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KI-Systeme unterstützen schon heute Mensch und Umwelt. Ein Beispiel ist KI-Technologie zur Früherkennung von Waldbränden.

Im Kontext der Klimakrise traten in den letzten Jahren vielerorts häufiger und heftiger Waldbrände auf. Ob im Mittelmeerraum, in Australien, in Sibirien, Brasilien, Kalifornien oder Kanada: Waldbrände haben verheerende Folgen für das Leben von Menschen, die Infrastruktur besiedelter Gebiete, Pflanzen, Tiere und die Umwelt, und tragen durch die zusätzliche Freisetzung von CO₂ zudem wesentlich zur Verstärkung des Klimawandels bei.

Doch KI-Systeme können Waldbrände heute erheblich schneller erkennen als Menschen. Löschmaßnahmen können dementsprechend früher eingeleitet werden. Die im Jahr 2016 gegründete brasilianische Firma Sintecsys etwa hat ein Waldbrand-Früherkennungssystem entwickelt, mithilfe dessen sich die durchschnittliche Zeitspanne bis zur Entdeckung von Waldbränden von bislang 40 Minuten auf nunmehr fünf Minuten reduzieren lässt.

Waldbrände: Umweltschäden mit globalen Auswirkungen

Waldbrände können durch Hitzewellen, Blitzeinschläge, Dürren, vorsätzliche Brandstiftung, Unachtsamkeit (etwa weggeworfene Zigarettenstummel) oder als direkte Folge des Klimawandels entstehen. In den vergangenen zwei Jahren haben Waldbrände ein nie dagewesenes Ausmaß angenommen und mehr CO₂-Emissionen verursacht als in den 20 Jahren zuvor.

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So wird es Jahrzehnte dauern, bis sich die Biodiversität des Amazonas erholt hat, bei manchen Arten sogar Jahrhunderte. Bei Menschen kann der Qualm zu lang anhaltenden Atembeschwerden und Atemwegserkrankungen führen. Die Schadensbehebung nach einem Waldbrand ist bis zu sechsmal teurer als dessen Verhinderung.

KI-Bilderkennung sieht mehr als Menschen

Noch bis vor einigen Jahrzehnten warnten uns menschliche Feuerspäher, ausgerüstet mit einem einfachen Fernglas, von entlegenen Feuerwachtürmen vor möglichen Waldbränden. Bei diesem Verfahren mussten mitunter flächendeckend mehrere tausend Beobachtungsstellen besetzt werden, was mit erheblichem Aufwand und hohen Kosten verbunden war. So wurden die einsamen Späher nach und nach durch Kameras ersetzt, die die Live-Videos gesammelt an eine zentrale Beobachtungsstelle übermitteln.

Dort untersucht das Überwachungspersonal sodann die Echtzeitaufnahmen auf Zeichen, die auf den Anfang eines Waldbrands hindeuten könnten. Hier besteht jedoch das Risiko, dass geringfügige Rauchentwicklung oder kleinere Feuer übersehen werden – vorwiegend dann, wenn das Personal mehrere Bildschirme gleichzeitig im Auge behalten muss.

Eine auf Bildanalyse trainierte Künstlichen Intelligenz hingegen kann eine große Anzahl an Live-Mitschnitten gleichzeitig auf beginnende Brände untersuchen. Auffälligkeiten werden den Behörden automatisch und in Sekundenschnelle gemeldet. Ein Bild mit dem möglichen Brandherd kann das System zusammen mit ersten Handlungsvorschlägen im gleichen Zug an die Feuerwehr übermitteln.

Starker Rauch steigt aus einer Waldumgebung auf
Auf Bildanalyse trainierte KI soll Anzeichen für einen Waldbrand auf Videobildern erkennen, lange bevor sich ein Risiko wie dieses entwickelt. | Bild: Pexels / Pixabay

Ein erstes solches Früherkennungssystem hat in den vergangenen drei Jahren bereits als Prototyp in Brasilien Anwendung gefunden, wodurch die durchschnittliche Meldezeit von Waldbränden drastisch reduziert wurde. Die von Sintecsys entwickelte KI-Technologie wertet Videoaufnahmen von 50 auf Türmen installierten 360°-Kameras in ganz Brasilien aus.

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Omdena-Initiative nutzt Vorteile von KI in der Waldbranderkennung

Die Modelle, auf denen die Technologie zur Waldbranderkennung beruht, wurden von 47 Expert:innen aus 22 Ländern entwickelt. Das achtwöchige Projekt wurde von der globalen Plattform Omdena initiiert. Omdena ermöglicht die Zusammenarbeit von Organisationen mit einer vielfältigen internationalen KI-Community, um schnelle und effektive Lösungen für aktuelle Probleme zu finden.

Die größte Herausforderung des Vorhabens bestand darin, unterschiedliche Helligkeiten im Verlaufe eines Tages berücksichtigen zu können. Deswegen unterteilte das Team das Bildmaterial im ersten Schritt in Tag- und Nachtaufnahmen: Tagsüber ist aufsteigender Rauch besonders schwer zu erkennen, während Flammen nachts aufgrund des Kontrastes leichter sichtbar sind. Durch Sonnenaufgang und Dämmerung – Tageszeiten, bei denen sowohl Rauch als auch Feuer sichtbar sein können – wurden die Randbedingungen definiert.

Ein weiteres Problem sind rauchähnliche Phänomene wie Nebel, Blendeffekte durch Kameras, Wolken oder Qualm aus sicheren Quellen, die nicht zur Auslösung einer Warnmeldung führen sollten. Auch die geringe Auflösung der stark komprimierten Videoaufnahmen war eine Schwierigkeit, die das Team lösen musste.

Dies gelang anhand einer hinreichend großen Menge qualitativ hochwertiger, repräsentativer Trainingsdaten. Zwanzig Expert:innen werteten hierfür manuell 9.000 Bilder aus, um möglichst präzise Voraussetzungen für das KI-Modell zu schaffen. Im Ergebnis lag das erarbeitete Modell in mehr als 95 Prozent aller Tagesaufnahmen richtig.

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Nachdem Syntecsys das Früherkennungssystem nun bereits in sieben brasilianischen Bundesstaaten erfolgreich eingesetzt hat, soll es in angepasster Form auf weitere Länder übertragen und dort implementiert werden. Künftig wertet die Firma zusätzlich Satellitenbilder aus, weist besonders brandgefährdete Zonen aus und verbessert die KI-Bildanalyse für Nachtaufnahmen.

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Sarah ist Mathematikerin, Programmiererin und Teilzeit-Philosophin. Ihr Fokus liegt auf den ethischen und gesellschaftlichen Zukunftsfragen von Künstlicher Intelligenz.
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