Fotokameras erschaffen Abbilder der Realität. Die Sofortbildkamera des australischen Ingenieurs und Künstlers Dan Macnish hat einen anderen Zweck: Sie zeigt, wie ein künstliches neuronales Netz die Welt interpretiert.
Die selbst gebastelte Kamera besteht aus nichts weiter als einem Raspberry-Pi-Computer samt Kameramodul, einem Thermodrucker und etwas Karton. Softwareseitig nutzt das Gerät ein auf Objekterkennung trainiertes künstliches neuronales Netz in Kombination mit Googles Quick-Draw-Datenbank.
Quick, Draw ist ein KI-Ratespiel, das an Montagsmaler erinnert: Spieler müssen einen Gegenstand zeichnen, der anschließend von einer Google-KI erraten wird. Die lernt von den Kritzeleien, sodass sich die Objekterkennung stetig verbessert.
Ein Nebeneffekt dieses Lernprozesses: Das künstliche neuronale Netz kann den umgekehrten Weg gehen und eigenständig Zeichnungen von Objekten, zum Beispiel einer Katze, anfertigen.
Eine KI-Interpretation der Welt
Drückt man den Auslöser von Macnishs Sofortbildkamera, versucht die KI zuerst, die Objekte im Bild zu identifizieren und zeichnet sie anschließend auf Basis ihres abstrakten Quick-Draw-Objektwissens. Das Ergebnis dieses Vorgangs wird auf der Rückseite der Kamera auf einem Stück Papier ausgedruckt.
Auf einen Sucher hat der Künstler Macnish bewusst verzichtet. "Einer der spannendsten Aspekte dieser Pseudo-Polaroidkamera ist, dass man das Originalbild niemals zu sehen bekommt. Man richtet die Kamera auf etwas, schießt ein Foto und heraus kommt eine Kritzelei als die beste Interpretation dessen, was die Kamera sah. Das Resultat ist immer eine Überraschung", schreibt Mcnish auf seiner Internetseite.
Wer die Kamera nachbauen will, findet auf Github eine Anleitung sowie den Quellcode.