ChatGPT bleibt die größte KI-Chat-Plattform, wächst aber langsamer. Am schnellsten wächst derzeit Anthropics Claude, dank der Veröffentlichung von Claude 3 im März.
ChatGPT nähert sich wieder dem Rekord von 1,81 Milliarden Besuchen weltweit im Mai 2023: Im März 2024 erreichte chat.openai.com nach Schätzungen von Similarweb 1,77 Milliarden Visits.
Weltweit ging der Traffic nach dem Höchststand im Sommer 2023 zunächst zurück und steigt seitdem nur langsam wieder an. Im Jahresvergleich liegt der US-Traffic im März 2024 um 33 Prozent höher, da die ersten drei Monate 2023 noch von starkem Wachstum geprägt waren.
Insgesamt scheint sich das schnelle Wachstum von ChatGPT zwischen November 2022 und Mai 2023 nicht fortzusetzen. Möglicherweise konzentriert sich OpenAI deshalb zunehmend auf Enterprise-KI.
Neue Features wie individualisierte Chatbots (Custom GPTs) oder die Bild-KI DALL-E konnten keine großen Wachstumsschübe mehr auslösen. Im März verzeichneten die Custom GPTs 56,5 Millionen Besuche.
Ohne die von OpenAI selbst entwickelten GPTs inklusive DALL-E waren es 50,5 Millionen Besuche, 3 Prozent mehr als im Februar und 68 Prozent mehr als im November. Die GPTs könnten nach den Plugins das nächste gescheiterte Mainstream-Projekt von OpenAI werden.
Mit einem weltweiten Wachstum von 13 Prozent im Monatsvergleich schneidet ChatGPT im Verhältnis schlechter ab als einige seiner Konkurrenten, insbesondere Anthropics Claude (claude.ai). Dessen Traffic stieg im März um 161 Prozent, allerdings von einer viel kleineren Basis aus. Allerdings ist Claude in Europa nur über API und nicht über das Webinterface zugänglich. Hier besteht also noch erhebliches Wachstumspotenzial.
Der Anstieg spiegelt die Veröffentlichung von Claude 3 im März wider. Die neueste Version des Large Language Model von Anthropic übertrifft einigen Schätzungen zufolge GPT-4 von OpenAI.
Google Gemini verzeichnete im März gegenüber dem Vormonat einen Anstieg um 37 % auf 433,5 Millionen Besuche weltweit. Das sind zwar immer noch Dimensionen unter den 1,77 Milliarden Visits von ChatGPT. Aber immerhin: Als Google im März 2023 sein KI-Chat-Produkt unter dem Namen Bard startete, erreichte die Plattform nur 30,6 Millionen Visits.
Die Persona-Chat-Plattform Character AI (character.ai) verzeichnete im März ein Wachstum von 19 Prozent gegenüber dem Vormonat und von 99 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Plattform verzeichnete 213 Millionen Besuche.
Die KI-basierte Suchmaschine Perplexity (perplexity.ai) steigerte ihren Traffic im Monatsvergleich um 24 Prozent und im Jahresvergleich um 288 Prozent auf 61,5 Millionen Visits.
Bei allen Zahlen ist zu beachten, dass die Zugriffe auf Webseiten nur einen Teil des Wachstums ausmachen. Bis auf Character.ai vertreiben alle genannten Anbieter ihre Modelle auch über Programmierschnittstellen und bieten zum Teil Apps für Smartphones an.
Vorsprung von ChatGPT bleibt riesig
Trotz stagnierender Wachstumsraten bleibt ChatGPT die mit Abstand führende KI-Chat-Plattform. Eine Ausnahme bilden die integrierten Angebote von Microsoft und Google. Microsoft integriert KI-Funktionen wie die von OpenAI lizenzierte Technologie in vielfältiger Form, etwa in die Suchmaschine Bing, das CoPilot-Portal und zahlreiche Produkte. Hier wird die Messung laut Similarweb zu unübersichtlich, weshalb die Zahlen aus der Statistik ausgeschlossen wurden.
Auch bei Google wird es unübersichtlicher: Neben dem separaten Portal für Gemini (gemini.google.com), dem Nachfolger von Bard, beginnt der Konzern, den KI-Chat in die regulären Suchergebnisse zu integrieren. Sogar in den SMS-Nachfolger bei Android ist Gemini integriert. Die Zahlen für die eigenständige Plattform Gemini sind daher, wie bei Microsoft, nur bedingt aussagekräftig, stellen aber dennoch einen Indikator für die Entwicklung der Plattform dar.
Unter den eigenständigen KI-Chatplattformen bleibt ChatGPT jedoch mit Abstand die Nummer eins. Anthropic holt mit Claude auf, erreicht aber bisher nur einen Bruchteil der Reichweite von OpenAI.
Dennoch zeigt der rasante Anstieg nach dem Release von Claude 3, wie schnell sich die Situation ändern kann, wenn ein Anbieter mit einem überzeugenden neuen Produkt aufwartet.
Der Burggraben für die Modellhersteller scheint eher kleiner zu werden, auch angesichts der Fortschritte in der Open-Source-Entwicklung, die ebenfalls von Big Tech besetzt wird, insbesondere von Meta mit Llama. Llama 3 ist in den Startlöchern und soll mit GPT-4 mithalten können.
OpenAI steht mit GPT-5 bereits unter Druck, wenn es einen weiteren signifikanten Wachstumsschub auslösen und seine hohe Bewertung bestätigen will.