Ex-Google-Chef Schmidt spricht vor über 1000 Studierenden der TU München über das Potenzial Künstlicher Intelligenz. An die deutschen Ingenieure und Entwickler appelliert er: "Beschäftigt euch nicht mit dem alten Zeug, sondern mit den neuen Technologien."
Bei seiner Ansprache prophezeit Schmidt ein neues Zeitalter: das der Künstlichen Intelligenz. Der langjährige Google-Chef misst KI die gleiche Bedeutung zu wie der Landwirtschaft, der Industrialisierung und dem Informationszeitalter. Es gehe nicht darum, dass Computer klüger seien als Menschen, so Schmidt, sondern darum, dass Computer mit Menschen im Alltag besser zusammenarbeiten.
"Menschen und Computer machen das, was sie jeweils am besten können. Zumindest für eine Weile", sagt Schmidt. Was nach dieser Weile kommen könnte, beschreibt Schmidt nicht. Er erklärt aber, was der Computer schon jetzt besser kann.
So sei beispielsweise das maschinelle Sehen dem menschlichen Sehen bei medizinischen Diagnosen überlegen, da es mit mehr Beispielen trainiert wurde. Der Arzt soll dennoch bleiben, er müsse das KI-gestützte Diagnosegerät bedienen und die Behandlung festlegen.
Bei deren Planung werde der Arzt ebenso von Künstlicher Intelligenz unterstützt, da sie Muster viel detaillierter und tiefgehender erfassen und analysieren könne als der Mensch. Diese überlegene Fähigkeit der Maschine bei Mustererkennung und Datenverarbeitung "ändert alles", sagt Schmidt.
KI könne dem Menschen helfen, schneller zu lernen und bessere Entscheidungen zu treffen. Schmidt nennt als Beispiel einen Physiker, der nicht alle relevanten wissenschaftlichen Papiere studieren könne. Eine KI könne diesen Job für ihn übernehmen, die Inhalte zusammenfassen und Empfehlungen aussprechen.
Keine Angst vor Killer-Robotern
An die Hollywood-Phantasien über Künstliche Intelligenz glaubt Schmidt nicht. "Killer-Roboter wird es sobald nicht geben", sagt Schmidt. Technisch sei es in 20 bis 40 Jahren vielleicht möglich, aber bis dahin sei "alles ganz anders".
"Ich weiß nicht, wie wir in 30 Jahren über diese Fragen diskutieren. Aber ich weiß, dass die Technologie, die ich beschreibe, die Welt dramatisch verändern wird", prognostiziert Schmidt.
Er adressiert die Sorge, dass es durch die Automatisierung von allem zu einer Massenarbeitslosigkeit kommen könnte: Es gäbe zukünftig ohnehin nicht genug Arbeiter. "Weltweit haben wir das gleiche Problem: Es gibt zu viele alte und zu wenige junge Menschen", sagt Schmidt.
Junge Menschen müssten daher produktiver werden, ohne deshalb mehr Stunden arbeiten zu müssen. Mit KI als Werkzeug sei das möglich.
Künstliche Intelligenz könne auch dabei helfen, gefälschte Inhalte und Online-Diskussionen beispielsweise im Rahmen von Wahlen besser zu kontrollieren und zu steuern. Google arbeitet speziell für diesen Zweck an neuer KI-Software, die bei den nächsten US-Wahlen eingesetzt werden soll.
KI muss erst noch besser werden
Damit all das Potenzial realisiert werden kann, müsse Künstliche Intelligenz noch verlässlicher werden. Noch produzierten die Algorithmen in einigen Bereichen zu viele Fehler, erklärt Schmidt.
Aber: "Es ist der Anfang einer großen Transformation. In 150 Jahren werden sich die Menschen bei ihren Vorfahren bedanken, die das KI-Zeitalter geprägt [...] und so eine bessere Welt erschaffen haben."
Schmidts Ansprache zum Potenzial künstlicher Intelligenz hat natürlich einen Grund: Die TU München und Google schlossen zuvor einen Rahmenvertrag für gemeinsame Forschung und Innovationsförderung. 250.000 Euro will Google in den kommenden drei Jahren investieren. Eine weitere Million Euro fließt in die Universitätsstiftung für die Förderung des akademischen Nachwuchses.