Das Tagebuch der Anne Frank ist eines der bekanntesten Zeugnisse aus der Zeit des Holocaust. 73 Jahre nach der Verhaftung durch die Gestapo ist noch immer nicht bekannt, wer Anne Franks Versteck verraten hat. Nun soll ein Suchalgorithmus neue Hinweise liefern.
Der ehemalige FBI-Agent Vincent Pankoke will eine neue Untersuchung ins Leben rufen, die sich Künstlicher Intelligenz bedient. Sein Ermittlerteam setzt sich aus Forensikern, Historikern, Kriminologen und Mitgliedern der niederländischen Polizei zusammen. Für den technischen Teil der Untersuchung hat sich die Gruppe ein auf Datenanalyse spezialisiertes Unternehmen ins Boot geholt.
Die KI soll sich auf der Suche nach neuen Hinweisen durch Berge von Dokumenten wühlen, darunter Listen von Nazi-Kollaborateuren, historische Zeugnisse und frühere Polizeiberichte und Untersuchungsakten. Laut Pankoke bräuchte es mehr als ein Menschenleben, um die Daten vollständig durchzusehen.
"Unsere Software ermöglicht dem Team, die Daten zu durchsuchen und auf neue Arten zu visualisieren. Das hat bereits zu neuen Spuren geführt", sagt der Datenspezialist Marius Helf gegenüber Engadget. "Nun wollen wir die Systeme noch intelligenter machen, sodass sie automatisch Querverbindungen zwischen Personen, Ereignissen und Orten herstellen können."
Keine stichhaltigen Beweise gegen Verdächtige
Seit dem Beginn der ersten Untersuchungen Ende der 40er Jahre gibt es viele Theorien, wer den Nazis das Versteck der Franks verraten haben könnte. In Frage kamen Nachbarn, Mitarbeiter und jüdische Informanten. 2003 äußerte das niederländische Institut für Kriegs- und Holocauststudien Zweifel an den Ergebnissen früherer Untersuchungen und kam zu dem Schluss, dass es keine stichhaltigen Beweise für die Schuld bisheriger Verdächtiger gebe.
2016 brachte das Anne-Frank-Haus eine weitere Möglichkeit ins Spiel: Die Gestapo könnte die Familie Frank und die anderen Bewohner des Verstecks zufällig entdeckt haben. In einem Punkt sind sich die Institution einig: dass der Fall neu aufgerollt werden muss.
Um die Untersuchung zu finanzieren, will Vincent Pankoke mit seinem Team fünf Millionen US-Dollar von privaten Unterstützern sammeln. Das Ziel ist, den Fall bis zum 4. August 2019 abzuschließen. Das ist der 75. Jahrestag von Anne Franks Verhaftung. Wer die Untersuchung finanziell unterstützen möchte, kann das hier tun.