Fotos von Menschen, die gar nicht existieren, könnten die Werbe- und Modelindustrie auf den Kopf stellen. Und wahrscheinlich nicht nur die.
Seit 2005 lächelt Josh Bateson freundlich von der Kinderschokolade-Verpackung. Er löste seinen Vorgänger Günter Euringer ab, dessen Konterfei seit 1973 auf der Verpackung prangte.
Na, schon mal gehört die Namen? Wahrscheinlich eher nicht. Die beiden Herren - ohne ihnen zu nahe treten zu wollen - könnten ebenso gut rein der Fantasie der Ferrero-Werber entsprungen sein. Und niemanden würde es interessieren.
Außer natürlich der Ferrero-Werber selbst: Könnten sie Werbegesichter nach Belieben künstlich erstellen, würde das Zeit und Geld sparen. Keine Honorare mehr, keine aufwendigen Castings, kein Stress mit Datenschutz und Bildrechten, keine schwierigen Lebensgeschichten.
Noch dazu könnte womöglich ein maßgeschneidertes Konterfei erschaffen werden, das besser zum Produkt passt als alles, was die Natur rein zufällig bietet.
Klingt nach einer Science-Fiction-Dystopie? Die Science-Fiction können wir jetzt streichen.
Kinderschokolade: Lächelt in Zukunft der KI-Junge?
Nun dürfte es sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass KI-Software in den letzten Jahren sehr viel besser darin geworden ist, künstliche Bilder - auch Deepfakes genannt - zu generieren.
So viel besser, dass die künstlich erstellten Aufnahmen kaum noch oder gar nicht mehr von echten Fotos zu unterscheiden sind. Apples KI-Chef Ian Goodfellow fasste das kürzlich in einem Tweet zusammen.
4.5 years of GAN progress on face generation. https://t.co/kiQkuYULMC https://t.co/S4aBsU536b https://t.co/8di6K6BxVC https://t.co/UEFhewds2M https://t.co/s6hKQz9gLz pic.twitter.com/F9Dkcfrq8l
— Ian Goodfellow (@goodfellow_ian) January 15, 2019
Die Webseite Generated Photos möchte aus diesem Umstand jetzt ein Geschäftsmodell machen. Zum Anfang und um Aufmerksamkeit zu schaffen, gibt es 100.000 KI-Porträts frei Haus: Hübsche künstliche Menschen jeden Alters, jeden Geschlechts und jeder Hautfarbe. Sogar zwischen unterschiedlichen Babys darf man wählen. Erstellt wurden die Bilder mit einer frei verfügbaren KI-Software des Technologiekonzerns Nvidia.
Eine Datenbank für KI-Porträts
Alles, was die Macher der Webseite verlangen, ist ein Link zurück zum eigenen Angebot. Mit den Porträtierten muss man sich nicht befassen - sie existieren ja nicht.
Die Bilder wurden in den letzten zwei Jahren generiert. Als Ausgangsmaterial dienten laut der Webseiten-Macher mehr als 29.000 selbst erstellte Fotos von 69 unterschiedlichen Models.
Die 100.000 Porträts bilden offenbar den Startpunkt für eine Datenbank künstlicher Menschen. Die Entwickler, rund 20 weltweit verteilter Spezialisten für Künstliche Intelligenz und Bildbearbeitung, versprechen einen kompletten Werkzeugkasten, mit dem die KI-Models in Zukunft nach Parametern wie Alter, Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht und Stimmung sortiert und durchsucht werden können.
"Nachdem wir in den letzten zwei Jahren ein Studio betrieben haben, haben wir gelernt, dass es schwierig sein kann, interessante, vielfältige Models zu finden, die auch bereit sind, Stockfotos zu machen", schreiben die Entwickler. "Wir sind fasziniert von der Vielfalt der Persönlichkeiten, die wir bisher generiert haben, und werden die Grenzen in Zukunft ausweiten."
Bilder, Video, Quelle: Generated Photos