Eine großangelegte Studie mit 776 Fachleuten bei Procter & Gamble zeigt: Einzelpersonen mit KI-Unterstützung können genauso gute Ergebnisse erzielen wie klassische Zweierteams ohne KI.
Die Forscher ließen die Teilnehmer in eintägigen Workshops Produktideen für verschiedene Geschäftsbereiche von P&G entwickeln. Die Teams bestanden aus einem kaufmännischen und einem technischen Experten, und die Hälfte der Teams und Einzelpersonen erhielten Zugang zu GPT-4 und GPT-4o.
Teams ohne KI waren um 0,24 Standardabweichungen besser als Einzelpersonen. Einzelpersonen mit KI-Unterstützung erreichten jedoch eine Verbesserung von 0,37 Standardabweichungen - und waren damit auf dem gleichen Niveau wie die Teams ohne KI.

Die höchste Gesamtleistung erzielten Teams mit KI-Unterstützung (0,39 Standardabweichungen Verbesserung), wobei der Unterschied zu Einzelpersonen mit KI statistisch nicht signifikant war.
Interessanterweise waren Teams mit KI jedoch deutlich häufiger in der Lage, Spitzenlösungen zu produzieren, die in den oberen 10 Prozent der Qualitätsbewertungen lagen. Das entspricht etwa dreimal höheren Chancen, in das oberste Dezil der Lösungen zu gelangen.

Zudem arbeiteten die KI-unterstützten Gruppen 12–16 Prozent schneller als Gruppen ohne KI, während sie gleichzeitig längere und detailliertere Lösungen lieferten. Mehr als 75 Prozent des von der KI generierten Inhalts wurden von einem "signifikanten Anteil" der Gruppen beibehalten.
KI gleicht Expertise-Unterschiede aus
Ein weiterer KI-Effekt zeigte sich bei der Art der Lösungen: Ohne KI schlugen technische Experten primär technische Lösungen vor, während Vertriebsexperten sich auf Marktaspekte konzentrierten. Mit KI-Unterstützung verschwand dieser Unterschied fast vollständig - beide Gruppen entwickelten ausgewogenere Vorschläge.
Besonders ausgeprägt war dieser Effekt bei Mitarbeitenden mit weniger Erfahrung in der Produktentwicklung. Ohne KI schnitten diese relativ schlecht ab, selbst in Teams. Mit KI-Unterstützung erreichten sie jedoch plötzlich ein Leistungsniveau, das mit Teams mit erfahrenen Mitgliedern vergleichbar war.
Entgegen der üblichen Annahme, dass neue Technologien Stress verursachen, berichteten die Teilnehmer mit KI-Unterstützung von mehr positiven Emotionen wie Begeisterung und Energie. Sie zeigten auch weniger Anzeichen von Angst und Frustration.
Für Unternehmen bedeuten die Ergebnisse laut den Forschern vor allem, dass sie ihre bisherige Sicht von KI als reines Produktivitätswerkzeug überdenken sollten. Vielmehr sollte die Technologie als zusätzliches Teammitglied fungieren.
Einblick in KI-Teamarbeit mit vielen Einschränkungen
Dieser Einschätzung der Forscher könnte man entgegenhalten, dass KI im Studiendesign als Chatbot womöglich ineffizient eingesetzt wurde. Zwar eignen sich Chats gut, um schnell viele Ideen oder Ansätze zu generieren.
Allerdings hängt hier die Qualität etwas vom Zufall und stark von der Person ab, die den Chat führt, und die erzeugten Textmengen müssen fachlich bewertet werden. Daher nützt es wenig, wenn der Marketingexperte alleine plötzlich fachliche Vorschläge machen kann, da ihm die Beurteilungskompetenz fehlt. Genauso gut könnte man der KI gleich blind vertrauen.
Der Vorschlag des Forschungsteams, KI eher als Teammitglied denn als Werkzeug zu betrachten, scheint sich primär darauf zu konzentrieren, dass Chatbots in der Interaktion menschlich erscheinen können.
"Obwohl sie nicht menschlich ist, repliziert sie die Kernvorteile von Teamarbeit – verbesserte Leistung, Austausch von Fachwissen und positive emotionale Erfahrungen. Diese Teamplayer-Perspektive sollte Organisationen dazu bringen, anders über KI zu denken", schreibt der Studienleiter Ethan Mollick.
Aber gerade im Bereich der Produktentwicklung, wo es klar definierte Prozesse gibt, könnte es zuverlässiger sein und zu besseren Ergebnissen führen, diese Prozesse mit KI zu standardisieren und dann den Teams zur Verfügung zu stellen - oder sogar nur die Prozessergebnisse, die durch den Input der Teams generiert werden.
Ebenso hat die Studie praktisch keine Aussagekraft für die tatsächliche Umsetzung von KI in Unternehmen. Die Ergebnisse basieren auf eintägigen Workshops mit spezifischen Aufgaben und sind nicht ohne weiteres auf die komplexen, langfristigen und iterativen Arbeitsprozesse in Unternehmen übertragbar.
Es bleibt daher offen, wie viel von dem anfänglich schnell geschaffenen KI-Anteil übrig bleiben würde. Zudem variieren die Herausforderungen der KI-Integration stark je nach Unternehmenskultur, bestehenden Arbeitsprozessen und technischer Infrastruktur.
Unklar ist auch, wie sich der Einsatz von KI auf die Entwicklung von Kompetenzen und den Wissenstransfer über längere Zeiträume auswirkt - Faktoren, die für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen entscheidend sind.