Ab den 2030er Jahren geht es laut Googles Chef-Ingenieur Ray Kurzweil so richtig los mit Gehirn-Computer-Schnittstellen. Google experimentiert schon mit Simulationen des Neocortex.
Für das Buch "Architekten der Intelligenz" sprach Kurzweil, Erfinder und Direktor der technischen Entwicklung bei Google, mit Autor Martin Ford (via Engadget) über die Zukunft Künstlicher Intelligenz und einer hochtechnisierten Menschheit.
Kurzweil ist überzeugt, dass die Menschheit mit intelligenter Technologie verschmelzen wird. Nanoroboter sollen direkt im Gehirn andocken und so zum Beispiel VR- und AR-Erlebnisse ohne klobige Brillen ermöglichen.
Diese Nanoroboter sind laut Kurzweil auch dafür zuständig, den biologischen Neocortex, der unter anderem Sinneseindrücke und Bewegung steuert, mit einem künstlichen Neocortex in der Cloud zu verbinden. Bei Google habe er mit seinem Team an "groben Simulationen" des Neocortex gearbeitet.
"Wir haben noch kein perfektes Verständnis des Neocortex, aber wir nähern uns ihm mit dem Wissen, das wir jetzt haben", sagt Kurzweil. Derzeit seien so "interessante Anwendungen mit Sprache" möglich. Bis Anfang der 2030er Jahre sei eine "sehr gute Simulation" des Neocortex erreichbar.
Neben Google arbeiten unter anderem Elon Musk mit Neuralink und Facebook an Hirnschnittstellen.
Die Menschheit: Schon bald sehr viel klüger?
Durch den Cloud-Anschluss wird das menschliche Gehirn laut Kurzweil deutlich leistungsfähiger, so wie das Smartphone erst mit einer Internetverbindung sein volles Potenzial entfalte. Für Kurzweil sind Smartphones bereits eine Gehirnerweiterung, nur noch nicht fix im Körper integriert.
Durch den direkten Draht in die Rechnerwolke, so Kurzweil, werde die Menschheit ihre intellektuelle Leistungsfähigkeit bis 2045 um das Milliardenfache steigern. Diese Transformation falle so tiefgreifend aus, dass es schwer sei, über ihren Ereignishorizont hinauszuschauen.
Die Menschheit befinde sich am Umkipppunkt für Biotechnologie, erklärt Kurzweil weiter. Genetische Prozesse seien Software, ein Datenstrang, der letztlich neu programmiert werden könne.
Kurzweil erwartet daher in den nächsten zehn Jahren eine Flut medizinischer Applikationen. Das ganze Gebiet verändere sich grundlegend. Unfälle ausgenommen, könne die Lebenszeit von Menschen bald so signifikant verlängert werden, dass sie praktisch unsterblich werden.
"Es ist keine Garantie, denn man kann morgen noch vom sprichwörtlichen Bus getroffen werden, und die Lebenserwartung ist eigentlich ein kompliziertes statistisches Konzept, aber der Sand der Zeit wird mehr statt weniger", sagt Kurzweil. Der nächste Schritt sei es, den Alterungsprozess umzukehren.
Titelbild: JD Lasica bei Flickr. Lizenziert nach CC BY 2.0.