Grindr will sich vom reinen Dating-Dienst zu einer technologiegetriebenen Plattform entwickeln. Eine zentrale Rolle soll dabei künstliche Intelligenz spielen.
Grindr, eine der bekanntesten schwulen Dating-Apps weltweit, baut unter CEO George Arison sein Geschäftsmodell radikal um. Statt sich auf das Kerngeschäft zu beschränken, setzt das Unternehmen zunehmend auf KI-gestützte Funktionen und neue Geschäftsfelder – mit Ambitionen, die über den Dating-Markt hinausgehen. Arison spricht von Grindr als "Distributionsmaschine", die ähnlich wie Tesla zur Plattform für angrenzende Dienstleistungen werden soll.
KI-Features sollen Nutzerbindung steigern
Laut Arison arbeitet Grindr derzeit an mehreren KI-Produkten, darunter das bereits teilweise eingeführte "A-List", ein Feature für zahlende "Unlimited"-Nutzer, sowie "Wingman", ein KI-gesteuerter Dating-Assistent. Künftig sollen zudem Funktionen wie ein "Discover Tab" zur Empfehlung von Nutzern außerhalb des eigenen Standorts und ein "Insights"-Tool folgen, das zusätzliche Informationen über Nutzer liefert – auf Basis von Vorhersagen, nicht expliziten Angaben. Alle Funktionen sind freiwillig nutzbar und erfordern aktives Einverständnis der Nutzer, so Arison gegenüber Sherwood News.
Die Monetarisierung dieser Tools erfolgt nicht direkt: Ziel ist es, das Produkt insgesamt attraktiver zu machen und so entweder mehr zahlende Nutzer zu gewinnen oder höhere Preise zu rechtfertigen. Ähnlich wie Duolingo will Grindr mittelfristig eine neue, höherpreisige Premium-Stufe schaffen, die sich gezielt an Nutzer mit Interesse an KI-Features richtet. Der Rollout der neuen Funktionen ist für dieses Jahr in Beta-Versionen geplant, die vollständige Integration in das Bezahlmodell soll 2026 folgen.
Claude, Llama und Co: Grindrs Multimodellstrategie
Technologisch verfolgt Grindr einen pragmatischen Ansatz. Zunächst setzte das Unternehmen auf das Start-up Ex-Human, um ein Sprachmodell direkt in die eigene Codebasis zu integrieren – aus Datenschutzgründen. Inzwischen nutzt Grindr laut Arison Claude von Anthropic über Amazons Bedrock-Plattform, da sich Bedrocks Datenschutzfunktionen verbessert hätten.
Zusätzlich kommen auch Open-Source-Modelle wie Llama zum Einsatz. Arison betont, dass kein Modell allein dauerhaft führend sein werde: Eine Multimodell- und Multicloud-Strategie sei daher zentral, um flexibel auf Qualität und Datenschutzanforderungen reagieren zu können.
Intern zeigt Grindr ebenfalls Fortschritte: Rund 20 Prozent des Codes wird laut Arison inzwischen automatisiert durch KI geschrieben, die erste vollständig KI-generierte Produktdokumentation sei ebenfalls abgeschlossen.