Die Behörden in Singapur haben drei Männer wegen mutmaßlichen Betrugs beim Handel mit hochleistungsfähigen KI-Prozessoren angeklagt. Gleichzeitig floriert ein Untergrundmarkt, auf dem chinesische Käufer trotz der US-Sanktionen Zugang zur neuesten Nvidia-Technologie erhalten.
In Singapur haben die Behörden nach einem Bericht der Financial Times einen mutmaßlichen Umgehungskanal für US-Exportkontrollen aufgedeckt. Nach Razzien an 22 Standorten seien drei Männer wegen Betrugs angeklagt worden, teilte die Regierung des Stadtstaates mit. Ins Rollen gekommen war der Fall durch einen Hinweis, dass Server mit sanktionierten Komponenten nach Malaysia geliefert wurden.
Unter den Beschuldigten befinden sich zwei hochrangige Manager eines singapurischen Cloud-Dienstleisters sowie ein chinesischer Staatsbürger, insgesamt wurden neun Personen festgenommen. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen Haftstrafen von bis zu 20 Jahren.
Der Stadtstaat war zuletzt in den Fokus gerückt, nachdem bekannt geworden war, dass Nvidia dort erhebliche Umsätze verbucht - rund ein Viertel seines Umsatzes - obwohl die meisten Transaktionen reine Buchungsvorgänge sind, bei denen die Hardware das Land nie physisch erreicht.
"Wir werden nicht zulassen, dass Singapur als Plattform zur Umgehung internationaler Handelsbeschränkungen missbraucht wird", betonte Innenminister K. Shanmugam. Die Ermittlungen sollen nun klären, ob die Ware tatsächlich für den malaysischen Markt bestimmt war oder von dort weitergeleitet werden sollte.
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Gleichzeitig zeigen Recherchen des Wall Street Journal, dass sich ein ausgeklügeltes System entwickelt hat, um die US-Sanktionen gegen China zu umgehen. Was mit einzelnen Schmugglern begann, die kleine Mengen von Chips über die Grenze brachten, hat sich zu einem professionellen Geschäftsmodell entwickelt. Bereits im Herbst letzten Jahres wurde beispielsweise der Fall des indischen Pharmaunternehmens Shreya Life Sciences bekannt, das über 1.000 Server nach Russland lieferte.
Auch Händler in China bieten mittlerweile komplette Serversysteme mit Nvidias neuesten Blackwell-Prozessoren an - trotz strikter US-Exportverbote. Die Lieferketten laufen über Drittländer wie Vietnam, Taiwan oder Malaysia, wo offizielle Nvidia-Partner als Zwischenhändler fungieren.
Die Knappheit treibt die Preise: Für Server mit den begehrten Blackwell-Chips werden in China Aufpreise von mehreren zehntausend Dollar verlangt. Auch die älteren, aber ebenfalls sanktionierten H200-Prozessoren wechseln zu Premiumpreisen den Besitzer.
Auch wenn keine genauen Stückzahlen bekannt sind, dürfte die Zahl der tatsächlich ausgelieferten Chips weit unter den Größenordnungen liegen, die amerikanische Unternehmen bestellt haben. Nvidia betonte in einer Stellungnahme zudem, dass Systeme aus dubiosen Quellen ohne offiziellen Support und Wartung für professionelle Anwender kaum zu gebrauchen seien. Die US-Sanktionen werden zudem wohl weiter zunehmen: Die Trump-Regierung plant, die von Biden vorgelegte "AI Diffusion"-Regel weiter zu verschärfen.