KI und Gesellschaft

Daniel Kahneman: "KI wird klar gewinnen. Es ist nicht mal knapp."

Matthias Bastian
Daniel Kahneman sitzt auf einer Couch und lächelt.

Bekannt wurde der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman mit seiner Forschung über Stärken und Schwächen der menschlichen Urteilsfindung. Im Kontext seines neuen Buchs "Noise" spricht Kahneman auch über maschinelle Entscheidungen und ihre möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen.

In "Noise" (dt. Rauschen) schreibt Kahneman über zufällige Faktoren, die menschliche Entscheidungen beeinflussen und stören können. Diese oft negativen Einflüsse sind der titelgebende Lärm - ein Grundrauschen, das zu Störungen in Organisationen oder Systemen führt, die eigentlich zu einheitlichen Entscheidungen kommen sollten. Der Psychologe untersuchte beispielsweise, wie die Verurteilungen ähnlicher Verbrechen durch äußere Einflüsse wie das Wetter oder Fußballergebnisse beeinflusst werden können.

In einem Interview mit The Guardian äußert sich Kahneman auch über das Verhältnis zwischen dem Vertrauen von Menschen in menschliche und maschinelle Entscheidungen: Menschen seien grundsätzlich eher dazu bereit, menschlichen statt maschinellen, abstrakten Systemen zu vertrauen.

Kahneman verdeutlicht diese These am Beispiel des autonomen Fahrens: "Viel mehr Sicherheit als Menschen zu bieten, wird nicht ausreichen. Der Faktor, um den sie [die Maschinen] sicherer sein müssen als Menschen, ist wirklich sehr hoch."

Maschine statt Mensch: Die Konsequenz von KI-Entscheidungen

Trotz des natürlichen Vertrauensvorsprungs geht Kahneman davon aus, dass sich Menschen zunehmend auf die Entscheidungen Künstlicher Intelligenz verlassen werden - diese Entwicklung sei bereits im Gange und habe "massive Konsequenzen".

"Einige medizinische Fachgebiete sind eindeutig in Gefahr, ersetzt zu werden, jedenfalls bei der Diagnose. Und es gibt ziemlich beängstigende Szenarien, wenn man über Führungsaufgaben spricht. Wenn erst einmal bewiesen ist, dass eine KI ein viel besseres unternehmerisches Urteilsvermögen hat, was bedeutet das für menschliche Führungskräfte?", sagt Kahneman.

Der Psychologe hält es für "sehr wahrscheinlich", dass die KI-Revolution zu einer "massiven Disruption" führt, da sich die Technologie exponentiell entwickle, während das menschliche Wesen auf lineares Denken fixiert sei.

"Wenn lineare Menschen mit exponentiellen Veränderungen konfrontiert sind, werden sie sich nicht so leicht anpassen können. Es ist offensichtlich, dass etwas auf uns zukommt... und eindeutig wird die KI [gegen menschliche Intelligenz] gewinnen. Es ist nicht einmal knapp", sagt Kahneman.

Kahneman bezeichnet die vermutete notwendige Verhaltensanpassung von Menschen an das KI-Zeitalter als "faszinierendes Problem" - für seine Kinder und Enkelkinder.

Titelbild: Eirik Solheim bei Flickr, lizenziert nach CC BY-SA 2.0

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