Apple erwägt eine Abkehr von Google als Standardsuchmaschine in Safari. Stattdessen könnten KI-gestützte Dienste wie ChatGPT, Perplexity oder Anthropic eingebunden werden. Die Aussicht auf ein Ende des 20-Milliarden-Deals ließ Googles Aktie einbrechen – könnte für Google langfristig aber nicht nur negativ sein.
Im US-Kartellverfahren gegen Google hat Apple-Manager Eddy Cue am Mittwoch als Zeuge ausgesagt – und dabei eine mögliche strategische Neuausrichtung von Safari angedeutet. In dem Verfahren wirft das US-Justizministerium Googles Mutterkonzern Alphabet vor, mit milliardenschweren Exklusivdeals, etwa mit Apple, den Wettbewerb im Suchmaschinengeschäft zu behindern.
Cue, Senior Vice President für Internetdienste bei Apple, erklärte vor Gericht, dass Apple aktiv prüfe, den Safari-Browser künftig stärker auf KI-gestützte Suchdienste auszurichten. Bislang zahlt Google jährlich mehr 20 Milliarden US-Dollar, um als voreingestellte Suchmaschine auf iPhones und iPads zu erscheinen – ein Geschäft mit nahezu reiner Marge für Apple.
Diese komfortable Einnahmequelle steht nun zur Disposition. Ursache ist ein technologischer Umbruch: "In zehn Jahren braucht man vielleicht gar kein iPhone mehr – so verrückt das auch klingen mag", sagte Cue laut Bloomberg. KI ermögliche neue Wettbewerber und verändere die Marktmechanik.
KI-Suche untergräbt klassische Suchmaschinen
Erstmals verzeichnete Apple rückläufige Safari-Suchanfragen – laut Cue ein Effekt der zunehmenden Nutzung von KI-Diensten wie ChatGPT, Perplexity AI, Anthropic, DeepSeek und Grok. Diese Anbieter liefern keine klassischen Linklisten, sondern generative Antworten.
"Vor der KI war gefühlt keiner der Alternativanbieter eine echte Option", sagte Cue. Nun sei das Potenzial deutlich gestiegen. Apple habe bereits Gespräche geführt, unter anderem mit Perplexity. Diese Dienste könnten künftig als auswählbare Optionen in Safari erscheinen – auch wenn Google vorerst Standard bleiben soll.
Apple integriert ChatGPT bereits in Siri und plant wohl auch die Aufnahme von Googles Gemini. Das Abkommen mit OpenAI erlaubt darüber hinaus die Einbindung weiterer KI-Anbieter ins Betriebssystem – auch von Apple selbst.
Apple verdient, Google zahlt – noch
Trotz technologischer Neugier dürfte Apple den Google-Deal nicht vorschnell aufkündigen. Die Vereinbarung sei "finanziell einfach am besten", so Cue. Ein Bruch würde bedeuten, dass Apple die 20 Milliarden US-Dollar jährlich durch eigene oder alternative Dienste kompensieren müsste – keine triviale Herausforderung.
Für Google ist der Deal ebenfalls zentral, aber teuer erkauft. Ein Ende der Partnerschaft könnte kurzfristig Einbußen bedeuten, langfristig aber neue Freiräume schaffen. Alphabet müsste keine Gebühr mehr zahlen, um Nutzer zu erreichen, die ohnehin freiwillig Google nutzen – und könnte Ressourcen anderweitig einsetzen.
Apple müsste seinerseits erst beweisen, dass es Google mit alternativen Diensten tatsächlich signifikante Marktanteile abnehmen kann. Gelingt das nicht, bleibt Google auf vielen iPhones faktisch dominant – nur eben ohne zu zahlen.
Cues Aussagen vor Gericht könnten jedoch auch strategisch motiviert gewesen sein. Indem er die Position Googles im Suchmarkt schwächer darstellt und gleichzeitig alternative Anbieter betont, könnte Apple darauf abzielen, das Justizministerium zu besänftigen. Sollte das Gericht weniger scharf gegen Google vorgehen, könnte die lukrative Partnerschaft zwischen Apple und Alphabet bestehen bleiben – trotz öffentlicher Zweifel und technologischem Wandel.
Die Alphabet-Aktie fiel am Mittwoch um mehr als acht Prozent, aber auch Apple verlor zeitweise 2,5 Prozent – ein Hinweis darauf, dass Anleger das mögliche Ende der Partnerschaft für beide Unternehmen eher als nachteilig einschätzen. Sollten sich KI-Antwortmaschinen durchsetzen, dürfte auch das WWW vor einem Umbruch stehen.