ChatGPT wird zum Einkaufs-Agenten, der autonom Produkte recherchiert und vergleicht
Kurz & Knapp
- OpenAI hat mit "Shopping Research" eine neue Funktion in ChatGPT eingeführt, die Nutzern bei komplexen Kaufentscheidungen helfen soll.
- Das System recherchiert eigenständig im Internet, stellt Rückfragen und fasst Ergebnisse in einem visuellen Einkaufsführer zusammen.
- Die Funktion basiert auf einer speziell trainierten Version von "GPT-5 mini". Nutzer können über ein neues Interface Produkte bewerten, was die Suche in Echtzeit anpasst.
OpenAI hat heute „Shopping Research“ vorgestellt, eine neue Funktion innerhalb von ChatGPT, die Nutzern bei der Produktsuche helfen soll. Die Personalisierung durch das „Memory“-Gedächtnis könnte hier eine neue Dimension erreichen; das hat Potenzial im Guten wie im Schlechten.
Anders als eine herkömmliche Suchmaschine agiert das System als Agent: Es stellt Rückfragen, durchsucht das Internet nach aktuellen Informationen und bereitet die Ergebnisse in einem visuellen Einkaufsführer auf. Die Funktion wird ab sofort für eingeloggte Nutzer der Free-, Go-, Plus- und Pro-Pläne ausgerollt. Während des Weihnachtsgeschäfts soll die Nutzung für alle Preisstufen weitgehend unbegrenzt möglich sein.
Laut OpenAI ist das Tool für „tiefere Entscheidungsprozesse“ konzipiert. Statt nur Preise abzurufen, soll der Agent komplexe Anfragen bewältigen – etwa „Finde den leisesten Akku-Staubsauger für eine kleine Wohnung“ oder den Vergleich dreier spezifischer Fahrräder. Der Prozess beginnt meist mit klärenden Fragen zu Budget oder Vorlieben, gefolgt von einer autonomen Recherche und einer Übersicht mit Vor- und Nachteilen.
Werbung war nie persönlicher
Der Agent nutzt zudem bestehende Features wie das „Memory“-Gedächtnis. Weiß ChatGPT aus früheren Konversationen, dass ein Nutzer Videospiele mag, berücksichtigt es dies bei der Laptop-Suche. Die Benutzeroberfläche bietet visuelle Feedback-Optionen („Nicht interessiert“, „Mehr davon“), um die Ergebnisse in Echtzeit anzupassen.
Damit bestätigt sich ein früherer Bericht von The Information, dass OpenAI intern prüft, die Memory-Funktion von ChatGPT für die Personalisierung von Werbung zu nutzen. Rund 20 Prozent der Belegschaft sollen mittlerweile von Meta stammen, was laut Insidern zu einem Kulturwandel hin zu aggressiveren Wachstumsstrategien geführt hat.
CEO Sam Altman hatte in der Vergangenheit noch explizit vor genau dieser Entwicklung gewarnt: „Man kann sich leicht die dystopischen Zukunftsvisionen vorstellen, in denen man ChatGPT etwas fragt und es antwortet: ‚Du solltest über den Kauf dieses Produkts nachdenken‘ oder ‚Du solltest hier Urlaub machen‘ oder was auch immer.“ Er schätze OpenAIs einfaches Geschäftsmodell, bei dem der Nutzer bezahle und nicht das Produkt sei.
Mit dem neuen Shopping-Agenten, der persönliche Daten aus dem Gedächtnis für Kaufempfehlungen nutzt, scheint für genau dieses Szenario nun die Grundlage gelegt – getrieben vom Druck, die massive Unternehmensbewertung zu rechtfertigen. OpenAI könnte hier gleich mehrfach profitieren: durch die Auswertung von Nutzerdaten für gezielte Werbung sowie durch prozentuale Beteiligungen an vermittelten Käufen.
Deep Research für E-Commerce
Technisch wird „Shopping Research“ laut OpenAI von einer Version von „GPT-5-Thinking-mini“ angetrieben. Das Modell wurde mittels Reinforcement Learning speziell für Einkaufsaufgaben trainiert, um vertrauenswürdige Seiten zu lesen und Informationen zu synthetisieren. Das klingt nach der schon bekannten Deep-Research-Funktion (" researches deeply across the internet"), die aber für Einkaufszwecke optimiert wurde.
In einer internen Evaluation zur „Produkt-Genauigkeit“ erreicht dieses spezialisierte Modell laut OpenAI einen Wert von 64 Prozent. Zum Vergleich: Das Standard-Modell „GPT-5-Thinking“ kommt auf 56 Prozent, die normale „ChatGPT Search“ auf 37 Prozent. Trotz der spezialisierten Architektur warnt das Unternehmen vor Fehlern. Das Modell könne sich bei Details wie Preis oder Verfügbarkeit irren.
| Model | Product Accuracy |
|---|---|
| Shopping research* | 64% |
| GPT-5-Thinking | 56% |
| GPT-5-Thinking-mini | 52% |
| ChatGPT Search | 37% |
Die Benutzeroberfläche unterscheidet sich vom klassischen Chat: Nutzer erhalten eine visuelle Darstellung, in der sie Produkte als „Nicht interessiert“ oder „Mehr davon“ markieren können. Dieses Feedback soll die laufende Recherche in Echtzeit anpassen.
Für Nutzer des „ChatGPT Pro“-Abos wird die Funktion in das „Pulse“-Feature integriert. Dieses kann proaktiv Einkaufsführer vorschlagen, basierend auf vergangenen Themen. Wer beispielsweise über E-Bikes diskutiert hat, könnte später gezielt Vorschläge für passendes Zubehör erhalten – was im Ergebnis auf eine personalisierte Werbeansprache hinausläuft.
Ein direkter Kauf über ChatGPT ist derzeit noch nicht möglich, Nutzer müssen dazu auf die verlinkten Händlerseiten klicken. Teilnehmende Händler sollen in Zukunft einen „Instant Checkout“ direkt im Chat anbieten können.
OpenAI betont, dass die Suchergebnisse organisch seien und auf öffentlich verfügbaren Informationen basieren. Chats würden nicht mit Einzelhändlern geteilt. Händler können sich allerdings auf eine Allowlist setzen lassen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte in den Ergebnissen auftauchen können.
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