Tech-Giganten wollen in den nächsten Jahren mehr als eine Billion Dollar in KI investieren, doch die Rentabilität ist umstritten. In einer neuen Publikation von Goldman Sachs geben Experten ihre Einschätzung.
Die Technologiebranche und andere Unternehmen wollen in den kommenden Jahren mehr als eine Billion Dollar in KI-Infrastrukturen investieren. Bisher sind jedoch nur wenige konkrete Ergebnisse zu sehen. Es stellt sich die Frage, ob sich diese massiven Investitionen auszahlen werden. Goldman Sachs hat dazu mit externen und internen Experten gesprochen.
MIT-Ökonom Daron Acemoglu schätzt, dass KI die Arbeitsproduktivität in den USA in den nächsten zehn Jahren nur um 0,5 Prozent und das BIP-Wachstum nur um 0,9 Prozent steigern wird. Seiner Meinung nach werden sich KI-Modelle nicht so schnell und eindrucksvoll verbessern, wie viele glauben.
Auch Jim Covello, Leiter der Abteilung Global Equity Research bei Goldman Sachs, argumentiert, dass KI-Technologie extrem teuer sei und sehr komplexe Probleme lösen müsse, um eine angemessene Rendite zu erzielen. Seiner Meinung nach ist KI dafür nicht ausgelegt und wird möglicherweise niemals die kognitiven Fähigkeiten des Menschen erreichen.
Joseph Briggs, leitender Ökonom bei Goldman Sachs, ist optimistischer und schätzt, dass KI letztlich 25 Prozent aller Arbeitsaufgaben automatisieren und die Produktivität in den USA in den nächsten zehn Jahren um 9 Prozent und das BIP-Wachstum um 6,1 Prozent steigern wird. Er geht davon aus, dass sinkende Kosten langfristig zu mehr Automatisierung durch KI führen werden.
Auch zwei weitere Kollegen von Briggs sind trotz des Fehlens einer "Killeranwendung" vom langfristigen Potenzial der KI überzeugt. Sie sehen keine Anzeichen für irrationalen Überschwang, da die aktuellen KI-Investitionen im Verhältnis zum Umsatz nicht stark von früheren Technologiezyklen abweichen.
Stromknappheit als Flaschenhals wahrscheinlich
Allerdings könnten Engpässe bei Chips und Stromversorgung das Wachstum der KI-Technologie in den nächsten Jahren begrenzen: Analysten von Goldman Sachs erwarten, dass die Nachfrage nach KI-Chips in den nächsten Jahren das Angebot übersteigen wird. Engpässe bei High-Bandwidth Memory (HBM) und bei speziellen Chip-Packaging-Technologien wie CoWoS werden demnach das KI-Wachstum vorerst begrenzen.
Die Verbreitung von KI und Rechenzentren wird in den nächsten Jahren auch die US-Stromnachfrage stark erhöhen. Brian Janous von Cloverleaf Infrastructure glaubt, dass die US-Stromversorger darauf nicht vorbereitet sind. Eine schmerzhafte Stromknappheit, die das Wachstum der KI einschränken könnte, sei wahrscheinlich.
Hongcen Wei von Goldman Sachs sieht in Virginia, einem Hotspot für Rechenzentren, bereits erste Anzeichen für einen solchen bevorstehenden Anstieg der US-Stromnachfrage. Zwischen 2016 und 2023 stieg der kommerzielle Stromverbrauch in Virginia um 37 Prozent, während er in den meisten anderen Bundesstaaten stagnierte.
Der rasche Ausbau von Rechenzentren und die Elektrifizierung könnten auch in Europa die Stromnachfrage bis 2030 um 40 bis 50 Prozent steigen lassen. Davon werden laut Alberto Gandolfi von Goldman Sachs vor allem die Stromnetze und die erneuerbaren Energien profitieren.