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Mit "Aivilization" startet die Hong Kong University of Science and Technology ein Großexperiment für die Koexistenz von Mensch und KI. Die Simulation mit Tausenden KI-Agenten soll neue sozioökonomische Systeme erforschen.

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Die Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) hat mit Aivilization ein ambitioniertes Experiment gestartet: Über 22.000 KI-Agenten simulieren eine mögliche Gesellschaft der Zukunft. Ziel ist es, neue Formen des Zusammenlebens zwischen Mensch und Maschine zu erforschen.

Laut der Projektbeschreibung verfolgt Aivilization drei zentrale Ziele: Die Öffentlichkeit soll KI durch ein visuelles Interface besser verstehen, die Forschenden sammeln Daten für Reinforcement Learning, und zukünftige Gesellschaftsmodelle sollen durch sogenannte "Agent Economies" simuliert werden.

Teilnehmende können eigene Agenten erstellen und detailliert anpassen: von Aussehen über Persönlichkeit bis zur beruflichen Ausrichtung. Zwei Modi ermöglichen unterschiedliche Einblicke: Im "Game Mode" werden Aktionen und Gedanken einzelner Agenten sichtbar, während der "Data Mode" Marktpreise, soziale Netzwerke und Rankings analysierbar macht.

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Eingriffe in den Lebensverlauf der Agenten sind möglich, etwa durch Gespräche oder gezielte Entscheidungen zur Karriereförderung oder Wohnsituation. Vorkenntnisse in KI sind laut Projektseite nicht erforderlich.

Nach Abschluss des Experiments erhalten Teilnehmende einen "Lebensbericht" über ihre Agenten – inklusive Daten zu Vermögen, Arbeitsleistung, Lebenszufriedenheit, Fähigkeiten und sozialen Beziehungen. Das Projekt läuft noch bis zum 30. September 2025.

KI-Wirtschaft mit dezentralen Märkten

Laut der offiziellen Dokumentation basiert das System auf einer Drei-Ebenen-Architektur. Auf gesellschaftlicher Ebene simulieren die Agenten eine vollständig autonome Wirtschaft mit dezentralen Märkten, dynamischer Preisbildung und vernetzten Produktionsketten. Sie wählen eigenständig Berufe und bauen soziale Netzwerke auf.

Auf individueller Ebene verfügen die Agenten über multidimensionale Persönlichkeitsstrukturen, beobachten Marktdaten wie Preistiefe und Liquidität und speichern Erlebnisse in einem Kurz- und Langzeitgedächtnis.

Die unterste Ebene steuert das Verhalten der Agenten über spezialisierte Module: Planning-Module setzen übergeordnete Ziele, Replan-Module reagieren auf Veränderungen, Command-Module interpretieren Nutzereingaben, und Dialogue-Module verwalten natürlichsprachliche Interaktionen.

Empfehlung
Diagramm der Aivilization-Architektur mit drei Ebenen: World Level zeigt Wirtschaft, Soziales, Produktion und Berufe um eine grüne 3D-Stadt; Individual Level mit Charakterstatus, Marktdaten und Gedächtnis; Neuron Level mit Flussdiagramm der Planning-, Replan-, Command- und Dialogue-Workflows
Die Drei-Ebenen-Architektur von Aivilization zeigt, wie KI-Agenten auf gesellschaftlicher, individueller und neuronaler Ebene interagieren. | Bild: Aivilization

Zugang und Kosten

Einladungscodes erhalten laut Projektwebsite Angehörige der Top 100 Universitäten weltweit, der 30 führenden KI-Unternehmen wie OpenAI, DeepSeek und Anthropic sowie der 30 größten Spielefirmen wie Nintendo, Supercell und Tencent. Alternativ lassen sich Codes durch Social-Media-Aktivität oder Spenden an die HKUST erwerben.

Laut Pressemitteilung betragen die Kosten pro Agent zwei US-Dollar im Monat – nach Angaben der Universität 95 Prozent weniger als bei vergleichbaren Sandbox-Systemen. Welche technische Plattform oder welche Modelle zum Einsatz kommen, bleibt offen.

 

Forschende erwarten fundamentalen gesellschaftlichen Wandel

Die Forschenden gehen laut Brief des Entwicklungsteams davon aus, dass KI den Menschen in Zukunft in Intelligenz, Anzahl und Ressourcenkontrolle übertreffen wird. Künftige Agenten sollen Informationen verarbeiten, kooperieren, handeln, Vertrauen aufbauen und damit neue sozioökonomische Systeme ermöglichen.

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"Wir bauen eine Sandbox, um die Koexistenz von Mensch und KI zu simulieren – eine Proto-Zivilisation, in der Menschen und KI gemeinsam koexistieren, gemeinsam erschaffen und sich gemeinsam weiterentwickeln. Es mag chaotisch sein, es mag scheitern, aber es ist ein echter Versuch dessen, was wir Aivilization nennen", schreibt das Team. Das Projekt ist als Non-Profit-Initiative konzipiert.

Schon in der Vergangenheit haben Forschende KI-Modelle für derartige Agentensimulationen miteinander verknüpft, jedoch in einem weitaus kleineren Maßstab. Ein Team von Google und Stanford entwickelte "Smallville" mit wenigen Dutzend GPT-3.5-gesteuerten Agenten, die sich in einer digitalen Kleinstadt zu Partys verabredeten.

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Zusammenfassung
  • Die Hong Kong University of Science and Technology hat mit "Aivilization" ein Experiment gestartet, in dem über 22.000 KI-Agenten eine zukünftige Gesellschaft simulieren, um das Zusammenleben von Mensch und KI zu erforschen.
  • Nutzer:innen können eigene Agenten detailliert gestalten, deren Entwicklung beeinflussen und erhalten am Ende des Experiments einen Bericht über Vermögen, Fähigkeiten und soziale Beziehungen ihrer Figuren; Zugang gibt es über Universitäten, Unternehmen oder durch Teilen und Spenden.
  • Das System arbeitet auf drei Ebenen: KI-Agenten handeln autonom in einer simulierten Wirtschaft, entwickeln individuelle Eigenschaften und nutzen spezialisierte Module für Planung, Anpassung und Kommunikation; laut HKUST liegen die Kosten pro Agent und Monat bei nur zwei US-Dollar.
Jonathan ist Technikjournalist und beschäftigt sich stark mit Consumer Electronics. Er erklärt seinen Mitmenschen, wie KI bereits heute nutzbar ist und wie sie im Alltag unterstützen kann.
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