KI-Barometer Q3 2025 - Generative KI im Einsatz: Fallbeispiele aus deutschen Unternehmen

Wo stehen wir heute beim Thema generative KI in Deutschland? Zwischen Aufbruch und Konsolidierung Diese Studie gibt einen Überblick über echte Fallbeispiele in deutschen Unternehmen und vermittelt praktische Einblicke in den Einsatz generativer KI. Das KI-Barometer gliedert sich in zwei Teile: Der erste Teil analysiert quantitative Erhebungen und zeichnet die Entwicklung der professionellen KI-Nutzung in Deutschland und im internationalen Vergleich nach. Der zweite, qualitative Teil dokumentiert anhand konkreter Fallstudien, welche Anwendungsszenarien sich in der Praxis bewähren, welche Hürden Unternehmen überwinden und welche Lösungen sie finden. Die Ergebnisse des letzten KI-Barometers zeigten einen klaren Trend für 2024: Unternehmen gingen von ersten Pilotprojekten zu einer systematischen, strategischen Planung über. Einige KI-Strategien der letzten Jahre trugen erste Früchte in Form von systematischen Angeboten an Mitarbeitende mit Chatbots oder internen RAG-Systemen (siehe das Fallbeispiel „dmTech“ im letzten KI-Barometer). Pilotprojekte liefen aus und fanden den Übergang in großflächige Rollouts (siehe das Fallbeispiel „Leonine“ im letzten KI-Barometer). Der erste Teil dieses Barometers gibt einen Überblick über die quantitativen Daten zur KI-Nutzung. Die Analyse stützt sich dabei, wie schon im vorherigen Bericht, auch auf internationale Studien. Die deutsche KI-Landschaft: Wachstum mit Vorbehalten Deutsche Studien zeichnen ein gespaltenes Bild: Künstliche Intelligenz ist im Alltag angekommen, doch das Vertrauen fehlt. Laut einer Bitkom-Studie nutzen inzwischen zwei Drittel (67 Prozent) der Deutschen generative KI – ein deutlicher Anstieg von 40 Prozent im Sommer 2024. Gleichzeitig zeigt eine KPMG-Studie, dass nur 32 Prozent der Technologie vertrauen. [caption id="attachment_46411" align="alignleft" width="1385"] KI-Einsatzgebiete, Biktom[/caption] Drei US-Anbieter teilen ihn unter sich auf: ChatGPT nutzen 43 Prozent, Microsoft Copilot 39 Prozent und Google Gemini 28 Prozent. Andere Dienste wie DeepSeek oder Claude erreichen jeweils nur 2 Prozent. Die Sorge vor Abhängigkeit ist weit verbreitet. 68 Prozent der Deutschen sehen eine zu starke Abhängigkeit von den USA und China, während 60 Prozent mehr Unabhängigkeit von US-Anbietern fordern. Das Interesse an heimischen Alternativen ist groß: 69 Prozent würden einen deutschen KI-Anbieter nutzen, wäre einer verfügbar (Bitkom, 2025). Berufswelt im Wandel: Assistenz statt Revolution Am Arbeitsplatz zeigt sich ein pragmatisches, aber zögerliches Bild. 56 Prozent der Erwerbstätigen wünschen sich KI-Unterstützung, 43 Prozent lehnen sie ab. Die Nutzung im Job hat sich trotzdem binnen eines Jahres verdoppelt: 45 Prozent setzen KI mit Wissen des Arbeitgebers ein (22 Prozent im Vorjahr). Bemerkenswert ist die wachsende Schatten-IT, denn 10 Prozent der Beschäftigten verwenden KI-Werkzeuge ohne offizielle Erlaubnis (Bitkom, 2025). [caption id="attachment_46412" align="alignleft" width="1385"] KI-Nutzung in Deutschland Q3 2025, Bitkom & KPMG[/caption] KI wird primär als Assistent für Routineaufgaben gesehen. Die größten Vorteile sind Zeitersparnis (59 Prozent) und die Schaffung von Freiräumen für wichtigere Aufgaben (56 Prozent). Die Wahrnehmung von KI als Experte ist verhalten; nur 23 Prozent sehen einen Nutzen bei der Wissensvermittlung und 13 Prozent bei der Kreativitätsförderung (Bitkom, 2025). [caption id="attachment_46413" align="alignleft" width="1385"] Einsatzbereiche von KI, Artificial Analysis[/caption] 66 Prozent sorgen sich um den Verbleib ihrer Daten, 64 Prozent vermissen den menschlichen Kontakt und 57 Prozent fragen sich, wer für Fehler haftet (Bitkom, 2025). Diese Sorgen sind begründet: Weniger als die Hälfte der Unternehmen (46 Prozent) hat laut KPMG bislang Richtlinien für den KI-Einsatz erstellt (KPMG, 2025). Internationale Trends: Produktion und Diversifikation International bestätigen sich die Trends aus Deutschland: Eine Umfrage von Artificial Analysis unter über 1.000 Unternehmen ergab, dass 45 Prozent KI bereits in der Produktion (23 Prozent sind in der Pilotierung, 27 Prozent in der Phase Entdeckung und 5 Prozent haben noch nicht begonnen, mit KI zu arbeiten) einsetzen. Dies ist ein klares Signal, dass die Technologie das experimentelle Stadium verlässt. Weitere 27 Prozent experimentieren noch, 23 Prozent befinden sich in der Pilotphase (Artificial Analysis, 2025). Unternehmen diversifizieren ihre KI-Nutzung: Im Durchschnitt verwenden oder prüfen sie 4,7 verschiedene Sprachmodelle – ein deutlicher Anstieg von 2,8 im Vorjahr. Dieser Trend zur Multi-Modell-Strategie deutet auf eine zunehmende Spezialisierung hin, bei der für jede Aufgabe das passende Werkzeug gewählt wird – eine Strategie, die wir mit der KI-Workflowplattform heise I/O ebenfalls verfolgen. Die führenden Anwendungsfelder sind Engineering und R&D (66 Prozent), gefolgt von Kundensupport und Vertrieb (Artificial Analysis, 2025). Der Markt der Modelle ist in Bewegung. Während OpenAI seine Führungsposition hält, hat Google Gemini mit einem Zuwachs von 49 Prozent bei der Nutzung stark aufgeholt. Auch das chinesische Modell DeepSeek etabliert sich als ernst zu nehmende Open-Source-Alternative und verzeichnet ein Wachstum von 53 Prozent. Bemerkenswert ist die Offenheit für chinesische Modelle: 55 Prozent der Unternehmen würden sie nutzen, sofern sie außerhalb Chinas gehostet werden (Artificial Analysis, 2025). [caption id="attachment_46414" align="alignleft" width="1385"] GenAI-Modellfamiliennutzung in Deutschland[/caption] Bei der Nutzung von Modellen via API (meist die vorgezogene Variante für Unternehmen) zeigt sich ein differenziertes Bild: Hier kann sich Anthropic große Marktanteile sichern, was sich auch in anderen Studien bestätigen lässt. [caption id="attachment_46415" align="alignleft" width="1387"] Inferenz-Provider-API Martkanteile Q3 2025[/caption] [caption id="attachment_46412" align="alignleft" width="1385"] KI-Nutzung in Deutschland Q3 2025[/caption] Technologische Durchbrüche: Video und Programmierung im Fokus Zwei Bereiche machten besondere Fortschritte: KI-Video und Werkzeuge für Programmierer. Laut dem Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz (a16z) hat KI-Video in den vergangenen sechs Monaten den Sprung von experimentell zu verlässlich geschafft. Neue Anbieter wie Hailuo, Kling AI und Sora dominieren den Markt, während Modelle wie Veo 3 von Google auf sozialen Netzwerken beliebter werden. Im Bereich der Softwareentwicklung entstehen zwei neue Werkzeugkategorien: Agentische Entwicklungsumgebungen (IDEs) wie Cursor agieren als Co-Piloten für professionelle Entwickler. Parallel dazu ermöglichen Text-zu-Web-App-Plattformen auch technisch weniger versierten Nutzern, funktionsfähige Anwendungen per Texteingabe zu erstellen. [caption id="attachment_46416" align="alignleft" width="2000"] A16Z, 2025[/caption] Deutschlands Position: Zwischen Ambition und Realität Im direkten Vergleich offenbart sich Deutschlands Nachholbedarf. Während das vorherige KI-Barometer bereits auf fehlendes Wissen als zentrale Hürde hinwies (siehe letztes KI-Barometer/DESTATIS), bestätigt die neue KPMG-Studie diesen Befund im internationalen Kontext. Bei der KI-Kompetenz („AI-Literacy“) landet Deutschland auf dem vorletzten Platz von 47 untersuchten Ländern. Nur 20 Prozent der Deutschen haben eine KI-Schulung absolviert – weltweit liegt der Wert bei 39 Prozent. Besorgniserregend ist, dass 43 Prozent der deutschen Nutzer zugeben, KI-Ergebnisse nicht zu hinterfragen (KPMG, 2025). Die Zahlen werden in verschiedenen Studien leicht unterschiedlich beschrieben, deuten aber in dieselbe Richtung. Eine aktuelle Microsoft-Studie deckt beunruhigende Trends bei der Nutzung von KI-Tools auf. Forscher der Carnegie Mellon University und von Microsoft Research befragten 319 Wissensarbeiter zu ihren Erfahrungen mit generativer KI. Die Ergebnisse zeigen: Übermäßiges Vertrauen in KI kann das kritische Denken schwächen. Die Forscher warnen vor einem Paradox: Indem KI-Tools Routineaufgaben übernehmen, entziehen sie Menschen die Chance, ihr Urteilsvermögen zu trainieren. Diese „kognitive Entlastung“ schwächt die eigenen Fähigkeiten – die „kognitive Muskulatur“ verkümmert. Als wichtiger Schutzfaktor erwies sich in einer Schweizer Studie ein höheres Bildungsniveau. Menschen mit besserer Bildung hinterfragten KI-generierte Informationen häufiger und zeigten trotz KI-Nutzung bessere Fähigkeiten im kritischen Denken. [caption id="attachment_46417" align="alignleft" width="1385"] KPMG 2025[/caption] Die globalen Haupthürden für die KI-Einführung – fehlendes Wissen (55 Prozent), mangelnde Verlässlichkeit (50 Prozent) und Kosten (50 Prozent) (Artificial Analysis, 2025) – decken sich mit den in Deutschland geäußerten Sorgen. Die Diskrepanz zwischen der rasanten privaten Annahme und der zögerlichen, unstrukturierten Integration im beruflichen Umfeld ist die zentrale Herausforderung für den Standort. Die Zahlen zeigen: KI ist in Deutschland noch nicht vollkommen angekommen, da die Technologie noch nicht strategisch und praktisch verankert ist. Die Umsetzung bleibt fragmentiert. Dennoch gibt es Fortschritte und ein stark zunehmendes Interesse an KI. Die folgenden Fallstudien geben konkrete Beispiele, wie die hier skizzierten Herausforderungen – von der Schaffung von Vertrauen über die Schulung von Mitarbeitern bis zur Etablierung sicherer Prozesse – in der Praxis von Unternehmen gemeistert werden. Fallbeispiele aus deutschen Unternehmen Phoenix Contact steuert KI-Einsatz mit zentraler Richtlinie und eigenen Entwicklungen [caption id="attachment_46418" align="alignleft" width="1420"] Phoenix Contact[/caption] Der Elektrotechnik-Spezialist Phoenix Contact hat nach einem anfänglichen Verbot einen kontrollierten Rahmen für den KI-Einsatz geschaffen. Das Unternehmen setzt auf eine zentrale Richtlinie, eigene technische Entwicklungen wie den Chatbot „Pia“ auf Basis von Retrieval-Augmented Generation (RAG), gezielte Schulungen und Ideation-Workshops, um Mitarbeitende zu befähigen und neue Anwendungsfälle direkt aus den Fachabteilungen zu generieren. Was war das Ziel? Anfang 2023 reagierte Phoenix Contact auf die schnelle Entwicklung generativer KI-Modelle mit einem unternehmensweiten Verbot für deren Einsatz, um technische, rechtliche und betriebliche Risiken zu minimieren. Das Ziel des nachfolgenden Projekts war, dieses Verbot aufzuheben und KI auf eine kontrollierte, sichere und vertrauenswürdige Weise nutzbar zu machen. Im Mittelpunkt stand nicht die Einführung eines einzelnen Werkzeugs, sondern die Schaffung eines umfassenden und weltweit gültigen Rahmens. Dieser Rahmen sollte den Einsatz von KI regeln, die Mitarbeitenden zum Umgang mit der Technologie befähigen und sicherstellen, dass alle Aktivitäten menschenzentriert und transparent ablaufen. Weiterhin liegt der Fokus darauf, die strategischen und substanziellen Use Cases zu identifizieren und anschließend umzusetzen, um die Effizienz in den Prozessen sowie an der digitalen Kundenschnittstelle zu erhöhen. Was wurde unternommen? Ein Projektteam unter der Leitung der Abteilung Digital Innovations entwickelte eine interne KI-Richtlinie. Diese legt den Grundsatz fest, dass jeglicher Einsatz von KI verboten ist, solange er nicht explizit erlaubt wurde. Die Richtlinie erarbeiteten Fachleute aus der IT, dem Corporate HR, den Fachabteilungen gemeinsam mit dem Betriebsrat. Sie wurde unternehmensweit verankert. Parallel dazu sperrte die IT den Zugriff auf nicht freigegebene KI-Anwendungen und deren Domains. Als erstes Werkzeug gab das Unternehmen Microsoft Copilot frei. Darüber hinaus entwickelte Phoenix Contact einen eigenen Chatbot namens „Pia“ (Phoenix Intelligent Assist). Pia ist über das Intranet erreichbar und wurde intern entwickelt, um unternehmensspezifisches Wissen sicher bereitzustellen. Technisch basiert Pia auf dem Prinzip der Retrieval-Augmented Generation (RAG). Dabei greift das System auf eine Vektordatenbank zu, die mit internen Dokumenten und Informationen angereichert wurde, um präzise Antworten auf unternehmensbezogene Fragen zu geben. Die Entwicklung von Pia und anderen KI-Anwendungen erfolgt über eine interne Pipeline, die Sicherheits- und Berechtigungsprüfungen automatisiert. Als primäre Programmiersprache wird Python genutzt. Ein zentraler Baustein der Initiative ist die Mitarbeiterbefähigung. Interne Experten entwickeln und leiten Schulungen, darunter eine jährliche Grundlagen-Schulung für alle Mitarbeitenden sowie dedizierte Trainings für spezielle Anwendergruppen, etwa zum Thema Prompting oder zur Entwicklung von Machine-Learning-Anwendungen. In sogenannten Ideation-Workshops geht das Unternehmen aktiv auf Fachabteilungen zu, um gemeinsam deren Prozesse zu analysieren und Potenziale für KI-Anwendungen zu identifizieren. Auch für den Einsatz von KI in der Softwareentwicklung gibt es eine dedizierte Handlungsanweisung. Entwickler dürfen KI-gestützte Programmierhilfen nur nutzen, wenn sie eine nachgewiesene Qualifikation in der Softwareentwicklung besitzen. Ansätze wie das „Vibe Coding“, bei dem Laien per Spracheingabe Programmcode erzeugen, lehnt das Unternehmen aufgrund der hohen Sicherheitsrisiken ab. Was war das Ergebnis? Die Einführung der KI-Richtlinie und der ersten Werkzeuge fand bei den Mitarbeitenden hohe Akzeptanz. Der transparente Prozess und die frühzeitige Einbindung des Betriebsrats schufen Vertrauen und nahmen Ängste. Die Strategie, die Mitarbeitenden zu befähigen, zeigte einen deutlichen Effekt: Die Fachabteilungen entwickeln inzwischen eigene Ideen für KI-Anwendungsfälle und bringen sie zur Prüfung und Freigabe bei der zentralen KI-Governance-Stelle ein. So entsteht ein Zug-Effekt (Pull-Effekt; nachfragegetrieben) aus dem Geschäft heraus. Jeder Anwendungsfall wird vor der Einführung auf seinen geschäftlichen Mehrwert geprüft. Auf eine Überwachung der individuellen Nutzung wird jedoch bewusst verzichtet, um eine offene und angstfreie Kultur zu erhalten. Zudem gilt eine strikte Regel für den Schutz von geistigem Eigentum: Bestimmte Daten dürfen weder mit externen noch mit internen KI-Systemen verarbeitet werden. Zentrale Erkenntnis: Die wichtigste Erkenntnis war, dass ein transparenter und strukturierter Prozess entscheidend ist. Anstatt KI-Tools einfach bereitzustellen, schuf das Unternehmen einen klaren Rahmen aus Regeln, Schulungen und interner Entwicklung. Dies baute Ängste ab und befähigt die Mitarbeitenden, den Wert der KI für ihre eigene Arbeit zu erkennen und aktiv mitzugestalten. Über die beteiligten Personen und das Unternehmen Phoenix Contact entwickelt innovative Lösungen für die Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung aller Sektoren. Das Produktportfolio umfasst Komponenten und Systemlösungen für die Erzeugung, den Transport und die Verteilung von Energie sowie den Geräte-, Maschinen- und den Schaltschrankbau. Hauptsitz des weltweit agierenden Unternehmens ist Blomberg. Thomas Bischoff verantwortet als Corporate-AI-Manager die weltweite KI-Guidance und -Governance. Das Unternehmen engagiert sich zudem aktiv in Verbänden wie dem Zentralverband der Elektroindustrie (ZVEI), um bei regulatorischen Entwicklungen wie dem EU AI Act auf dem neuesten Stand zu bleiben. Kärcher nutzt Google Gemini für KI-gestützte Effizienzsteigerung [caption id="attachment_46434" align="alignleft" width="1260"] Kärcher[/caption] Kärcher hat weltweit alle Mitarbeitenden mit der generativen KI-Lösung Gemini von Google ausgestattet. Durch breite Schulungsmaßnahmen und die gezielte Förderung von Anwendungsfällen will das Unternehmen Effizienz, Produktivität und Kreativität im gesamten Unternehmen steigern. Was war das Ziel? Das Ziel des Projektes war die Steigerung von Effizienz, Produktivität und Kreativität im gesamten Unternehmen. Was wurde unternommen? Kärcher führte die generative KI-Modellsuite Gemini von Google stufenweise ab September 2024 ein und schloss den weltweiten Roll-out Ende Februar 2025 ab. Gemini wurde als nahtlos integrierter Chatbot in die bestehenden Google-Workspace-Anwendungen implementiert, um die Mitarbeitenden direkt in Programmen wie Gmail beim Verfassen von E-Mails oder in Google Meet beim Zusammenfassen von Gesprächsnotizen zu unterstützen. Zusätzlich erhielten alle lizenzierten Nutzer Zugriff auf NotebookLM Plus, ein KI-gestütztes GenAI-Tool, das ebenfalls auf Gemini basiert. Es analysiert ausgewählte Quellen, erstellt Zusammenfassungen, beantwortet Fragen und generiert interaktive Audio-Podcasts. Um die Mitarbeitenden zur Nutzung zu befähigen, wurden Pflicht- und Aufbauschulungen konzipiert. Aus allen Bereichen wurden zudem einige Mitarbeitende als „Gemini Ambassadors“ ausgebildet, die ihre direkten Kollegen im Anschluss unterstützen. Die Einführung wurde durch eine intensive interne Kommunikation auf verschiedenen Kanälen begleitet, wobei konkrete Anwendungsfälle als „Gemini Hacks“ geteilt wurden, um zu inspirieren und Begeisterung zu erzeugen. Aktuelle Initiativen umfassen den Aufbau einer Prompting-Bibliothek zum Austausch von Prompts und die Entwicklung rollenspezifischer Trainings. Als zentraler Anlaufpunkt dient die unternehmensinterne „AI-Map“, die einen Überblick über alle KI-Initiativen, Tools und deren Implementierungsstatus gibt. Was war das Ergebnis? Aktuell gibt es bei Kärcher 14.100 aktivierte Gemini-Nutzer, und das Unternehmen beobachtet eine generell steigende Nutzung sowie eine zunehmende Prompt-Aktivität der Mitarbeitenden. Der Erfolg der Initiative zeigt sich in zahlreichen konkreten Anwendungsfällen aus den Fachbereichen. So nutzte eine Mitarbeiterin NotebookLM Plus, um das Wissen eines ausscheidenden Kollegen durch das Anlegen eines Notebooks mit relevanten Dokumenten langfristig zu sichern und für Nachfolger abfragbar zu machen. Der Vorschlag, hierfür NotebookLM zu verwenden, kam von Gemini selbst. Für diese Lösung gewann sie den internen „Gemini Grand Prix“. In der schwedischen Marketingabteilung erstellt eine Mitarbeiterin sogenannte „Gems“. Dabei handelt es sich um maßgeschneiderte KI-Assistenten, in denen Gemini für bestimmte Aufgaben und Rollen definiert und gespeichert werden kann. Sie nutzt etwa ein Gem „Marketing Manager“ zur Planung von Kampagnen und ein Gem „LinkedIn- und Instagram-Social-Media-Experte“ zum Verfassen zielgruppengerechter Texte mit relevanten Hashtags. Ein Mitarbeiter in Japan nutzt einen Gemini-Prompt, um aus technischen Details leicht verständliche Serviceberichte für Kunden zu formulieren. Darüber hinaus setzt die Personalentwicklung KI ein, um E-Learning-Videos automatisiert in verschiedene Sprachen zu übersetzen, wobei die KI Untertitel erstellt und die Lippenbewegungen der Sprecher an die neue Sprache anpasst. Im Einkauf wird zudem seit 2019 die KI-Lösung Prewave für das Lieferanten-Risikomanagement eingesetzt. Sie überwacht Lieferanteninformationen in Echtzeit, bewertet Umwelt- und Sozialrisiken und erstellt Risikoprofilanalysen zu Finanzen, Naturkatastrophen oder Insolvenzen. Zentrale Erkenntnis: Zusammenfassend ermöglicht der breite Einsatz von GenAI-Modellen innovative Lösungen, getrieben von den Mitarbeitenden selbst. Über die beteiligten Personen und das Unternehmen: Die Alfred Kärcher SE & Co. KG ist ein weltweit führender Anbieter von Reinigungstechnik. Die Firma aus Winnenden in Baden-Württemberg hat weltweit mehr als 17 000 Mitarbeitende und ist mit 170 Gesellschaften in 85 Ländern vertreten. KI vereinfacht Erstattungsprozesse: Ottobock digitalisiert die Dokumentation [caption id="attachment_46435" align="alignleft" width="2560"] Ottobock[/caption] Der Medizintechnikhersteller Ottobock unterstützt mit smart documentation Orthopädietechniker:innen bei der Erstellung von Versorgungsdokumentationen und Erstattungsanträgen. Die cloudbasierte Software analysiert patientenindividuelle Videos mittels KI-gestützter, Bewegungsanalyse und erstellt automatisch individualisierte Argumentationstexte. So wird der Dokumentationsaufwand deutlich reduziert und die Qualität der Anträge spürbar verbessert. Was war das Ziel? In Deutschland müssen Krankenkassen die Kosten für Hilfsmittel wie Prothesen individuell und detailliert begründet genehmigen – bislang ein zeitaufwendiger Prozess, der Orthopädietechniker:innen mehrere Stunden pro Antrag kosten konnte. Mit smart documentation hat Ottobock eine digitale Lösung entwickelt, die diesen Aufwand mithilfe von KI automatisiert: Sie kombiniert biomechanische Bewegungsanalyse mit intelligenter Texterstellung und unterstützt so eine effizientere, fundierte und qualitativ hochwertige Antragstellung. Was wurde unternommen? Nutzer:innen filmen Patient:innen bei standardisierten Bewegungsaufgaben mit unterschiedlichen Prothesen und laden die Videos direkt auf die Plattform. Die KI analysiert die Aufnahmen ohne Marker oder Sensoren und berechnet aus den zweidimensionalen Bildern objektive biomechanische Parameter wie Schrittlängen-Symmetrie, Bewegungsumfang von Knie und Sprunggelenk sowie die Trittfrequenz. Ergänzend generiert ein Large Language Model auf Basis eines strukturierten Fragebogens automatisch einen individualisierbaren Argumentationstext für den Erstattungsantrag. Diese Daten verdeutlichen die Versorgungseffekte und belegen den Vorteil einer Prothese. Eine KI-Lösung („KI-Modul“ bei Ottobock) unterstützt die Techniker dabei, die ausführlichen Begründungsschreiben zu erstellen. Auf Basis der eingegebenen Patientendaten generiert ein großes Sprachmodell (LLM) einen Entwurf, den die Orthopädietechniker prüfen und anpassen. Um die Argumentation zu untermauern, greift das System auf produktspezifische, editierbare Vorlagen zurück, die auf den umfassenden Erstattungserfahrungen von Ottobock basieren. Was war das Ergebnis? Die KI-gestützte Anwendung smart documentation reduziert den Verwaltungsaufwand für Orthopädietechniker:innen signifikant. Das Verfassen eines Antrags, das zuvor bis zu 12 Stunden dauern konnte, wird deutlich beschleunigt. Gleichzeitig steigert die Kombination aus objektiven biomechanischen Messdaten und evidenzbasierten Argumentationen die Qualität der Dokumentation erheblich. Dadurch verbessern sich die Erfolgschancen auf eine Erstattung durch die Krankenkassen. Die KI ermöglicht einen Prozess, der manuell in dieser Detailtiefe und Schnelligkeit nicht realisierbar wäre, und verschafft den Fachkräften mehr Zeit für die individuelle Patientenversorgung. Zentrale Erkenntnis: Die größte Herausforderung im Projekt war die Beschaffung geeigneter Trainingsdaten. Ottobock verfügt zwar über einen umfangreichen Datenschatz aus rund 400 eigenen orthopädietechnischen Betrieben weltweit – jedoch konnten diese historischen Daten wegen fehlender ausdrücklicher Einwilligung der Patienten nicht für das KI-Training genutzt werden. Nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist selbst die Anonymisierung eine Verarbeitung, die eine Zustimmung erfordert. Die Lehre daraus war, von Beginn an bei allen neuen Daten die Einwilligung zur anonymisierten Nutzung für Entwicklungszwecke einzuholen und auf standardisierte Datenformate zu achten. Heute stellt Ottobock die Einhaltung der DSGVO sicher, indem für jede Datennutzung in smart documentation eine explizite Einwilligung des Anwenders eingeholt wird und die Daten verschlüsselt auf Servern innerhalb der EU gespeichert werden. Über die beteiligten Personen und das Unternehmen: Die Ottobock SE & Co. KGaA ist ein führender Hersteller in der Orthopädietechnik mit Sitz in Duderstadt. Das Produkt wird im Bereich von Dr. Larisa Wewetzer entwickelt, die als Leiterin der globalen Softwareentwicklung verantwortlich ist. Die Lösung ist Teil einer umfassenden Digitalisierungsstrategie. Dazu gehört die „iFab“ (individuelle Fabrikation), bei der Prothesenschäfte per 360°-Scan digital erfasst, am Computer als „digitaler Zwilling“ modelliert und anschließend per 3D-Druck gefertigt werden. Ein weiteres Feld ist die Entwicklung lernender Handprothesen mit der „Myo Plus“-Steuerung. Hierbei erfassen acht Elektroden Muskelimpulse im Stumpf, und eine KI lernt über Mustererkennung, die gewünschte Handbewegung zu identifizieren und automatisch auszuführen. SEW-EURODRIVE etabliert interne KI-Community für Wissenstransfer und Use Case-Entwicklung [caption id="attachment_46436" align="alignleft" width="1424"] SEW-Eurodrive[/caption] Mit einer unternehmensweiten KI-Community fördert SEW-EURODRIVE den bereichsübergreifenden Austausch zu Künstlicher Intelligenz. Die Initiative wuchs seit Ende 2023 von 10 auf 160 Teilnehmende und entwickelt sich zu einer zentralen Plattform für Wissen, Vernetzung und konkrete Anwendungsfälle. Was war das Ziel? Die Idee zur KI-Community bei SEW-EURODRIVE entstand auf direkte Initiative der „Data Insights“-Abteilungsleitung – ohne Vorgaben, nur mit dem klaren Auftrag, ein Austauschformat zum Thema Künstliche Intelligenz zu schaffen. Ziel war es, KI stärker im Unternehmen zu verankern. Im weiteren Verlauf konkretisierte sich der Anspruch: Die Community sollte Wissen vermitteln, bereichsübergreifende Vernetzung ermöglichen und offene Diskussionen fördern. Langfristig geht es darum, bei Mitarbeitenden ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Aufgabenstellungen sich durch den Einsatz von KI lösen lassen. Was wurde unternommen? Gestartet wurde Mitte bis Ende 2023 mit rund zehn Teilnehmenden aus dem unmittelbaren Umfeld der Initiatoren. Das Format entwickelte sich ausschließlich über persönliche Weiterempfehlung und zählt heute 160 Mitglieder. Herzstück ist ein einstündiges monatliches Teams-Meeting, meist freitags vor der Mittagspause. Dabei stellt ein Mitglied ein Thema vor, dem sich eine offene Diskussion anschließt. Die Themenauswahl wechselt gezielt zwischen technischer Tiefe und allgemein verständlichen Inhalten. Präsentiert wurden unter anderem Abschlussarbeiten zur Qualitätssicherung, Projekte zur optischen Inspektion in der Produktion, Chatbot-Prototypen, Beiträge zur Bahnplanung in der Robotik sowie Einordnungen zum EU AI Act. Nach den Online-Terminen trifft sich ein Teil der Gruppe zum Mittagessen in der Kantine, um persönliche Netzwerke zu stärken. Ergänzend zum Online-Format wurde ein MS-Teams-Kanal eingerichtet, über den kontinuierlich Inhalte geteilt und diskutiert werden. Auf Wunsch der Mitglieder kamen Präsenzformate hinzu – etwa mit externen Referenten aus Wissenschaft und Forschung, darunter ein Vertreter des Fraunhofer-Instituts. Teilweise nahmen bis zu 65 Personen daran teil. Ein besonderes Highlight war das dreistündige Weihnachtsspecial: Neben einem Grundlagenvortrag zu KI standen Workshops zur Ideenentwicklung sowie eine praktische Übung mit Google Teachable Machine auf dem Programm – inklusive Training eines eigenen Bilderkennungsmodells. Was war das Ergebnis? Die KI-Community hat sich als tragfähiges Format zur unternehmensweiten Förderung von KI etabliert. Sie spricht Mitarbeitende aus nahezu allen Fachbereichen und Hierarchieebenen an – von Finanzen über Produktion und IT bis zu Marketing und Corporate Learning. Für die verantwortliche KI-Abteilung ist sie ein wichtiges Instrument, um Bedarfe im Unternehmen zu verstehen und neue Use Cases zu identifizieren. Der größte Mehrwert: Die Community bringt Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven zusammen, fördert den Austausch und hilft so, konkrete Probleme mit KI-Lösungen zu adressieren. Darüber hinaus erfüllt sie einen Bildungsauftrag. Sie sensibilisiert das Unternehmen für KI-Potenziale und schafft Raum für niedrigschwelligen Wissenstransfer. Die hohe Beteiligung – auch im asynchronen Austausch über den Teams-Kanal – zeigt das große Interesse. Durch kontinuierliches Feedback entwickelt sich das Format organisch weiter, etwa durch Präsenzveranstaltungen oder gemeinsame Mittagessen. Zentrale Erkenntnis: Der Erfolg der Community basiert auf Verlässlichkeit und Offenheit. Der Verzicht auf starre Ziele zum Start erleichterte die bedarfsorientierte Entwicklung. Entscheidend war, das Format regelmäßig durchzuführen und so Vertrauen und Kontinuität aufzubauen. Über die beteiligten Personen und das Unternehmen SEW-EURODRIVE GmbH & Co. KG ist ein weltweit tätiger Spezialist für Antriebs- und Automatisierungstechnik mit Hauptsitz in Bruchsal. Die KI-Community wird von Michael Gering initiiert und organisiert. Ziel ist es, eine nachhaltige Plattform für Wissenstransfer, Vernetzung und die Identifikation von KI-Anwendungsfällen im Unternehmen zu schaffen. Borlabs steigert Support- und Entwicklungseffizienz mit KI-gestützten Tools [caption id="attachment_46423" align="alignleft" width="896"] Borlabs[/caption] Das Hamburger Softwareunternehmen Borlabs setzt seit mehreren Jahren auf verschiedene KI-Systeme, um Supportprozesse und Softwareentwicklung effizienter zu gestalten. Trotz der Grenzen aktueller KI-Lösungen verzeichnet das Team deutliche Zeitersparnisse und bleibt so im Wettbewerb mit deutlich größeren Mitbewerbern konkurrenzfähig. Was war das Ziel? Borlabs entwickelt seit 2018 das WordPress-Plug-in Borlabs Cookie, ein Consent-Management-System, das Webseitenbetreiber dabei unterstützt, die Zustimmung ihrer Nutzer zur Datenverarbeitung einzuholen, zu verwalten und zu dokumentieren. Das Ziel des Unternehmens war es, interne Prozesse mithilfe von KI zu beschleunigen, insbesondere im Support-Bereich, wo häufig wiederkehrende Nutzeranfragen die Ressourcen der kleinen Mannschaft binden. Auch in der Softwareentwicklung wollte das Team durch KI-gestützte Automatisierung und Unterstützung Routineaufgaben effizienter erledigen. Was wurde unternommen? Im Support testete Borlabs verschiedene KI-basierte Helpdesk-Systeme, die auf dem Markt als Lösungsanbieter für die automatische Beantwortung von Tickets oder für Vorschläge an Support-Mitarbeitende beworben werden. Die Systeme sollten dazu beitragen, häufig gestellte Fragen, die bereits durch Dokumentationen abgedeckt sind, automatisch zu beantworten oder zumindest vorformulierte Antworten für die Support-Agenten bereitzustellen. Allerdings erwiesen sich alle eingeführten Anbieter – trotz des Versprechens, die KIs müssten nur „antrainiert“ werden – als unzuverlässig. Automatische Beantwortungen waren praktisch nutzlos, auch die Stimmungsanalyse von Anfragenden brachte keinen Mehrwert. Ebenso enttäuschten Ansätze mit Retrieval-Augmented Generation (RAG), da die Systeme zu viele Halluzinationen produzierten. Stattdessen nutzt das Team erfolgreich spezialisierte Sprach- und Texttools wie DeepL, LanguageTool, Apple Intelligence und ChatGPT, um Supportantworten zu formulieren und zu übersetzen. Gerade DeepL mit Glossarfunktion ist bei der Übersetzung technischer Begriffe für das Plug-in unverzichtbar, da so produkt- und einstellungsspezifische Begriffe nicht falsch übersetzt werden. LanguageTool sorgt für korrekte Grammatik, während ChatGPT und Apple Intelligence zur Textoptimierung und schnellen Formulierung genutzt werden – insbesondere bei Anfragen in Fremdsprachen. In der Entwicklung setzt Borlabs drei KI-Systeme ein: ChatGPT, Claude und JetBrains AI (in der Entwicklungsumgebung PHPStorm integriert). JetBrains AI wird insbesondere verwendet, um präzisere und nachvollziehbare Commit-Kommentare zu generieren, die den Entwicklern Zeit und Mühe bei der Dokumentation sparen. Claude wird vor allem für die Generierung von Code in einzelnen Funktionen und trivialen Algorithmen genutzt. Durch die Integration in die Entwicklungsumgebung (IDE) hat Claude Zugriff auf das gesamte Projekt und liefert so kontextbezogene Vorschläge. Der Code wird dabei iterativ verbessert, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt – dieser Prozess reduziert den Zeitaufwand für wiederkehrende Aufgaben erheblich. Für größere Entwicklungsaufgaben ist die KI jedoch ungeeignet, da zu viele Fehler entstehen und eine umfassende manuelle Prüfung erforderlich wäre. In der Entwicklung wird ChatGPT zur Benennung von Programmelementen wie Variablen, Funktionen, Klassen und Datenbanktabellen eingesetzt. Für das fertige Plug-in werden die Texte der Benutzeroberfläche mithilfe von ChatGPT formuliert, um Erklärungen zu Einstellungen und Funktionen je nach Zielgruppe passend zu gestalten. Auch im Bereich Übersetzung und Lokalisierung von Kunden-Consent innerhalb des Plug-ins setzt Borlabs automatisierte, KI-basierte Übersetzungen ein. Diese werden jedoch immer durch muttersprachliche Übersetzer überprüft und optimiert, um echte Lokalisierungen statt nur Übersetzungen zu gewährleisten. Der Rollout der KI-Systeme erfolgte schrittweise und organisch: Neue Tools wurden ausprobiert, getestet und bei Erfolg in die Prozesse integriert. Im Unternehmen teilt das Team seine Erfahrungen in einem eigenen Slack-Channel, sodass alle von neuen Tools profitieren können. Eine feste „KI-Strategie“ gab es nicht, das Vorgehen war bisher pragmatisch und experimentell. Für automatisierte Tests werden keine KI-Systeme eingesetzt. Die Tests werden weiterhin manuell geschrieben und automatisiert ausgeführt, da alle bisherigen Versuche mit KI-generierten Tests – insbesondere im WordPress-Umfeld – nicht zufriedenstellend waren. Während moderne Frameworks wie Laravel besser mit KI-gestützten Testgeneratoren harmonieren, sei die Qualität im WordPress-Kontext noch unzuverlässig. Daher verzichtet Borlabs bislang auf den Einsatz von KI für automatisierte Tests und setzt weiterhin auf die manuelle Erstellung durch erfahrene Entwickler. Was war das Ergebnis? Der Einsatz von KI-Tools führte laut Borlabs zu einer deutlichen Zeitersparnis in Support und Entwicklung. Während die KI-basierte Automatisierung im Support durch Helpdesk-Anbieter noch nicht den gewünschten Reifegrad erreicht hat, sind spezialisierte Sprach- und Texttools wie DeepL, LanguageTool und ChatGPT unverzichtbar geworden. Übersetzungsaufgaben, die früher viel Zeit beansprucht hätten, können nun innerhalb von Minuten erledigt und anschließend von muttersprachlichen Übersetzern optimiert werden. In der Entwicklung werden durch KI-generierte Code-Snippets und Kommentierungen Aufgaben, die früher eine Stunde gedauert haben, nun in wenigen Minuten erledigt. Die Zeitersparnis führt jedoch nicht direkt zu einer Reduktion von Personalkosten, sondern erhöht die Effizienz des kleinen Teams und ermöglicht es Borlabs, mit größeren Unternehmen am Markt zu konkurrieren. Die KI-Systeme unterstützen die Mitarbeitenden dabei, mit den vorhandenen Ressourcen mehr zu erreichen und sich auf kreative oder komplexe Aufgaben zu konzentrieren. Im Roll-out war entscheidend, dass die Akzeptanz der Tools aus dem Team selbst kam und sich die Nutzung organisch entwickelte. Die Unternehmenskultur betrachtet KI als nützliches Werkzeug, nicht als Bedrohung oder Ersatz für Mitarbeiter. Die wichtigste Empfehlung von Borlabs an andere Unternehmen lautet, regelmäßig neue Tools zu prüfen, offen für Experimente zu sein und KI als Chance zur Effizienzsteigerung zu begreifen, ohne sich auf einen einmaligen Technologiesprung zu verlassen. Zentrale Erkenntnis: Für kleine und mittlere Softwareunternehmen ist KI vorwiegend ein Hebel zur Effizienzsteigerung – nicht zum Personalabbau. Der größte praktische Nutzen entsteht bei Borlabs derzeit durch spezialisierte Sprach- und Textwerkzeuge sowie IDE-integrierte Assistenten, während vollautomatisierte Helpdesk-Lösungen und KI-generierte Tests im WordPress-Umfeld noch nicht zuverlässig genug sind. Erfolg sichert ein organischer Rollout aus dem Team heraus, der KI als Werkzeug zur Effizienzsteigerung versteht und auf die kontinuierliche Prüfung neuer Tools statt auf einen einmaligen Technologiesprung setzt. Über die beteiligten Personen und das Unternehmen Borlabs GmbH ist ein Hamburger Softwareunternehmen, das seit 2018 das WordPress-Plug-in „Borlabs Cookie“ entwickelt und damit zu den ersten Anbietern am Markt zählt. Geschäftsführer Benjamin A. Bornschein verantwortet als Hauptentwickler die technische Weiterentwicklung des Produkts. Die KI-gestützten Prozesse ermöglichen es dem Team, trotz kleiner Größe und begrenzter Kapazitäten mit deutlich größeren Wettbewerbern mitzuhalten und die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Muster und Trends Gemeinsame Muster Vier von fünf Unternehmen setzen auf strukturierte Governance und Schulungen. Phoenix Contact, Kärcher und SEW-Eurodrive entwickelten explizite Richtlinien und Trainingsprogramme. Ein durchgängiges Muster: KI wird als Effizienzwerkzeug für bestehende Prozesse eingesetzt, nicht als Ersatz für Mitarbeiter. Phoenix Contact betont die „menschenzentrierte“ Nutzung, Borlabs sieht KI als „Hebel zur Effizienzsteigerung – nicht zum Personalabbau“. Der mitarbeitergetriebene Ansatz (Bottom-up) dominiert überraschenderweise auch bei Großunternehmen. Phoenix Contact berichtet von einem „Pull-Effekt aus dem Geschäft heraus“, bei Kärcher treiben Mitarbeiter eigene Lösungen voran, SEW-Eurodrive wuchs rein durch Kommunikation. Zentrale Trends Von Verboten zu kontrollierten Rahmen: Phoenix Contact hob ein anfängliches KI-Verbot auf und schuf stattdessen klare Regeln. Eigenentwicklungen neben Standardtools: Drei der fünf Unternehmen kombinieren kommerzielle Lösungen mit Eigenentwicklungen. Phoenix Contact baute „Pia“, Ottobock entwickelte „smart documentation“, Kärcher-Mitarbeiter erstellen eigene dedizierte Prompts in „Gems“. Community-Building als Erfolgsfaktor: Mehrere Unternehmen setzen auf interne Multiplikatoren – Kärchers „Gemini Ambassadors“, SEW-Eurodrives KI-Community, Phoenix Contacts KI-Anwendungs-Workshops (Ideation). Von Schatten-IT zu offiziellen Angeboten: Die Bitkom-Studie nennt 10 Prozent Schatten-IT-Nutzer. Phoenix Contact und Kärcher reagieren darauf strategisch: Statt die heimliche Nutzung zu ignorieren oder nur zu verbieten, kanalisieren sie den Bedarf in sichere, unternehmenseigene Lösungen. Diese Strategie wandelt ein Compliance-Risiko in kontrollierte Innovation. Markante Unterschiede Technologiewahl: Kärcher setzt vollständig auf Google Gemini, Phoenix Contact auf Microsoft Copilot, Borlabs nutzt einen Mix aus ChatGPT, Claude und JetBrains AI. Ottobock entwickelte eine komplett eigene Lösung. Rollout-Strategie: Kärcher führte Gemini weltweit für 14.100 Nutzer ein, Phoenix Contact gibt Tools selektiv nach Prüfung frei. Borlabs experimentiert ohne feste Strategie. Branchenspezifik: Ottobocks hochspezialisierte medizintechnische Lösung unterscheidet sich fundamental von den allgemeinen Büro-Anwendungen der anderen Firmen. KI-Technologien im Einsatz Microsoft Copilot (Phoenix Contact) Google Gemini und NotebookLM Plus (Kärcher) Selbstentwickeltes RAG-System „Pia“ (Phoenix Contact) Bewegungsanalyse per Video (Ottobock) LLM für automatische Texterstellung (Ottobock) ChatGPT, Claude, JetBrains AI (Borlabs) DeepL mit Glossarfunktion (Borlabs) LanguageTool, Apple Intelligence (Borlabs) Prewave für Lieferanten-Risikomanagement (Kärcher) Identifizierte Use Cases Dokumentation und Support: Erstellung von Versorgungsdokumentationen für Krankenkassen (Ottobock) Support-Ticket-Bearbeitung und Übersetzung (Borlabs) Verfassen von E-Mails in Gmail (Kärcher) Technische Berichte in kundenverständliche Sprache übersetzen (Kärcher Japan) Wissensmanagement: Wissenssicherung ausscheidender Mitarbeiter via NotebookLM (Kärcher) Meeting-Zusammenfassungen in Google Meet (Kärcher) Interne Wissensdatenbank über RAG-System (Phoenix Contact) Softwareentwicklung: Code-Generierung für einzelne Funktionen (Borlabs) Commit-Kommentare automatisch erstellen (Borlabs) Benennung von Programmelementen (Borlabs) UI-Texte formulieren (Borlabs) Marketing: Social-Media-Posts mit Hashtags erstellen (Kärcher Schweden) Kampagnenplanung (Kärcher Schweden) Schulung und Training: E-Learning-Videos übersetzen mit Lippensynchronisation (Kärcher) Bilderkennungsmodelle trainieren (SEW-Eurodrive-Workshop) Compliance: Lieferanten-Risikomanagement mit Echtzeitüberwachung (Kärcher/Prewave) Fazit Die Kluft zwischen privater KI-Nutzung und professioneller Integration bleibt Deutschlands zentrale Herausforderung. Während 67 Prozent der Deutschen generative KI nutzen, haben nur 20 Prozent eine entsprechende Schulung erhalten. Zwar verlassen einige Unternehmen die Pilot-Phase, dennoch ist noch ein weiter Weg hin zur Professionalisierung des Einsatzes von KI zu gehen. Die vorgestellten Fallstudien zeigen: Erfolgreiche KI-Integration benötigt mehr als Technologie. Sie erfordert klare Governance, systematische Befähigung und vor allem praktische Erfahrung. Unternehmen, die diesen Weg gehen, erzielen messbare Erfolge: Ottobock reduziert Antragszeiten von zwölf Stunden auf Minuten. Borlabs bleibt trotz kleiner Teamgröße wettbewerbsfähig. Phoenix Contact wandelt Schatten-IT in kontrollierte Innovation. Bei Heise haben wir durch den systematischen Einsatz generativer KI signifikante Zeit- und Geldeinsparungen erzielt, wie unser Deep Dive zeigt. Diese Chance zu nutzen, erfordert ein Umdenken (siehe unser Deep Dive zu „KI-Workflows“): Weg von der Arbeit als Einzelner mit KI, womöglich als Schatten-IT, hin zu „wir als Team arbeiten mit KI“. Erst dieser Perspektivwechsel ermöglicht skalierbare Erfolge. Das ist auch das zentrale Prinzip der Heise KI-Workflow Software für Teams heise I/O. Der nächste Schritt führt von isolierten Werkzeugen zu vernetzten Systemen. KI-Agenten versprechen die Automatisierung komplexer Arbeitsabläufe. Doch sie setzen voraus, was deutsche Unternehmen erst lernen müssen: die präzise Steuerung generativer Modelle, die Orchestrierung verschiedener KI-Systeme und die Integration in bestehende Qualitätsprozesse. Jedes Element der Automatisierungskette muss dabei den eigenen Standards genügen. Gerade im Hinblick auf die zunehmende Entwicklung agentischer KI-Lösungen drängt die Zeit: Jetzt gilt es, sich mit generativer KI und ihren Potenzialen vertraut zu machen. Die Multi-Modell-Strategie, die internationale Unternehmen bereits verfolgen, weist den Weg. Wir empfehlen diesen Ansatz seit Jahren und er ist Kernbestandteil der Heise KI-Strategie. Statt sich von einzelnen Anbietern abhängig zu machen, wählen sie für jede Aufgabe das passende Werkzeug. Deutsche Firmen stehen hier erst am Anfang. Der Übergang vom Reden zum Machen, von Pilotprojekten zu skalierbaren Lösungen, von Einzelwerkzeugen zu integrierten Workflows: Das sind die Aufgaben der kommenden Jahre. Die Fallstudien belegen: Wer jetzt die Grundlagen schafft, Kompetenz aufbaut, Prozesse etabliert und praktische Erfahrungen sammelt, legt das Fundament für die nächste Stufe der KI-Transformation. Appendix [caption id="attachment_46424" align="alignleft" width="1387"] Wachstum einzelner Modellfamilien Q3 2025[/caption] [caption id="attachment_46425" align="alignleft" width="1385"] Build vs. Buy vs. Hybrid-Entscheidungen[/caption] [caption id="attachment_46426" align="alignleft" width="1385"] Einstellung zu KI am Arbeitsplatz in Deutschland[/caption] [caption id="attachment_46427" align="alignleft" width="1385"] KPMG, 2025[/caption] [caption id="attachment_46428" align="alignleft" width="1385"] Bitkom, 2025[/caption] [caption id="attachment_46429" align="alignleft" width="1385"] Bitkom, 2025[/caption] [caption id="attachment_46430" align="alignleft" width="1385"] Bitkom, 2025[/caption]

KI-Barometer Q3 2025 - Generative KI im Einsatz: Fallbeispiele aus deutschen Unternehmen

Wo stehen wir heute beim Thema generative KI in Deutschland?

Zwischen Aufbruch und Konsolidierung

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