Apple kämpft mit der Natur der generativen KI: Ein wahrscheinlichkeitsbasiertes System birgt immer Unwägbarkeiten. Die Frage ist daher, ob Apple in Sachen KI wirklich hinterherhinkt - oder nur höhere Ansprüche an seine Produkte stellt.
Die neuen KI-Funktionen von Apples Sprachassistentin Siri funktionieren laut einem Bericht von Bloomberg in lediglich 66 bis 80 Prozent der Fälle korrekt. Diese ernüchternde Bilanz zog Robby Walker, Senior Director bei Apple, in einem internen All-Hands-Meeting der Siri-Abteilung.
Die neuen Funktionen sollen Siri befähigen, auf persönliche Daten der Nutzer zuzugreifen und präziser mit Apps zu interagieren. Walker zeigte intern Beispiele, wie Siri etwa eine Führerscheinnummer oder Fotos bestimmter Personen schnell finden oder E-Mails eigenständig bearbeiten kann.
Die für dieses Frühjahr geplanten Features werden nun frühestens 2026 mit iOS 19 erscheinen. Walker bezeichnete die Verzögerungen als "hässlich und peinlich", besonders weil Apple die Funktionen bereits öffentlich präsentiert und beworben hatte. Selbst der neue Zeitplan für 2026 ist nicht in Stein gemeißelt. Walker deutete an, dass andere Projekte möglicherweise Vorrang haben könnten.
Bei der Entwicklerkonferenz WWDC im Juni 2024 hatte Apple nur einen kaum funktionierenden Prototyp, obwohl die neue Siri schon in einem aufgezeichneten Video demonstriert und in Werbekampagnen und TV-Spots präsentiert wurde.
Personelle Konsequenzen auf Führungsebene sind laut Bloomberg vorerst nicht geplant. Allerdings sollen mehr Senior-Manager unter KI-Chef John Giannandrea gebracht werden, um die Entwicklung zu beschleunigen. Für 2027 plant Apple laut Bloomberg weitere Upgrades, die Siri gesprächiger machen und besser mit anderen KI-Chatbots konkurrieren lassen sollen.
Die Skalierungsfalle generativer KI
Trotz der Probleme lobte Walker ausdrücklich die geleistete Arbeit seines Teams. Apple lege großen Wert auf Qualität, weshalb man keine unfertigen Produkte veröffentlichen wolle – selbst wenn die Konkurrenz möglicherweise weniger Hemmungen hätte.
Das zeigt allerdings auch das Dilemma, in dem Apple hier steckt: Selbst wenn der Konzern bei generativer KI dem Wettbewerb voraus wäre, ist es möglich, dass der aktuelle technische Stand es Apple unmöglich macht, bestimmte Funktionen über hunderte Millionen Geräte weltweit zu skalieren.
Selbst eine Erfolgsrate von 95 Prozent hätte immer noch Millionen von Fehlfunktionen zur Folge. OpenAI etwa rollt derweil unfertige Technologien wie den Agenten "Operator", der noch dazu schwere Sicherheitslücken haben kann, als "Forschungsvorschau" aus.
In einem ähnlichen Dilemma befindet sich Google mit seiner KI-Suche. Während kleinere Unternehmen wie OpenAI oder Perplexity unfertige KI-Such-Produkte veröffentlichen können, die Fehler generieren, steht Google unter besonderer Beobachtung. Fehlerhafte Produkte hätten aufgrund der enormen Distribution ein viel höheres Rückschlagpotenzial.
Google scheint hier aber allmählich - oder unter wachsendem Druck - die Bedenken aufzugeben und gibt einfach im Vorhinein zu, dass die eigene KI-Suche Fehler machen wird. "Wie bei jedem KI-Produkt im Frühstadium werden wir nicht immer alles richtig machen", heiß es bei der Ankündigung des neuen "AI Mode" für die Google Suche. Auch Meta bei Meta AI und Microsoft bei Copilot nehmen teils gravierende Fehler in Kauf. Das politische Klima gerade in den USA, wo es die neue Regierung mit Fakten ohnehin nicht so genau nimmt, dürfte den Technologiekonzernen hier in die Karten spielen.