Seit über drei Jahrzehnten mischen deutsche Forscherinnen und Forscher auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz mit. Durch ihr Engagement bringen sie die technologische Entwicklung von KI voran und beeinflussen den öffentlichen Diskurs, entscheiden über Fördermaßnahmen und über die Ausrichtung des Forschungsfelds. Einige der bekanntesten Köpfe stellen wir hier vor.
Ob in Forschung, Politik, Öffentlichkeit oder Wirtschaft: Künstliche Intelligenz ist in Deutschland überall Thema, insbesondere mit Blick auf den technologischen Fortschritt und globalen Wettbewerb. Aus politischer und gesellschaftlicher Sicht ist KI von wesentlicher Bedeutung.
Institutionell verankert wurde der Begriff Künstliche Intelligenz erstmals im Jahr 1988 mit der Gründung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI). Mit der Pionier-Institution startete die KI-Forschung in der BRD mit ersten Standorten in Kaiserslautern und Saarbrücken.
Das DFKI ist auch noch heute eine wichtige deutsche KI-Institution. Mit dem KI-Boom der letzten Jahre haben sich jedoch in der gesamten Bundesrepublik viele Akteur:innen in Forschungs- und Wirtschaftsinstitutionen etabliert. Die wichtigsten Stakeholder unter ihnen bestimmen maßgeblich den Diskurs auf dem Gebiet.
Forschungsministerium unterstützt DFKI
Um die Sichtbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik bezüglich KI auf dem globalen Parkett zu stärken, rief die Bundesregierung im Jahr 2018 die Nationale Strategie Künstliche Intelligenz (kurz: KI-Strategie) aus.
Mit fünf Milliarden Euro werden bis zum Jahr 2025 KI-Forschungsvorhaben, -Projekte und innovative Entwicklungen gefördert. Ziel ist es, den meist Richtung Silicon Valley gerichteten Blick verstärkt auf eine „AI made in Germany“ zu lenken. Die Strategie fördert gezielt Hochschulen und Kompetenzzentren sowie einzelne Forschungsvorhaben.
Der Großteil der Fördermittel fließt über das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ab, dem seit 2021 Volkswirtin Bettina Stark-Watzinger (FDP) als Ministerin vorsteht. Ihr Ministerium unterstützt etwa das oben genannte DFKI als Projektförderer mit mehreren Millionen Euro pro Jahr. Mittlerweile betreibt das DFKI Standorte in mehreren deutschen Städten mit über 1.100 Beschäftigten und arbeitet in zahlreichen Gremien eng mit Politik und Wirtschaft zusammen.
Einer der Gründungsdirektoren des DFKI ist Wolfgang Wahlster, der von 1997 bis Anfang 2019 auch die Leitung des Instituts innehatte. Wahlster war 36 Jahre lang Informatikprofessor an der Universität des Saarlandes, unter anderem mit dem Schwerpunkt Kognitive Assistenzsysteme.
Heute ist er einer der bekanntesten KI-Forscher:innen der Bundesrepublik. Träger zahlreicher Preise und Ehrendoktorwürden, darunter der „Deutsche Zukunftspreis“ im Jahr 2001, zählt Wahlster mittlerweile sogar zu den bedeutendsten Intellektuellen Deutschlands. Ihm zufolge könnte sich „AI made in Germany“ zum Exportschlager entwickeln.
Aktueller Leiter des DFKI ist Antonio Krüger, ebenfalls Informatiker der Universität des Saarlandes mit dem Fokus Kognitive Assistenzsysteme. Krüger wurde 2018 von der CDU-CSU-Fraktion als Sachverständiger in die Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“ des Deutschen Bundestags berufen. Die Kommission befasste sich zwei Jahre lang in unterschiedlichen Projektgruppen mit den Auswirkungen des zunehmenden Einsatzes von KI.
Bekannte deutsche KI-Forscher und -Forscherinnen
Ein weiteres Sachverständigen-Mitglied der Enquete-Kommission ist Katharina Zweig. Die studierte Biochemikerin und Bioinformatikerin leitet aktuell das Algorithm Accountability Lab am Fachbereich Informatik der TU Kaiserslautern.
Als Universitätsprofessorin liegt ihr Schwerpunkt auf den Auswirkungen von Algorithmen auf Individuum, Organisation und Gesellschaft sowie der Kommunikation darüber. 2016 war sie Mitgründerin der Plattform AlgorithmWatch, wofür sie zwei Jahre später mit der Theodor-Heuss-Medaille ausgezeichnet wurde. Außerdem bekam sie 2019 den Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbands für herausragende Wissenschaftskommunikation.
Zu den im Wissenschaftsjahr 2019 von der Gesellschaft für Informatik e. V. (GI) gekürten zehn prägenden Köpfen der deutschen KI-Forschung zählt auch Elisabeth André. Als Inhaberin des Lehrstuhls Menschzentrierte Künstliche Intelligenz an der Universität Augsburg erforscht die Informatikerin neue technische Methoden der Mensch-Maschine-Interaktion und wie sich diese vereinfachen lassen. André erhielt zahlreiche weitere Auszeichnungen, darunter den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis im Jahr 2021. Sie ist Mitglied der Academia Leopoldina und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Wie auch Elisabeth André wurde der Informatiker Bernhard Schölkopf 2019 zu den prägenden Köpfen der KI-Forschung in Deutschland gekürt. Schölkopf ist ebenfalls Mitglied der Leopoldina und seit 2011 Direktor des neu gegründeten Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Tübingen, wo er auch die Abteilung Empirische Inferenz leitet. Er ist Co-Initiator des Cyber Valley der Region Stuttgart-Tübingen, Europas größtem Forschungskonsortium im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Hier kooperieren die Universitäten Tübingen und Stuttgart mit Großkonzernen wie Daimler, Porsche, Amazon und BMW sowie dem Max-Planck-Institut und dem Land Baden-Württemberg.
Kristian Kersting, Informatikprofessor für maschinelles Lernen an der TU Darmstadt, ist unter anderem bekannt für seine Forschung zu Statistischer Relationaler KI und Probabilistischem Deep Learning. Sein Fokus liegt auf Fragen der moralischen Handlungsfähigkeit von KI. Als Mitglied von ATHENE, Europas größtem Forschungsinstitut für IT-Sicherheit, ist Kerstings Forschungsinteresse stark europäisch orientiert.
2019 wurde er zum Fellow der European Association for Artificial Intelligence (EurAI) sowie des European Laboratory for Learning and Intelligent Systems (ELLIS) ernannt. Im selben Jahr erhielt er den mit 100.000 Euro dotierten „Deutschen KI-Preis“ für seine wissenschaftlichen Beiträge auf dem Bereich KI.
Kersting ist zudem Gründungsmitglied von hessian.AI, einem Forschungsverbund von 13 hessischen Hochschulen, das Grundlagenforschung leisten und zudem den Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft vorantreiben soll. Mit Kristian Kersting sprachen wir im KI-Podcast DEEP MINDS über die dritte Welle Künstliche Intelligenz.
KI-Forschung soll in der Wirtschaft ankommen
Im Rahmen der KI-Strategie fördert die Bundesregierung bis 2025 innovative KI-Projekte mit konkretem Umsetzungscharakter: Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) sollen darin unterstützt werden, Künstliche Intelligenz in ihre Unternehmenspraxis zu integrieren. Dass die Strategie dabei bis in den deutschen Mittelstand reichen soll, zeigt bereits, für wie wichtig das Thema aus wirtschaftlicher Sicht im Zuge der angestrebten Digitalisierung erachtet wird.
Ein bedeutendes Netzwerk in diesem Zusammenhang ist die Plattform Lernende Systeme, die 2017 vom BMBF ins Leben gerufen wurde. Hier sind knapp 200 Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in unterschiedlichen Arbeitsgruppen organisiert, um Positionen und Handlungsvorgaben für die ethische Anwendung von KI-Technologien zu erarbeiten. Dem Lenkungskreis der Plattform gehört unter anderem auch Wolfgang Wahlster an.
Eine bekannte Persönlichkeit mit Blick auf Wirtschaft und KI ist Tina Klüwer. Die promovierte Computerlinguistin ist Direktorin des Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrums – kurz K.I.E.Z. Das Zentrum mit Sitz in Berlin ist eine Initiative von Science & Startups, dem Verbund der Startup-Services der Berliner Universitäten und der Charité Universitätsmedizin. Das Zentrum fördert wissenschaftsnahe Unternehmensgründungen sowie deren Skalierung und Internationalisierung.
Im Juli dieses Jahres wurde Klüwer zudem durch Bundeskanzler Olaf Scholz als Mitglied des Zukunftsrats berufen. Das neue Gremium wurde für die Dauer der 20. Legislaturperiode eingesetzt und soll Vorschläge zur Stärkung des Forschungs- und Innovationssystems, der Resilienz und der technologischen Souveränität erarbeiten.