Die Norm SAE J3016 ermöglicht seit Jahren die Klassifizierung autonomer Fahrsysteme. Nun wird sie angepasst. Welche Änderungen beinhaltet die neue Fassung?
Mit der Aktualisierung der Norm J3016 will die SAE International die bisherige Einteilung des autonomen Fahrens klarer definieren. Neben der Einführung mehrerer neuer Begriffe sollen vor allem häufig falsch interpretierte Konzepte geklärt werden. Dazu kommt eine Umstrukturierung bestimmter Standards in logischere Gruppierungen.
SAE: Nötige Anpassung an den technologischen Fortschritt
Die Society of Automative Engineers (heute SAE International) führte die Norm SAE J3016 offiziell 2016 ein. Ziel war es, Definitionen zu schaffen, um straßengebundene Kraftfahrzeuge mit Systemen zum automatisierten Fahren zu klassifizieren. Die letzte Aktualisierung stammt aus dem Jahr 2019.
Barbara Wendling, Vorsitzende des technischen Komitees der SAE International, beschreibt die aktuellen Änderungen als dringend nötig, um mit den sich entwickelnden Technologien und Einsatzstrategien Schritt zu halten. Man habe die Einteilung mit klarer, präziser und konsistenter Sprache weiter verfeinert.
Die SAE arbeitete bei der jüngsten Revision der eigenen Norm mit der International Organization for Standardization (ISO) zusammen. Vertreter aus insgesamt neun Ländern schlossen sich der gemeinsamen Arbeitsgruppe an, um möglichst viele Unklarheiten zu identifizieren und zu bereinigen.
Feintuning für die Klassifizierung des autonomen Fahrens
Die Einteilung des autonomen Fahrens in sechs Stufen bleibt auch nach dem Update durch die SAE grundlegend gleich. Während Fahrzeuge der Stufe 0 über keinerlei Automatismen verfügen, steht Level 5 für vollständig autonom fahrende Vehikel, bei denen menschliches Eingreifen zu keiner Zeit mehr nötig ist.
Grundlegende Einteilung des autonomen Fahrens:
- Level 0 = keine Fahrautomatisierung
- Level 1 = Fahrassistenz
- Level 2 = teilweise Automatisierung des Fahrens
- Level 3 = bedingte Fahrautomatisierung
- Level 4 = hohe Fahrautomatisierung
- Level 5 = volle Fahrautomatisierung
Die fortschrittlichsten Technologien unterstützen derzeit vorrangig Stufe 4. Einer der führenden Hersteller solcher Systeme ist Waymo. Das zum Alphabet-Konzern gehörende Unternehmen betreibt seit 2019 die Robo-Taxi-Flotte Waymo One in Kalifornien. Weitere namhafte Vertreter sind der chinesische KI-Konzern Baidu, der fahrerlose Taxis durch Peking schickt oder das von Ford und VW finanzierte Argo AI mit Sitz am Münchner Flughafen.
Die wichtigsten Neuerungen der SAE J3016 in der Übersicht
In der neuen Fassung geht es vorrangig darum, die Übergänge in den mittleren Stufen erfassbarer zu definieren. Begriffe wurden verfeinert und eine klarere Wortwahl angewandt, was vor allem in Rechtsfragen entscheidend sein dürfte. Die Einteilungsgrafik bleibt im Vergleich zur Version von 2019 unverändert.
So wurden neue Begriffe und Definitionen für Fernunterstützungsfunktionen und die an den jeweiligen Vorgängen beteiligten Personen eingeführt. Ein „Remote Driver“ wäre beispielsweise jemand, der ein Fahrzeug aus der Ferne überwacht, das selbstständig und fahrerlos einparkt.
Die Aufsichtsperson würde darauf achten, dass das Auto auf Verkehrsteilnehmer und Hindernisse reagiert. Der Vorgang an sich heißt ab sofort „Remote Driving“.
Hinzu kommen Überbegriffe zum besseren Verständnis der Einteilungen. Die Stufen 1 bis 3 werden künftig unter dem Dach „Fahrassistenzsysteme“ zusammengefasst. Die Stufen 4 und 5 gelten als „automatisierte Fahrsysteme“, während Stufe 0 weiterhin „keine Fahrautomatisierung“ bietet.
Die wichtigsten Änderungen in der Übersicht:
- Verfeinerte Klärung der Unterschiede zwischen Level 3 und Level 4
- Einführung zusätzlicher Begriffe und Definitionen für Fernunterstützungsfunktionen
- Level 1 und 2 erhalten den Überbegriff „Fahrassistenzsysteme“ als Gegenstück zu Level 3 bis 5 („Automatisierte Fahrsysteme“)
- Erläuterung, wie Klassifizierungen von nachhaltiger Fahrautomatisierung in den breiteren Kontext von Fahrerassistenz- und aktiven Sicherheitsfunktionen passen
- Begründung für die Nichtberücksichtigung von Warn- und kurzzeitigen Fahreingriffssystemen
- Gruppierung der Definition von Fahrzeugtypen in „konventionelles Fahrzeug“, „Dual-Mode-Fahrzeug“ und „ADS-fähiges Fahrzeug“
- Definition und Klärung des Konzepts der Fehlerminderungsstrategie
Die vollständige aktualisierte Version der SAE J3016 steht auf der Webseite der SAE als Download zur Verfügung.
In unserem Artikel zum Stand der Technik des autonomen Fahrens findet ihr mehr Informationen zur technischen Einteilung sowie Stimmen aus der Wissenschaft über die aktuelle Marktlage und Prognosen zu künftigen Entwicklungen.
Im MIXED.de Podcast Folge #242 sprechen wir ebenfalls über die Stufen des autonomen Fahrens und wagen eine eigene Einschätzung zu kommenden Entwicklungen.
Titelbild: Waymo, Quelle: SAE International