KI und Gesellschaft

New York Times wehrt sich gegen Videorekorder-Vergleiche von Microsoft

Matthias Bastian
Der Rechtsstreit zwischen der New York Times und OpenAI wegen Urheberrechtsverletzung könnte wegweisend sein für generative KI. Unterhaltsam dürfte er auf jeden Fall werden.

Midjourney prompted by THE DECODER

Update
  • Anwälte der New York Times und Microsoft liefern sich Redeschlachten

Update vom 23. März 2024:

Die New York Times hat auf den Antrag von Microsoft reagiert, die Klage gegen OpenAI wegen der Entwicklung und Nutzung von ChatGPT abzuweisen.

Sie argumentiert, dass ein LLM nicht mit einem Videorekorder vergleichbar ist, da ein Sprachmodell mit urheberrechtlich geschützten Werken trainiert wird und dann Inhalte produzieren kann, die mit den Originalwerken konkurrieren.

"Wenn Videorekorder mit Filmen entwickelt worden wären, um Filme zu produzieren, die mit Filmen konkurrieren, oder wenn Sony die illegalen Nutzer von Videorekordern überwacht hätte, wäre [der Betamax-Fall] anders ausgegangen."

Die Times argumentiert, dass Microsoft das LLM mit gemeinfreien Werken hätte trainieren können, sich aber stattdessen für die kostenlose Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte entschieden habe. Die NYT stelle sich damit nicht dem technologischen Fortschritt in den Weg.

"Microsoft - das reichste Unternehmen der Welt - behauptet, es habe das Recht, sich kostenlos zu nehmen, was es will."

Der Chef von OpenAI, Sam Altman, sagte, dass das Training der besten KI-Modelle ohne Copyright-geschützte Daten unmöglich sei.

via: JDSupra

Ursprünglicher Artikel vom 5. März 2024:

Microsoft vergleicht NYT mit 80er-Jahre-Filmstudio, das Videorekorder verbieten will

Der Rechtsstreit zwischen der New York Times und OpenAI wegen Urheberrechtsverletzung könnte wegweisend sein für generative KI. Unterhaltsam dürfte er auf jeden Fall werden.

Einen Vorgeschmack liefert ein von Microsoft eingereichter Antrag auf Klageabweisung: Darin wirft der OpenAI-Großinvestor der New York Times "Weltuntergangs-Futurologie" vor. Microsoft meint damit vermutlich übertrieben pessimistische oder alarmistische Vorhersagen über die Zukunft.

Microsoft argumentiert, dass das Urheberrecht kein Hindernis für ChatGPT sei, da die Inhalte, mit denen das Tool trainiert wird, den Markt für diese Inhalte nicht verdrängen würden.

"Inhalte, die zum Training von LLMs verwendet werden, verdrängen nicht den Markt für die Werke, sondern bringen den Modellen die Sprache bei. Das ist der Kern dessen, was das Urheberrecht als transformative - und faire - Nutzung betrachtet."

Der Technologiekonzern bemüht eine Analogie: Er vergleicht die New York Times mit den Hollywood-Studios, die in den 1980er-Jahren die Einführung des Videorekorders, ebenfalls eine "bahnbrechende neue Technologie", verhindern wollten.

Die Studios glaubten, dass der Videorekorder ihre Urheberrechte verletzen und den Markt für ihre Inhalte verdrängen würde. Was sich änderte, war primär der Zugang zu den Inhalten.

"Die Unterhaltungsindustrie florierte, als der Videorekorder neue Märkte und Einnahmequellen eröffnete. Damals hätten jedoch leere Warnungen fast den Sieg davongetragen."

Der Anwalt der Gegenseite argumentiert, dass die Hersteller von Videorekordern nie behauptet hätten, dass sie sich an massiven Urheberrechtsverletzungen beteiligen müssten, um ihre Produkte herzustellen. OpenAI hat kürzlich eingeräumt, dass aktuelle KI-Modelle nicht ohne urheberrechtlich geschützte Daten trainiert werden können.

OpenAI argumentiert ähnlich wie Microsoft, dass "ChatGPT in keiner Weise ein Ersatz für ein Abonnement der New York Times ist" und es bei normaler Nutzung von ChatGPT nicht möglich ist, Artikel der NYT zu reproduzieren.

Außerdem seien Artikel der Times zwar für die Entwicklung von ChatGPT verwendet worden, hätten aber nicht wesentlich zum Training der Modelle beigetragen.

Microsoft ist der größte Unterstützer von OpenAI und hat bis zu 13 Milliarden US-Dollar an Investitionen zugesagt. Ferner stellt Microsoft OpenAI Rechenkapazität zur Verfügung und hat ein exklusives Vertriebsrecht für die KI-Modelle von OpenAI. Microsoft erhält bis zu 49 Prozent der Gewinne.