Der Comic "Stargazer Episode Zero" ist vollständig mit KI-genierten Bildern illustriert. Sein Erschaffer, Adam Rodriguez, fühlte sich dabei laut eigenen Angaben so, als hätte er Zugang zur "talentiertesten Grafikabteilung der Geschichte" - ohne Budgetlimit.
Stargazer Episode Zero erzählt die Geschichte amerikanischer Soldaten in Vietnam neu: Sie stoßen auf eine kosmische Anomalie, die ihr Leben und die Zukunft unserer Welt für immer verändern wird.
Klingt nach einer typischen Sci-Fi-Story? Vielleicht - aber die Besonderheit ist, wie der Comic entstanden ist.
Wie Rodriguez das Konsistenz-Problem löste
Alle Panels auf den insgesamt 17 Seiten wurden mithilfe von Midjourney illustriert. Anders als die kürzlich erschienene Grafik-Novelle zum Roman "Star Maker" bearbeitete Künstler Adam Rodriguez viele Bilder intensiv nach, insbesondere um die Konsistenz bei den Charakteren sicherzustellen.
Denn gerade die Konsistenz ist eine Schwachstelle aktueller Bild-KI-Systeme, die selbst zum gleichen Prompt völlig verschiedene Bilder ausgeben können. Aber für eine zusammenhängende Geschichte, die stark an Charakteren hängt, ist Konsistenz unverzichtbar.
Zusätzlich zur Nachbearbeitung verwendete Adam einen Trick für mehr Konsistenz in den Midjourney-Ausgaben: In seinen Prompts erwähnte er berühmte Personen, denen seine Comic-Charaktere ähneln sollten.
"Wenn ich mich nicht auf eine berühmte Person bezog und ein Ergebnis erhielt, das mir gefiel, habe ich eine Reihe von Variationen und Wiederholungen erstellt, um eine kleine Bibliothek aufzubauen", sagt Rodriguez und verrät einen weiteren kreativen Kniff: "Außerdem habe ich für die Geschichte mehr als ein paar Aufnahmen mit dem Rücken zur Kamera gemacht."
Für die Zukunft wünscht er sich, dass man ein Gesicht etwa als Variable speichern und in Kompositionen immer wieder abrufen könnte. Das würde das Storytelling enorm erleichtern. In Ansätzen würde das bereits funktionieren, etwa über eine Seed-Nummer oder ein Image Weight. Der Künstler erwartet schnell Fortschritte in diesem Bereich.
Midjourney + Mensch = Comic
Ursprünglich wollte Rodriguez möglichst den gesamten Comic mit Midjourney generieren. Er war begeistert von seinen ersten Versuchen und dem positiven Feedback, das er in Social Media erhielt. Doch er stieß schnell an die Grenzen des Systems.
"Ich konnte nicht annähernd die Qualität und Konsistenz erreichen, die ich mit einem einzigen Rendering erreichen wollte. Midjourney erzeugt einige fantastische Bilder, aber es gibt so viele Unterschiede, dass ich die Bilder mischen und die Elemente, die mir gefielen, kombinieren musste", sagt Rodriguez.
Manchmal sei ein glücklicher Zufall möglich. Aber in den meisten Fällen müsse man die Möglichkeiten in einer langen Serie an Renderings erkennen, die fern der eigenen Vision seien. Gelegentlich sei er frustriert gewesen, so Rodriguez, doch die Begeisterung und das Potenzial hätten seine Angst bei Weitem überholt.
Das häufig beschriebene Zusammenspiel zwischen Künstler und KI als Werkzeug greift schon beim Generierungsprozess: "Jedes Bild durchläuft viele Revisionen, erneute Renderings und Variationen. Ich bekomme selten beim ersten Prompt das richtige Bild und wenn man ungeduldig ist, erforscht man nicht alle kreativen Optionen", sagt Rodriguez.
Die Kunst- und Designbranche auf dem Weg zu neuen Workflows
Rodriguez kann laut eigenen Angaben selbst nicht zeichnen, obwohl er gerne würde. Deshalb hätten KI-Bildsysteme wie Midjourney eine hohe Anziehungskraft auf ihn. Dennoch glaubt er nicht, dass KI Künstler:innen ersetzen kann - aber der Arbeitsablauf würde sich verändern.
"Ich denke, die besten kreativen Ergebnisse werden durch den Einsatz von KI erzielt, die den Künstler inspiriert und anleitet, die Grenzen des bisher Möglichen zu überschreiten", sagt Rodriguez.
Zudem hätten Midjourney und Co. das Potenzial, Zeit und Geld im Prozess zu sparen. Für eine frühere Ausgabe des Stargazer-Comics arbeitete Rodriguez ursprünglich mit einer Illustratorin zusammen. Aber das nahm zu viel Zeit in Anspruch, um die Alien-Welten und -Figuren zu konzipieren und zu überarbeiten.
"Für einen unabhängigen Autor und Schöpfer ist es eine unglaubliche Sache, diese Ideen zuerst mit Midjourney hin und her schießen zu können. Das spart natürlich Zeit und Budget, aber wenn der Künstler die Idee aufgreift und sie ergänzt, glaube ich, dass wir wirklich in der Lage sein werden, einige unglaubliche Geschichten zu erzählen", sagt Rodriguez.
Er sieht menschliche Künstler insbesondere bei der Darstellung von Emotionen und Handlungen im Vorteil. Diese mit KI einzufangen sei schwierig und oft zufällig, sagt er. Deshalb hat er die Handlung von Stargazer in kleinen Schritten so verändert und improvisiert, dass sie mit den Illustrationen Hand in Hand geht.
"Ich möchte KI nutzen, um meine Ideen als Autor auszudrücken und neben der Kunst auch Geschichten zu erzählen. Ich habe das Gefühl, dass ich Zugang zur talentiertesten Kunstabteilung der Geschichte und zu einem unbegrenzten Budget habe. Sicher, wir sind verwöhnt von der schieren Macht dieser ganzen Technologie, aber man benötigt immer noch ein wenig menschliche Hilfe. Zumindest im Moment", sagt Rodriguez.
Stargazer Episode Zero ist bei Amazon erhältlich und erscheint demnächst in einem Sammelband mit weiteren KI-gestalteten Comics. Seit der Veröffentlichung belegt Stargazer Episode Zero, das in rund vier Wochen erstellt wurde, Top-10-Plätze in den Amazon Bestsellern. Derzeit ist es auf #1 in der Kategorie Sci-Fi.
