Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften würdigt bahnbrechende Fortschritte bei der Vorhersage und Gestaltung von Proteinstrukturen. Der Preis geht an David Baker für das Computerdesign von Proteinen sowie an Demis Hassabis und John Jumper für die KI-gestützte Vorhersage von Proteinstrukturen.
Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hat den Nobelpreis für Chemie 2024 an drei Forscher verliehen, die entscheidende Fortschritte bei der Entschlüsselung und Gestaltung von Proteinstrukturen erzielt haben. Eine Hälfte des Preises geht an David Baker von der University of Washington für seine Pionierarbeit im Computerdesign von Proteinen. Die andere Hälfte teilen sich Demis Hassabis und John Jumper von Google DeepMind für die Entwicklung des KI-Systems AlphaFold zur Vorhersage von Proteinstrukturen.
Proteine sind die chemischen Werkzeuge des Lebens und steuern nahezu alle Prozesse in Zellen. Ihre Funktion hängt entscheidend von ihrer dreidimensionalen Struktur ab, der sogenannten Faltung. Die Vorhersage dieser Strukturen galt jahrzehntelang als eine der größten Herausforderungen der Wissenschaft.
David Baker gelang es, völlig neuartige Proteine am Computer zu entwerfen. Seine Forschungsgruppe hat seitdem zahlreiche kreative Proteindesigns hervorgebracht, die als Medikamente, Impfstoffe oder Nanomaterialien eingesetzt werden können.
Demis Hassabis und John Jumper lösten mit ihrem KI-System AlphaFold ein 50 Jahre altes Problem: die zuverlässige Vorhersage von Proteinstrukturen allein aus der Aminosäuresequenz. Ihr Durchbruch erfolgte 2020 mit der Vorstellung von AlphaFold 2 beim CASP-Wettbewerb (Critical Assessment of Protein Structure Prediction).
Der CASP-Wettbewerb, der seit 1994 alle zwei Jahre stattfindet, bewertet Methoden zur Vorhersage von Proteinstrukturen. Teilnehmer müssen Strukturen von Proteinen vorhersagen, die zwar experimentell bestimmt, aber noch nicht veröffentlicht wurden.
AlphaFold 2 brachte den Durchbruch
Bereits 2018 hatte eine frühe Version von AlphaFold den CASP-Wettbewerb gewonnen. Doch erst AlphaFold 2 sagte Proteinstrukturen mit einer Genauigkeit vorher, die mit aufwendigen Laborexperimenten vergleichbar ist.
AlphaFold 2 nutzt einen als "Attention" bekannten KI-Mechanismus, der auch in der Sprachverarbeitung eingesetzt wird. Das System berücksichtigt dabei evolutionär verwandte Sequenzen sowie physikalische und geometrische Einschränkungen der Proteinfaltung.
Seit der Veröffentlichung von AlphaFold 2 hat Google DeepMind die Technologie kontinuierlich weiterentwickelt. 2024 wurde AlphaFold 3 vorgestellt, das nicht nur Proteinstrukturen, sondern auch Wechselwirkungen zwischen Proteinen, DNA, RNA und anderen Molekülen vorhersagen kann.
Die Entdeckungen der Preisträger haben enorme Auswirkungen auf die Wissenschaft. Sie ermöglichen ein besseres Verständnis biologischer Prozesse und beschleunigen die Entwicklung neuer Medikamente. Laut dem Nobelkomitee eröffnen die computergestützten Methoden zur Proteinstrukturvorhersage und zum Proteindesign "gewaltige Möglichkeiten".