Damit eine KI lernen kann, muss sie mit einer Unmenge Daten gefüttert werden. Die wiederum müssen von Menschen aufbereitet werden, damit die Maschine sie versteht. In China schießen derzeit Startups aus dem Boden, die sich allein dieser Tätigkeit widmen. Die Kombination aus überreichlich vorhandenen Daten und billigen Arbeitskräften könnte im globalen KI-Wettrüsten zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil Chinas werden.
Die chinesische Regierung investiert massiv in KI-Technologie. Das Ziel: Bis 2030 die weltweite KI-Führung übernehmen. Jüngste Zahlen zeigen, dass das Land auf einem guten Weg ist: 2017 machten chinesische Unternehmen bereits einen Drittel des Computer-Vision-Marktes aus und überholten damit die USA. In der KI-Forschung ist China ebenfalls stark und wird in wissenschaftlichen Publikationen mittlerweile am häufigsten zitiert.
Der größte Vorteil Chinas könnte jedoch ein anderer sein: Das Land verfügt wegen des schwachen Datenschutzes und allgegenwärtiger Überwachung über weitaus mehr verwertbare Daten und hat damit bessere Grundlagen für das Training Künstlicher Intelligenz.
Fabriken für KI-Etikettierung
Für die Aufbereitung dieser Daten stehen China mehr als genug billige Arbeitskräfte zur Verfügung. So könnte das Land auch beim "KI-Tagging" führend werden: Damit ist das händische Kennzeichnen und Aufbereiten von Daten für das KI-Training gemeint. Es hilft Maschinen, Daten zu verstehen und zu verarbeiten - und dadurch klüger zu werden.
In Provinzen mit Niedriglöhnen und günstigem Büroraum entstehen derzeit erste Tagging-Fabriken. Eine davon ist Ruijin Technology, in der 300 Angestellte täglich tausende Bilder und Videos etikettieren, zum Beispiel Verkehrsbilder für das KI-Training autonomer Fahrzeuge.
Sie markieren Ampeln, Verkehrsschilder, Fahrzeuge und Fußgänger, sodass künstliche neuronale Netze zwischen diesen Objekten zu unterscheiden lernen. Das Geschäft läuft gut: Im nächsten Jahr will das Unternehmen auf 1.000 Angestellte aufstocken.
Daten als Grundlage für KI-Führerschaft
Viele der Angestellten arbeiteten früher in der Warenherstellung am Fließband oder auf Baustellen. Für sie hat diese Arbeit eine Reihe von Vorteilen: Das Gehalt ist überdurchschnittlich, weniger monoton und sie müssen nicht in weit entfernte Städte ziehen.
"Wir sind die Bauarbeiter der digitalen Welt. Wir legen einen Ziegelstein nach dem anderen", sagt Yi Yake, der Gründer von Ruijin Technology gegenüber der New York Times. "Wir spielen eine wichtige Rolle in der KI-Entwicklung. Ohne uns können sie keine Wolkenkratzer bauen."
Ein bekannter chinesischer Investor bezeichnete Chinas Datenüberfluss als den entscheidenden Faktor für dessen globale KI-Führerschaft. China sei das Saudi-Arabien der Daten und Unternehmen, die Daten aufbereiten, wie Raffinerien, die Rohdaten in den Treibstoff verwandeln, der Chinas KI-Ambitionen antreibt.
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