Die EU möchte KI-gestütztes Gesichtsscanning zumindest temporär verbieten. London rollt es heute aus.
Während sich in den USA, in der EU und neuerdings auch in Deutschland Widerstand gegen KI-gestützte Massenüberwachung per Gesichtsscanning regt, schlägt London eine andere Route ein: Die Metropolitan Police kündigt an, dass die bei früheren Tests wegen einer hohen Fehlerquote kritisierte Gesichtsscanningtechnologie die Testphase verlässt und in die Alltagsarbeit Londoner Polizisten integriert wird.
Entsprechende Kameras sollen laut BBC News an vielbesuchten und beliebten Orten eingesetzt werden wie im Westfield Shopping-Center und im West End. Sie scannen die Menschenmenge gezielt nach Personen, die für "gefährliche und gewalttätige Verbrechen" gesucht werden. Die gescannten Gesichter werden mit einer vor dem Einsatz aktualisierten Liste gesuchter Personen abgeglichen. Aufnahmen, die nicht zu einem Alarm führen, sollen unmittelbar gelöscht werden.
Die Metropolitan Police beschreibt die KI-gestützte Kameraüberwachung als System, das Polizisten einen Hinweis gibt, welche Personen sie genauer kontrollieren sollten. Wenn die Kamera eine entsprechende Person identifiziert hat, wird sie markiert und anschließend von Beamten angesprochen und um Identifikation gebeten. Handelt es sich um die gesuchte Person, wird sie festgehalten.
KI-Überwachung soll London sicherer machen
Die Kameras sollen nicht länger als fünf bis sechs Stunden am Stück im Einsatz sein und gezielt auf spezifische Areale ausgerichtet werden, laut der Metropolitan Police aber alltäglich werden. Personen am Überwachungsort sollen über die Untersuchung informiert werden, beispielsweise per Handzettel.
LIVE FACIAL RECOGNITION | We are using the latest technology to tackle crime and keep Londoners safe.
Live Facial Recognition will assist us locate and identify those wanted by police for violent offences and serious crimes.
? https://t.co/ZhhNeJPHT5 pic.twitter.com/0IWaCZOzln
— Metropolitan Police (@metpoliceuk) January 24, 2020
Laut der Londoner Polizei identifiziert das eingesetzte System des japanischen Konzerns NEC in 70 Prozent aller Fälle die gesuchte Person korrekt. Zu einem falschen Alarm soll es nur in einem von 1.000 Fällen kommen. Das System sei ausführlich und über Jahre hinweg getestet worden, ähnliche Technologie sei im privaten Sektor weitläufig im Einsatz, so die Polizeibehörde.
Der stellvertretende Präsident der Londoner Polizei Nick Ephgrave verweist darauf, dass Polizisten ohnehin jeden Tag zu verdächtigen Personen gebrieft würden. Die neue Gesichtserkennungstechnologie verbessere nur ihre Effektivität. "Als moderne Polizeibehörde ist es unsere Pflicht, unsere Bürger mit der Hilfe neuer Technologien zu schützen", sagt Ephgrave.
Auf mögliche Gefahren und Nachteile KI-gestützter Massenüberwachung und wie mit diesen umgegangen werden könnte, geht die Polizei in der Ankündigung des neuen Überwachungsprogramms nicht ein.
Titelbild: Phil Hearing, Unsplash