Inhalt
newsletter Newsletter

In einer aktuellen Studie antworten 51 Prozent der Europäer, dass sie einen Teil ihrer lokalen Politiker durch Algorithmen ersetzen würden. Wie aussagekräftig ist die Befragung hinsichtlich der Akzeptanz Künstlicher Intelligenz?

Anzeige

Das "Center for the Governance of Change" der spanischen Privatuniversität "IE" hat insgesamt 2.769 Europäer aus elf Ländern und unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen unter anderem dazu befragt, wie sie sich dabei fühlen würden, wenn im nationalen Parlament die Anzahl der Politiker reduziert und dafür mehr Sitze einer KI zugewiesen würden.

51 Prozent der befragten Europäer befürwortete den Mensch-KI-Austausch im Schnitt. Besonders beliebt war die Idee in Spanien mit 66 Prozent Befürwortern. Speziell jüngere Menschen sprachen sich für maschinelle Abgeordnete aus mit mehr als 60 Prozent Zustimmung, während die Mehrheit der über 55-Jährigen die Technologie eher ablehnte.

Deutschland wählt eher Menschen

Nicht in allen Ländern gab es überwiegend Zustimmung: In UK waren 69 Prozent der befragten Personen gegen mehr KI im Parlament, auch in Deutschland stimmten mehr gegen KI (54 %) als dafür.

Anzeige
Anzeige

Die Studie untersuchte weitere KI-Anwendungsfälle: Ein Drittel der Europäer würde es vorziehen, dass KI anstelle menschlicher Beamter über Sozialhilfezahlungen entscheidet oder ein Arbeitsvisum genehmigt, heißt es in der Dokumentation der Ergebnisse. Mehr als ein Drittel der Europäer will ein Paket von einem Roboter statt von einem Menschen geliefert bekommen.

Auch die KI-gestützte Gesichtserkennung wird teils positiv bewertet, wenn sie den Lebensstandard verbessert. In Italien (56 %), Schweden (47 %) oder den Niederlanden (45 %) findet die Überwachungstechnologie signifikante Unterstützung.

Interessant ist der Blick in die USA und nach China: Während in den USA der Widerstand gegen KI-Politik (60 %) größer ist als die Befürwortung, sprachen sich 75 Prozent der befragten Chinesen dafür aus, Parlamentarier gegen KI zu tauschen. Womöglich spielt hier eine Rolle, dass in China KI-gestützte Überwachung allgegenwärtig und damit gelernt ist.

KI-Begeisterung in Europa? Was die Studie eher gemessen hat

Die Studie hat zwei wesentliche Probleme: Zum einen ist die gewählte Stichprobe winzig, da sich die 2.769 befragten Personen auf elf Länder und in unterschiedliche Bevölkerungsgruppen aufteilen.

Zum anderen ist es wahrscheinlich, dass das allgemeine Wissen über Künstliche Intelligenz in der Gruppe der Befragten gering ist. Viele Menschen dürften zum Beispiel maschinelle Entscheidungen mit fairen da neutralen Entscheidungen gleichsetzen, dabei sind KI-Systeme ähnlich anfällig für Vorurteile wie Menschen.

Empfehlung

Weitere KI-Risiken, die drastische Konsequenzen haben könnten, sind falsch oder ungenau formulierte Zielsetzungen sowie die Blackbox der KI, die ihre Entscheidungen - anders als ein Mensch - nicht im Detail und insbesondere nicht emotional begründen kann. KI-Entscheidungen müssen hingenommen werden: Im Falle eines Scheiterns fehlt ein Gesicht, das Verantwortung übernimmt und Konsequenzen erträgt. Im gesellschaftlichen Kontext könnte das Sprengstoff bedeuten, wenn sich Unzufriedenheit auf anderen Wegen entlädt.

All diese Parameter und noch mehr sind ungeklärte Fragen der KI-Entwicklung - und noch lange kein Allgemeinwissen. Als Barometer für politische Entscheidungen hinsichtlich der stärkeren Integration von KI-Systemen in die Politik sollte die Studie daher besser nicht zurate gezogen werden.

Sie kann aber wohl als Signal verstanden werden, dass viele Menschen unzufrieden sind mit der aktuellen Politik - und dass dringend Aufklärungsarbeit notwendig ist über die Vor- und Nachteile Künstlicher Intelligenz.

Zugegeben, das ist ein bewegliches Ziel und damit keine leichte Aufgabe, gerade bei den schnellen Fortschritten in der KI-Forschung der letzten Jahre, die Gesetzgeber schon jetzt überfordern, wie zum Beispiel die Streitigkeiten um Gesichtserkennung und Anbieter wie Clearview AI zeigen. Die Debatte um den Einsatz von KI wird vornehmlich durch die Wirtschaft, die Wissenschaft und Bürgerrechtler geprägt statt durch Regierungen.

Anzeige
Anzeige
Community beitreten
Kommt in die DECODER-Community bei Discord,Reddit, Twitter und Co. - wir freuen uns auf euch!

Über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in einer Demokratie und mögliche Chancen und Risiken sprechen wir im MIXED.de Podcast #196 (ab 31:50).

Quelle: IE Universität, CNBC

Weiterlesen über Künstliche Intelligenz:

Unterstütze unsere unabhängige, frei zugängliche Berichterstattung. Jeder Betrag hilft und sichert unsere Zukunft. Jetzt unterstützen:
Banküberweisung
Online-Journalist Matthias ist Gründer und Herausgeber von THE DECODER. Er ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Beziehung zwischen Mensch und Computer grundlegend verändern wird.
Community beitreten
Kommt in die DECODER-Community bei Discord,Reddit, Twitter und Co. - wir freuen uns auf euch!