Die neue EU-Verordnung stellt chinesische Technologieunternehmen vor Herausforderungen. Ein KI-Startup aus Hongkong rechnet mit bis zu 40 Prozent höheren Kosten - sieht aber auch Chancen.
Am 1. August 2024 tritt in der Europäischen Union der sogenannte "AI Act" (Artificial Intelligence Act) in Kraft. Das neue Regelwerk soll einen Rahmen für die Entwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz in der EU schaffen. Es legt unter anderem fest, welche KI-Systeme verboten sind, definiert Hochrisiko-Anwendungen und enthält Transparenz- und Governance-Verpflichtungen für Unternehmen.
Für viele chinesische Tech-Unternehmen bedeuten die neuen Regeln einen erhöhten Aufwand, um die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen. Patrick Tu, Mitbegründer und CEO von Dayta AI mit Sitz in Hongkong, rechnet mit Kostensteigerungen zwischen 20 und 40 Prozent, wie er gegenüber der South China Morning Post erklärte.
"Die Anforderungen der EU an Qualität, Relevanz und Repräsentativität der Trainingsdaten werden uns zwingen, bei der Auswahl unserer Datenquellen noch sorgfältiger vorzugehen", so Tu. Er sieht aber auch positive Aspekte in der Regulierung: "Ein solcher Fokus auf die Datenqualität wird letztlich die Leistungsfähigkeit und Fairness unserer Lösung verbessern".
Der "umfassende, nutzerrechtsorientierte Ansatz" der EU stehe im Gegensatz zu den Vorschriften in China und Hongkong. Diese, so Tu, "konzentrieren sich mehr darauf, technologischen Fortschritt zu ermöglichen und mit den strategischen Prioritäten der Regierung in Einklang zu bringen".
Ähnliche Grundprinzipien in der EU und China
„Mit dem AI Act versucht die EU, ein Umfeld des Vertrauens zu schaffen“, fasst Tanguy Van Overstraeten, Partner und Leiter der Technologie-, Medien- und Telekommunikationsgruppe (TMT) bei Linklaters in Brüssel, den Regulierungsansatz der EU zusammen. Alex Roberts, Partner bei Linklaters in Shanghai und Leiter der China TMT Group, beschrieb die Grundprinzipien der KI-Regulierung in der EU und China als "sehr ähnlich". Dazu gehöre es, "transparent gegenüber Kunden zu sein, Daten zu schützen, den Stakeholdern gegenüber rechenschaftspflichtig zu sein und Anweisungen und Anleitungen zum Produkt zu geben".
Allerdings müssten Unternehmen und Produkte in China "sozialistische Werte beachten" und sicherstellen, dass ihre KI-Ergebnisse "nicht als schädlich für die politische und soziale Stabilität wahrgenommen werden", so Roberts. Für multinationale Unternehmen, die mit diesen Konzepten nicht vertraut seien, könne dies zu Verwirrung bei den Compliance-Verantwortlichen führen.
Insgesamt fokussiere sich die bisherige Regulierung in China nur auf generative KI und werde eher als "staatliches oder regierungsgeführtes Regelwerk" wahrgenommen, während der EU AI Act die Rechte der Nutzer in den Mittelpunkt stelle, analysiert der Linklaters-Partner.
Im asiatisch-pazifischen Raum, so Roberts, würden sich einige Regierungen bei der Ausarbeitung ihrer eigenen KI-Gesetze inzwischen an großen Teilen der EU-Datenschutz- und KI-Gesetzgebung orientieren. In Südkorea wird derzeit ein Gesetzesentwurf zur Regulierung von KI diskutiert („Act on Promotion of AI Industry and Framework for Establishing Trustworthy AI”).
In der Durchsetzung verschieden
Darüber hinaus gibt es auch deutliche Unterschiede bei der Durchsetzung und Überwachung von KI-Vorschriften in der EU und der VR China. Während es inhaltliche Überschneidungen gibt, folgt die Durchsetzung von Regularien in der VRC schwer zu durchschauenden Mustern. Auch bleibt abzuwarten, ob insbesondere generative KI im engen politischen Korsett Chinas einsetzbar ist.