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Eine neue Studie von Forschern der Stanford University, basierend auf Lohndaten von Millionen US-Arbeitnehmern, zeigt: Seit der breiten Einführung von KI-Tools wie ChatGPT sind die Beschäftigungszahlen für junge Menschen in stark betroffenen Berufen deutlich gesunken. Erfahrene Kollegen und weniger exponierte Berufsfelder bleiben hingegen stabil oder wachsen.

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Forscher der Stanford University haben in einer neuen Studie die ersten großflächigen Auswirkungen von generativer künstlicher Intelligenz auf den US-Arbeitsmarkt untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Technologie vor allem die Jobaussichten für Berufseinsteiger schmälert. Laut der Studie, die auf anonymisierten Lohndaten des Anbieters ADP von Millionen von Arbeitnehmern bis Juli 2025 basiert, ist die Beschäftigung für junge Arbeitnehmer im Alter von 22 bis 25 Jahren in den am stärksten von KI betroffenen Berufen seit Ende 2022 relativ um 13 Prozent zurückgegangen.

Im Gegensatz dazu blieb die Beschäftigung für erfahrenere Arbeitskräfte in denselben Berufen und für Arbeitnehmer in weniger KI-exponierten Bereichen stabil oder wuchs sogar. Die Forscher präsentieren sechs zentrale Fakten, die diese Entwicklung untermauern.

Sechs Fakten zeigen den KI-Einfluss auf den Arbeitsmarkt

(1) Der Beschäftigungsrückgang ust überproportional bei jungen Arbeitnehmern zu beobachten. Als Fallbeispiele nennen die Forscher Softwareentwickler und Kundendienstmitarbeiter. In der Gruppe der 22- bis 25-jährigen Softwareentwickler sei die Beschäftigung seit ihrem Höchststand Ende 2022 um fast 20 Prozent gesunken. Bei älteren Kollegen in derselben Branche stiegen die Zahlen hingegen weiter. In Berufen mit geringer KI-Exposition, wie bei Gesundheitshilfen, wuchs die Beschäftigung für junge Menschen sogar schneller als für ältere.

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(2) Das Beschäftigungswachstum für junge Arbeitskräfte hat sich insgesamt verlangsamt, obwohl der US-Arbeitsmarkt robust bleibt. Die Studie führt dies direkt auf die KI-Entwicklung zurück: In stark exponierten Berufen sank die Beschäftigung der 22- bis 25-Jährigen um 6 Prozent, während sie für die Altersgruppe von 35 bis 49 Jahren um über 9 Prozent zunahm.

Bild: Brynjolfsson et al.

(3) Der Effekt hängt stark von der Art der KI-Nutzung ab. Die Studie unterscheidet mithilfe von Daten des KI-Modells Claude von Anthropic zwischen automatisierenden und augmentierenden (unterstützenden) KI-Anwendungen. Der Job-Rückgang für Berufseinsteiger konzentriert sich demnach auf Berufe, in denen KI Aufgaben direkt automatisiert und menschliche Arbeit ersetzt. In Berufen, in denen KI die menschliche Arbeit lediglich ergänzt, stieg die Beschäftigung für junge Leute sogar.

(4) Die beobachteten Muster sind nicht durch allgemeine wirtschaftliche Schocks für bestimmte Firmen oder Branchen zu erklären. Die Forscher nutzten ein statistisches Verfahren, um firmenspezifische Effekte wie konjunkturelle Dellen herauszurechnen. Auch nach dieser Bereinigung bleibt ein signifikanter relativer Beschäftigungsrückgang von etwa 13 Prozent für junge Arbeitnehmer in KI-exponierten Berufen bestehen. Für ältere Altersgruppen war dieser Effekt nicht statistisch signifikant.

(5) Die Anpassungen am Arbeitsmarkt finden primär über die Anzahl der Stellen und nicht über die Gehälter statt. Die Analyse der Lohndaten zeigte keine signifikanten Veränderungen bei den Gehaltstrends, was die Forscher auf eine kurzfristige Lohnrigidität zurückführen.

(6) Die Ergebnisse sind robust: Sie bleiben auch nach dem Ausschluss von Computerberufen oder dem Technologiesektor bestehen und gelten sowohl für Berufe, die im Homeoffice ausgeübt werden können, als auch für solche, bei denen das nicht der Fall ist. Besonders aufschlussreich ist die Analyse nach Bildungsgrad: Der Effekt ist in Berufen mit hohem und niedrigem Akademikeranteil sichtbar. In Berufen mit geringem Akademikeranteil scheint Erfahrung zudem weniger Schutz zu bieten, da hier die negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung bis zur Altersgruppe der 40-Jährigen zu beobachten sind.

Empfehlung

KI ersetzt "Buchwissen", aber nicht Erfahrung

Als mögliche Erklärung für ihre Beobachtungen führen die Forscher die Unterscheidung zwischen kodifiziertem und implizitem Wissen an. Generative KI sei besonders gut darin, "kodifiziertes Wissen" zu ersetzen – also Fakten und formale Kenntnisse, die in der Ausbildung und im Studium erlernt werden. Dagegen könne sie "implizites Wissen" (tacit knowledge), das sich aus praktischer Erfahrung, Intuition und erlernten "Tricks des Handwerks" zusammensetzt, kaum ersetzen. Da Berufseinsteiger hauptsächlich über kodifiziertes Wissen verfügen, seien sie stärker von der Verdrängung durch KI betroffen als ihre erfahrenen Kollegen.

Die Autoren der Studie betonen, dass ihre umfangreiche Datenbasis eine präzisere Analyse erlaubt als öffentlich zugängliche Statistiken. Sie wollen die Entwicklung weiter beobachten, um festzustellen, ob sich die Trends fortsetzen oder ob es zu einer Anpassung des Arbeitsmarktes kommt, wie es bei früheren technologischen Umwälzungen der Fall war.

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Zusammenfassung
  • Laut einer groß angelegten Studie der Stanford University ist die Beschäftigung für junge Arbeitnehmer in den am stärksten von KI betroffenen Berufen seit Ende 2022 um rund 13 Prozent zurückgegangen, während erfahrene Kollegen und weniger KI-exponierte Berufsfelder stabil blieben oder wuchsen.
  • Der Rückgang betrifft vor allem Berufseinsteiger in Bereichen, in denen KI Aufgaben automatisiert und menschliche Arbeit ersetzt; in Berufen, in denen KI eher unterstützend wirkt, konnte die Beschäftigung junger Menschen sogar steigen.
  • Die Forscher führen die Entwicklung darauf zurück, dass generative KI vor allem "Buchwissen" ersetzt, während praktische Erfahrung weiterhin gefragt ist; Gehälter blieben bisher stabil, und die Effekte zeigen sich unabhängig vom Bildungsgrad und Sektor.
Quellen
Max ist leitender Redakteur bei THE DECODER. Als studierter Philosoph beschäftigt er sich mit dem Bewusstsein, KI und der Frage, ob Maschinen wirklich denken können oder nur so tun als ob.
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