützt bei deren Umsetzung, von der Auswahl der Projekte über die Mittelvergabe bis hin zur Erfolgskontrolle. Dr. Matthias Palzkill leitet als Head of Research and Development die interne Forschung und Entwicklung. Als Direktor des PT-Labs ist er zudem für die hausweite Innovation verantwortlich. Der promovierte Ingenieur bringt umfangreiche Erfahrung aus der Automatisierungstechnik mit, wo er unter anderem Robotersysteme entwickelt und in Betrieb genommen hat. Identifizierte Trends und Anwendungsmuster: Tools & Prozesse Die Analyse der Fallstudien offenbart klare Muster bei der erfolgreichen Implementierung von KI-Projekten in deutschen Unternehmen. Diese lassen sich in drei Kernbereiche gliedern: technologische Grundlagen, prozessuale Aspekte und übergreifende Erfolgsfaktoren. Technologie-Stack und Tools Die technologische Basis erfolgreicher KI-Implementierungen zeigt deutliche Gemeinsamkeiten. Large Language Models (LLMs) dominieren als Grundlagentechnologie, wobei die meisten Unternehmen auf eine Kombination verschiedener Modelle setzen. So nutzt etwa LEONINE Studios sowohl OpenAI als auch Anthropic Claude, während Lufthansa Industry Solutions zusätzlich auf Modelle von Google und Meta zurückgreift. Diese Multi-Modell-Strategie ermöglicht es, die jeweiligen Stärken unterschiedlicher LLMs optimal zu nutzen. Bei der technischen Implementierung zeigen sich zwei dominante Muster: Zum einen die Nutzung kontrollierter Cloud-Umgebungen, wobei Microsoft Azure dominiert. Diese Wahl wird oft mit Sicherheitsaspekten begründet, wie Roman Melcher von dm betont: „Die Azure-Cloud bietet die gleichen Sicherheitsstandards wie Microsoft 365.“ Die cloudbasierte Architektur ermöglicht zudem eine flexible Skalierung der Systeme. Zum anderen setzen Unternehmen mit besonders sensiblen Daten wie VDI/VDE-IT auf On-Premise-Lösungen, oft basierend auf Open-Source-LLMs, kombiniert mit speziellen maschinellen Lernverfahren. Ein weiteres wiederkehrendes Muster ist die Nutzung der RAG-Architektur (Retrieval Augmented Generation). Diese Architektur erlaubt es, firmeninternes Wissen mit KI-Modellen zu verbinden – ein entscheidender Vorteil für die praktische Nutzung. Bernhard Kube von Lufthansa Industry Solutions erklärt: „Wir haben eine generische Lösung entwickelt, die in der Lage ist, bereitgestellte Dokumente à la ChatGPT zu durchsuchen, aber eben nur diese Dokumente und nicht auf das Weltwissen zuzugreifen.“ Ergänzend dazu nutzen Unternehmen wie VDI/VDE-IT zentrale Data Warehouses, die Umfelddaten aus verschiedenen Bereichen wie Politik, Regulation oder Forschung bereitstellen und so die Kontextanalyse verbessern. Die Entwicklung eigener KI-Benutzeroberflächen wie LeoChat bei LEONINE oder dmGPT bei dm ermöglicht eine kontrollierte Integration in bestehende Systeme und eine nutzerzentrierte Gestaltung der Interaktion mit KI-Tools. Diese Interfaces werden kontinuierlich weiterentwickelt, basierend auf systematischem Feature-Tracking und Nutzerfeedback. Prozessmuster Bei der Einführung von KI-Systemen zeigen sich klare prozessuale Muster. Alle untersuchten Unternehmen wählten einen schrittweisen, iterativen Ansatz. Typischerweise beginnt die Implementierung mit Pilotprojekten in ausgewählten Abteilungen, bevor eine breitere Ausrollung erfolgt. Dieser Ansatz ermöglicht es, früh aus Erfahrungen zu lernen und Anpassungen vorzunehmen. Intensive Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter erweisen sich als elementarer Bestandteil erfolgreicher Einführungen. Max Wiedemann von LEONINE betont: „Unsere KI-Workshops und Trainings werden unfassbar gut angenommen. Unsere Mitarbeitenden sehen darin eine echte Chance, ihre Fähigkeiten zu erweitern.“ Ein weiteres durchgängiges Muster ist die Etablierung klarer Governance-Strukturen. Strikte Nutzungsrichtlinien und definierte Verantwortlichkeiten schaffen Sicherheit für alle Beteiligten. Das „Human-in-the-Loop“-Prinzip, bei dem die finale Kontrolle durch Menschen erfolgt, ist dabei Standard – besonders bei kundenrelevanten Outputs. Eine bemerkenswerte Beobachtung aus allen Fallstudien betrifft die Entwicklung der Mitarbeiterakzeptanz. Dr. Palzkill von VDI/VDE-IT beschreibt ein wiederkehrendes Muster: Anfängliche Skeptiker entwickeln sich häufig zu aktiven Unterstützern. „Wir sind bei allen Projekten immer wieder an dem Punkt angelangt, dass es Leute gibt, die am Anfang ein negatives Feedback geben. Das sind dann aber manchmal wirklich die gleichen Leute, die dann nach einer Weile ein positives Feedback geben.“ Diese Erfahrung unterstreicht die Bedeutung von Geduld und kontinuierlicher Unterstützung im Implementierungsprozess. Best Practices Best Practices KI-Implementation Aus den Fallstudien lassen sich konkrete Best Practices für die KI-Implementation ableiten: Pilotierung & Skalierung Start mit kleinen, klar definierten Projekten Systematische Evaluation der Ergebnisse Schrittweise Ausweitung auf weitere Bereiche Technische Implementation Nutzung etablierter Cloud-Infrastrukturen (bei schnellem Einstieg in KI-Projekte) Integration mehrerer KI-Modelle für verschiedene Anwendungsfälle Entwicklung/Nutzung eigener Interfaces für kontrollierte Nutzung Regelmäßige Evaluation der Modellqualität Change Management Frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter, aber moderater Umfang Transparente Kommunikation der Ziele Umfassende Schulungsangebote Etablierung von KI-Botschaftern in den Fachabteilungen Governance & Compliance Klare KI-Richtlinien Definierte Verantwortlichkeiten Regelmäßige Compliance-Checks Team & Kompetenzen Ein technisch versiertes Kernteam mit agilem Mindset Aktive Unterstützung durch die Führungsebene Balance zwischen klarer Vision und agiler Entwicklung Use Cases Use Cases KI-Barometer Q1 2025 Die Fallstudien zeigen eine breite Palette erfolgreicher Anwendungsfälle: Dokumentenverarbeitung & Analyse: Automatische Analyse von 8D-Reports in der Qualitätssicherung (Wilo) KI-gestützte Drehbuchanalyse und Stoffentwicklung (LEONINE) Generierung von Feedback für Zulieferer in verschiedenen Sprachen (Wilo) Kundeninteraktion: „Beauty-Berater“ in der dm-App für virtuelle Kosmetik-Tests (dm) Übersetzungen zwischen den 14 dm-Ländern (dm) Content & Marketing: Generierung von Marketing- und Social-Media-Texten (dm) Konzeptionen und Zusammenfassungen (dm) Filialmanagement: KI-gestützte Produktaufbau-Vorschläge für spezifische Filialen (dm) Saisonale Produktempfehlungen (dm) Technischer Support: KI-gestützte Analyse von Gerätedefekten mittels Fotoupload (dm) Automatisierte Lösungsvorschläge für technische Probleme (dm) Automation: Komplexe Prozessketten mit KI-Unterstützung (Lufthansa) Automatisierung von Kundenanfragen, Preisanfragen, Angebotserstellung und Beschwerdemanagement (Lufthansa) Forschung & Innovation: Automatisierte Bewertung von Forschungsanträgen mit KI-gestützter Analyse formaler und inhaltlicher Kriterien (VDI/VDE-IT) Integration von Umfelddaten aus Politik, Regulation und Forschung für fundierte Kontextanalysen (VDI/VDE-IT) KI-gestützte Bewertung von Innovationspotenzialen und Marktchancen (VDI/VDE-IT) Chatbot-basierte Unterstützung für Antragsteller mit reduziertem Hotline-Aufkommen (VDI/VDE-IT) Erfolgsfaktoren Aus den Fallstudien lassen sich fünf übergreifende Erfolgsfaktoren ableiten: 1. Strategische Verankerung: Erfolgreiche KI-Projekte werden von der Geschäftsführung getragen und sind in die Unternehmensstrategie eingebettet. 2. Ausbalancierte Innovation: Die Initiative kommt oft aus den Fachabteilungen, erfordert jedoch eine kluge Balance zwischen Bottom-up-Input und stringenter Führung. 3. Prozessanpassung: Bestehende Prozesse werden für die KI-Nutzung optimiert, wobei der Fokus auf Verbesserungen mit der größten Hebelwirkung liegt. 4. Change Management: Intensive Kommunikation und Schulung begleiten die Einführung und bauen Vertrauen auf, unterstützt durch Train-the-Trainer-Konzepte. 5. Sicherheit & Compliance: Datenschutz und rechtliche Anforderungen werden von Beginn an berücksichtigt, bei sensiblen Daten auch durch On-Premise-Lösungen. 6. Agile Entwicklung: Schnelle erste Ergebnisse und kontinuierliche Verbesserung ersetzen starre Langzeitplanung, unterstützt durch systematisches Feature-Tracking. Diese identifizierten Muster können als Orientierung für andere Unternehmen dienen, die KI-Projekte planen. Dabei zeigt sich, dass der Erfolg weniger von der gewählten Technologie abhängt, sondern vielmehr von der systematischen Herangehensweise und der sorgfältigen Berücksichtigung organisatorischer und menschlicher Faktoren. Fazit: Die KI-Transformation nimmt Fahrt auf – erste Schritte mit Potenzial Das KI-Barometer 01/2025 zeichnet ein differenziertes Bild der KI-Adoption in deutschen Unternehmen: Während Studien wie der Cisco-KI‑Readiness-Index noch Nachholbedarf bei der systematischen KI-Integration zeigen – nur 6 Prozent der deutschen Unternehmen gelten als „KI-ready“ – demonstrieren die analysierten Fallbeispiele von Wilo, LEONINE, dmTECH, Lufthansa und VDI/VDE-IT, wie erfolgreiche KI-Implementation gelingen kann. Die Unternehmen setzen dabei auf eine Kombination aus technologischer Expertise, sorgfältiger Prozessgestaltung und aktivem Change Management. Besonders die Bedeutung klarer Governance-Strukturen, kontinuierlicher Mitarbeiterschulung und schrittweiser Implementation kristallisiert sich als Erfolgsfaktor heraus. Die Analyse der fünf Fallbeispiele zeigt: Deutsche Unternehmen beginnen systematisch mit der Integration von KI-Technologien in ihre Geschäftsprozesse. Dabei kristallisieren sich drei zentrale Beobachtungen heraus: 1. Pragmatischer Einstieg: Die Mehrheit der Unternehmen setzt zunächst auf niedrigschwellige generative KI-Lösungen, vorwiegend auf API-basierte Dienste etablierter Anbieter wie OpenAI oder Anthropic. Diese werden durch eigene Benutzeroberflächen und Middleware an spezifische Geschäftsanforderungen angepasst. 2. Breites Anwendungsspektrum: Selbst mit vergleichsweise einfachen Chat-Lösungen realisieren die Unternehmen bereits eine bemerkenswerte Vielfalt an Anwendungsfällen – von der automatisierten Qualitätssicherung bei Wilo bis zur KI-gestützten Drehbuchanalyse bei LEONINE. 3. Systematischer Wandel: Während technologische Pioniere bereits an komplexeren Implementierungen arbeiten, beginnen aufgeschlossene Unternehmen gerade erst ihre KI-Transformation. Diese schrittweise Adoption folgt einem natürlichen Entwicklungspfad. Die identifizierten Erfolgsmuster – von der strategischen Verankerung über prozessuale Sorgfalt bis zum Change Management – bieten wichtige Orientierung für nachfolgende Implementierungen. Dabei wird deutlich: Das kreative und produktive Potenzial von generativer KI ist selbst in dieser frühen Adoptionsphase bereits beachtlich. Für die kommenden KI-Barometer-Ausgaben bleiben spannende Fragen: Wie entwickeln sich die Anwendungsfälle weiter? Welche Modelle setzen sich durch? Und steigt die Bereitschaft deutscher Unternehmen zu einer systematischen KI-Integration? Die Dynamik der aktuellen Entwicklung verspricht aufschlussreiche Erkenntnisse. Wir laden Sie, liebe Leserinnen und Leser, ganz herzlich dazu ein, Teil der nächsten KI-Barometer-Studie zu werden – mit ihren heutigen Anwendungsfällen oder jenen, die Sie nach Lesen der Studie vielleicht haben.

KI-Barometer Q1 2025 - Generative KI im Einsatz: Fallbeispiele aus deutschen Unternehmen

Executive Summary

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