Mit einem neuen Amazon-Service kümmert sich Alexa künftig um Familienmitglieder. Wie sieht es aus, wenn eine Sprach-KI auf die Großeltern aufpasst?
Amazon will seine smarte Assistentin Alexa immer weiter in den Alltag der Menschen integrieren. Alexa ist mittlerweile so gut wie überall zu finden, sei es auf dem Smartphone, im Auto oder in den Bügeln einer Datenbrille.
Dazu sollen Befehlsketten immer mehr einem natürlichen Gespräch gleichen: Ihre Stimme wird sich weiter der Dynamik einer Menschlichen anpassen und auf Wunsch nimmt Alexa künftig selbstständig an Unterhaltungen teil. Der neue KI-Chip AZ1 machts möglich.
Mit einem neuen Service bietet Amazon jetzt die Möglichkeit, Alexa als Bindeglied zwischen räumlich entfernt lebenden Familienmitgliedern zu integrieren.
„Alexa, ruf Hilfe“ – das kann die Familienüberwachung
Amazon beschreibt den kostenlosen Service „Care Hub“ als neue Möglichkeit, sich aus der Ferne um seine Eltern und Liebsten zu kümmern. Ein Video auf der US-Webseite des Online-Händlers stellt das System am Beispiel einer älteren Dame und ihrem Sohn vor.
Der bekommt jedes Mal eine Meldung auf seine Alexa-App, sobald die Mutter mit ihrem Echo interagiert. Egal, ob sie ihre Morgen-Routine auf dem Echo Show startet oder Alexa sie über das Smartphone an ihre Pillen erinnert, der Sohn wird umgehend informiert.
Nehmen die im Haus installierten Echo-Geräte über mehrere Stunden keine Aktivität wahr, erscheint eine entsprechende Warnung in der App des Sohnes. Zusätzlich zur Meldung ploppen die Optionen für einen Anruf oder Drop-in auf seinem Smartphone auf, damit er sofort Kontakt aufnehmen kann.
Fragt die Mutter in Gegenwart von Alexa aktiv nach Hilfe („Alexa, ruf Hilfe!“), schickt die Sprachassistentin automatische eine spezielle Notfall-Benachrichtigung an die App und ruft gleichzeitig den vorher eingetragenen Notfall-Kontakt an. Alle Benachrichtigungsoptionen können relativ frei definiert werden. Relativ deshalb, weil es eine wichtige Einschränkung gibt.
Alexa und Care Hub: Das perfekte Spionage-Tool?
In dem Beispiel mit der älteren Dame und dem fürsorglichen Sohn wirkt das Care Hub durchaus sinnvoll. Gerade in Zeiten einer Pandemie ist es nicht immer einfach, schnell nach dem Rechten zu sehen oder potenzielle Risikopatienten zu Hause zu besuchen.
Aber kann das Care Hub nicht auch dazu benutzt werden, sämtliche Alexa-Aktivitäten einer Person auszuspionieren - beispielsweise die der rebellischen Teenager-Tochter? Ja und nein. Auf dem Activity-Feed werden zwar sämtliche Interaktionen aufgelistet. Alexa zeigt dem „Aufpasser“ aber nur eine übergeordnete Kategorie an.
Der weiß also nicht, ob Alexa jemanden an die Einnahme von Medizin erinnert oder an das anstehende Virtual-Reality-Date mit dem neuen Freund. Es wird nur gemeldet, dass Alexa eine Erinnerung abgegeben hat – mehr nicht.
Gleiches gilt für das Abspielen von Musik oder Filmen. Diese Aktivitäten werden unter dem Dachbegriff „Entertainment“ aufgeführt. Amazon will dadurch die Unabhängigkeit der Person wahren, die Hilfe benötigt.
Care Hub: Wie sieht es mit Datenschutz aus?
Bereits bei der Vorstellung der neuen Echo-Serie im September stellte Amazon seine neuen Datenschutz-Optionen für Alexa vor. Diese greifen auch bei Care Hub. Die überwachte Person muss grundsätzlich sämtlichen Vorgängen zustimmen und kann ihre aufgezeichneten Aktivitäten jederzeit löschen.
Das geht zum einen über das Alexa-Datenschutz-Portal auf der Amazon-Webseite. Dort kann jeder Alexa-Nutzer seine aufgezeichneten Unterhaltungen mit der Sprachassistentin anhören und einzeln löschen. Laut Amazon genügt für das Löschen der Aufnahmen eines Tages auch ein einfaches „Alexa lösche, was ich heute gesagt habe“. Noch ist es aber nicht soweit.
Ob Amazons Optionen für Privatsphäre und Datenschutz Deutsche Behörden überzeugen würden, einen derartigen Überwachungsservice freizugeben, bleibt abzuwarten. Derzeit ist Care Hub nur in den USA verfügbar.
Titelbild & Quelle: Amazon