OpenAIs und Microsofts AGI-Theater steckt voller Widersprüche
									
					Vergangene Woche haben Microsoft und OpenAI angekündigt, selbst festlegen zu wollen, wann sogenannte AGI (Artificial General Intelligence) erreicht ist, und anschließend ein Expertengremium einzuberufen, das diesen Zustand bestätigt.
Wie AGI eigentlich definiert wird, nach welchen Kriterien das Gremium urteilen soll und wer dort überhaupt sitzt, bleibt unklar. Es gibt keine öffentlich einsehbaren Maßstäbe, keine unabhängige Kontrolle und keine Transparenz im Verfahren. Die Entscheidung über das Erreichen von AGI liegt ausgerechnet bei den Unternehmen selbst, also bei jenen, die vertraglich und wirtschaftlich am meisten profitieren.
Vage Begriffe, konkrete Milliarden
Wie diffus das Konzept bleibt, zeigt ein aktuelles Gespräch zwischen OpenAI-CEO Sam Altman und Chief Scientist Jakub Pachocki. Beide kündigen an, bis März 2028 einen vollständig autonomen KI-Forscher entwickeln zu wollen – und erklären, man werde dann "definieren, was das bedeutet", statt zu versuchen, "alle mit einer Definition von AGI" zufriedenzustellen.
Altman verschiebt die Debatte also von einer abstrakten Definition auf ein beliebiges Leistungsziel und lässt elegant offen, ob ein solcher Forscher bei OpenAI dann tatsächlich schon als AGI gilt.
Erst kurz zuvor, im August, hatte Altman AGI als "nicht besonders nützlichen Begriff" bezeichnet; offenbar aber nützlich genug, um ihn zur Grundlage milliardenschwerer Verträge mit Microsoft zu machen. Es kommt noch besser. Microsoft-CEO Satya Nadella sagte in einem Podcast im Februar – ich zitiere: "Dass wir uns selbst irgendeinen AGI-Meilenstein zuschreiben, das ist für mich einfach unsinniges Benchmark-Hacking."
Reicht noch nicht? Da geht noch was.
Im März 2025 veröffentlichte OpenAI einen Blogbeitrag, in dem sich das Unternehmen ausdrücklich von der Vorstellung verabschiedete, AGI sei ein singulär definierbarer Moment. Stattdessen sei "die erste AGI" nur ein Punkt auf einem kontinuierlichen Pfad zunehmend leistungsfähiger KI-Systeme.
We used to view the development of AGI as a discontinuous moment when our AI systems would transform from solving toy problems to world-changing ones. We now view the first AGI as just one point along a series of systems of increasing usefulness.
Doch der neue Vertrag mit Microsoft koppelt zentrale ökonomische und IP-Regeln an ein singuläres Ereignis: die Deklaration von AGI durch OpenAI. Damit geht die zuvor aus Sicherheitsgründen propagierte "viele Schritte"-Perspektive weitgehend verloren. Statt überprüfbarer Zwischenschritte entscheidet jetzt also doch ein binärer Kippschalter.
Die Mitteilung von Microsoft und OpenAI inszeniert also ein bedeutungsschweres Ereignis, bleibt aber inhaltlich bemerkenswert substanzlos, gerade angesichts der zentralen Rolle, die AGI in der strategischen Selbstdarstellung beider Unternehmen spielt und mit der Milliarden bewegt werden. Für jene, die im aktuellen KI- und AGI-Hype primär große Worte und wenig belastbare Substanz sehen, liefert dieses Vorgehen weiteren Anlass zur Skepsis.