Füttert man OpenAIs Bild-KI DALL-E 3 mit detaillierten Beschreibungen urheberrechtlich geschützter Werke, so kann es genau diese erzeugen. Dabei muss nicht einmal der Name des Werkes oder der Marke genannt werden.
Trotz eines komplexen und mehrstufigen Sicherheitssystems kann OpenAI DALL-E 3 in ChatGPT Bilder von urheberrechtlich geschützten Werken erzeugen.
Ein Beispiel dafür zeigt der X-User NLeseul, der mit einem Videospiel-Konzeptkunst-Prompt über einen Klempner, der mysteriöse Rohre voller Schätze erkundet, zunächst ein weitgehend unverdächtiges Bild erzeugt - außer der roten Mütze deutet nicht viel auf Super Mario hin.
Allein die Aufforderung, die zunächst mit dem Rücken zur Kamera stehende Spielfigur in die Kamera blicken zu lassen, verwandelt sie in eine perfekte Kopie von Nintendos Super Mario.
Microsoft stellt OpenAI das nächste Bein
Der Konzeptkünstler und Illustrator Reid Southen hat zusammen mit Gary Marcus einige weitere Plagiatsfälle dieser Art generiert. Zum Beispiel führt der Prompt "animated sponge" zu Bildern von Spongebob Schwammkopf, obwohl der Name Spongebob im Prompt nicht erwähnt wird.
Der Prompt "goldener Droid aus einem klassischen Sci-Fi-Film" erzeugt Bilder des Roboters C-3PO aus Star Wars, der Prompt "Videospiel Italien" erzeugt Bilder von Super Mario.
Bei den Prompts von Southen und Marcus muss allerdings einschränkend erwähnt werden, dass diese in Microsoft Designer ausgeführt wurden. Designer verwendet zwar DALL-E 3, aber nicht die Variante mit den in ChatGPT implementierten Sicherheitssystemen. Die gleichen Prompts, ausgeführt in ChatGPT, führen zu Bildern, die urheberrechtlich unbedenklich sind.
Nach diversen Pannen beim Bing Chatbot (Copilot) und dem Bing Image Creator ist es also erneut die Implementierung von OpenAI-Technologie durch Microsoft, die dem Start-up einen Bärendienst erweist.
Allerdings zeigt das erste Beispiel von NLeseul, dass ChatGPT zwar deutlich besser gegen mögliche Urheberrechtsverletzungen geschützt ist als die Software von Microsoft, aber keinesfalls immun.
Southen hatte zuvor auch Midjourney kritisiert, das mit einfachen Prompts fast exakte Kopien von insbesondere Filmszenen erzeugen kann. Midjourney änderte daraufhin seine Geschäftsbedingungen: Die Nutzerinnen und Nutzer müssten die Verantwortung für die erzeugten Bilder übernehmen. Im Falle von Bußgeldern würde Midjourney das Geld eintreiben.
Vor Gericht könnten Midjourney und OpenAI Probleme bekommen: Die Argumentation, dass der Benutzer für das erzeugte Bild verantwortlich ist und nicht das Tool, mag zutreffen. Aber das Tool kann diese Bilder nur erzeugen, weil es ohne Lizenz auf urheberrechtlich geschütztem Material gelernt hat.
Das Argument der "transformativen Nutzung", das letztlich hinter der Idee der "fairen Nutzung" steht, könnte für OpenAI und die Anwälte von Microsoft ein harter Kampf werden, wenn die ausgegebenen Bilder keineswegs transformativ, sondern nur Kopien sind.