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ChatGPTs Memory-Funktion könnte zur Werbefalle werden

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Kurz & Knapp

  • Rund 20 Prozent der OpenAI-Mitarbeitenden haben früher bei Meta gearbeitet, darunter mehrere Führungskräfte. Diese Personalien führen laut internen Berichten zu einer spürbaren Veränderung der Unternehmenskultur und Strategie, die zunehmend an Meta erinnert.
  • OpenAI prüft etwa, ob die Memory-Funktion von ChatGPT zur Personalisierung von Werbung genutzt werden kann. Damit könnten persönliche Details aus Nutzer-Gesprächen für gezielte Produktempfehlungen eingesetzt werden. Genau das hat CEO Sam Altman in der Vergangenheit jedoch mehrfach kritisch kommentiert.
  • Interner Druck auf Wachstum und Nutzerbindung zeigt sich auch in der Forschungsabteilung: Engagement-Metriken spielen bei der Optimierung von KI-Modellen angeblich eine immer größere Rolle.

Rund 20 Prozent der OpenAI-Belegschaft stammen mittlerweile von Meta – und das spiegelt sich zunehmend in der Unternehmensstrategie wider. An vorderster Front: Fidji Simo, CEO of Applications, die zuvor mehr als zehn Jahre bei Facebook arbeitete.

Laut einer Analyse von The Information haben rund 630 der etwa 3.000 OpenAI-Mitarbeitenden zuvor bei Meta gearbeitet. Darunter finden sich Schlüsselpositionen wie CEO of Applications Fidji Simo, CTO of Applications Vijaye Raji, Marketingchefin Kate Rouch und Recruiting-Leiter Joaquin Quiñonero Candela. Die Gruppe ist so groß, dass sie bei OpenAI sogar einen eigenen Slack-Channel hat.

Mit dem Personal kam offenbar auch ein strategischer Wandel. Viele von OpenAIs jüngsten Initiativen erinnern an Wachstumsstrategien aus der Meta-Zeit. Die interne Kultur verändere sich spürbar, berichten sieben aktuelle und ehemalige Mitarbeitende. Eine interne Taskforce führte dazu eine Umfrage durch, ob OpenAI „zu sehr wie Meta“ werde – später erweitert auf „zu viel Big Tech“.

Der Abgang der früheren CTO Mira Murati soll im direkten Zusammenhang mit diesem Wandel stehen. Sie hielt den reinen Wachstumsfokus für falsch, berichtet ein ehemaliger Mitarbeitender.

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Memory-Funktion für personalisierte Werbung

Dass OpenAI trotz früherer Ablehnung durch OpenAI-CEO Sam Altman die Monetarisierung freier Nutzer durch Werbung untersucht, ist mittlerweile bekannt. Neu ist der Ansatz zur Personalisierung dieser Werbung: Angeblich prüft OpenAI, ob ChatGPTs Memory-Funktion dafür geeignet ist.

Die Memory-Funktion greift persönliche, wiederkehrende Details aus Gesprächen auf – etwa Wohnort, Namen oder Haustiere – und versucht, sie in neuen Konversationen sinnvoll zu platzieren. So soll der Eindruck entstehen, das Sprachmodell habe einen persönlichen Bezug zum Nutzer. Mit einer Werbeanbindung könnte OpenAI versuchen, in diesen Gesprächen Produktempfehlungen zu integrieren.

Einige Angestellte wollen diesen Versuch angeblich damit rechtfertigen, dass ChatGPT-Nutzende bereits denken, die Antworten des Chatbots – etwa bei Produktrankings – seien gesponsert.

Im Juni 2025 sagte Altman noch, dass Werbung in ChatGPT „derzeit nicht geplant“ sei. Er zeigte sich kritisch gegenüber einer Monetarisierung durch Anzeigen, insbesondere wenn diese die Ausgabe des Sprachmodells beeinflussen würden. Das würde das Vertrauen in das System zerstören.

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Im März 2024 sagte Altman, dass er schon aus ästhetischen Gründen keine Werbung in ChatGPT platzieren wolle. Außerdem sei Unabhängigkeit wichtig. Man könne sich leicht eine dystopische Zukunft vorstellen, in der ChatGPT einem sagt, dass man dieses oder jenes Produkt kaufen oder dorthin in Urlaub fahren soll. Auch Meta und Google nutzen Chatbot-Gespräche für Werbung.

Auch das Superintelligenz-Zeitalter benötigt Engagement-Schleifen

Kritiker verurteilen OpenAIs Video-KI-App Sora für minderwertige Videoinhalte im Stil des süchtigmachenden TikTok-Prinzips. Problematisch hinzu kommt OpenAIs aktuelle Unfähigkeit, die Inhalte zu moderieren. Die Folge: Copyright-Verletzungen und sogar politische Einflussnahme.

Das steht auch intern bei OpenAI in der Kritik. Altman verteidigte die App jedoch: Auch in einer Welt mit Superintelligenz würden Menschen "leichte, unterhaltsame Inhalte" konsumieren wollen. Auch Meta soll intern so argumentieren, dass es Ressourcen für seichte KI-Produkte wie den Vibes-Feed aufwendet.

Die wohl schlechteste Nachricht aus dem The-Information-Leak: Der Wachstumsdruck soll auch in der Forschungsabteilung angekommen sein. Beim sogenannten Post-Training, wenn ein fertiges KI-Modell unter anderem für die Nutzerkommunikation optimiert wird, sollen zunehmend Engagement-Metriken im Fokus stehen – und das, obwohl die Forschungsabteilung räumlich und strategisch vom Rest des Unternehmens getrennt ist.

Wer ChatGPT oder andere aktuelle OpenAI-Modelle nutzt, kann das gut beobachten: Der Chatbot verhält sich derart übereifrig, dass er bei jeder ausgeführten Aktion direkt fünf weitere Aufgaben anbietet, die er übernehmen könnte – ein typischer Mechanismus zur Nutzerbindung.

Ziel ist laut The Information, dass Nutzer sich täglich einloggen statt nur wöchentlich oder monatlich. Auch gegen dieses „Engagement-Farming“ gibt es intern Kritik.

OpenAIs Wachstumsdruck und die damit verbundene Engagement-Optimierung kommt nicht von ungefähr: Das Unternehmen muss seine Bewertung von rund 500 Milliarden US-Dollar gegenüber Investoren rechtfertigen und strebt daher eine möglichst hohe und regelmäßige Nutzung seiner Produkte an. Um die damit verbundenen Prognosen zu erfüllen, muss OpenAI in den kommenden Jahren ein bislang unerreichtes Umsatzwachstum vorweisen können.

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Quelle: The Information