Eine aktuelle Studie nutzte strukturelle MRT-Daten, um das Risiko einer späteren Psychose bei Hochrisikopersonen vorherzusagen. Die Ergebnisse könnten zur frühzeitigen Erkennung bei gefährdeten Individuen beitragen.
Forscher der ENIGMA Clinical High Risk for Psychosis-Arbeitsgruppe haben durch den Einsatz maschinellen Lernens und struktureller Magnetresonanztomographie (sMRI) eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, Personen zu identifizieren, die ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Psychose aufweisen. Die Studie wurde im Fachjournal "Molecular Psychiatry" veröffentlicht.
Das zentrale Ziel der Studie war es, anhand struktureller Magnetresonanztomografie-Daten (sMRT) einen Klassifikator zu entwickeln, der Personen mit erhöhtem Psychoserisiko, die später tatsächlich an einer Psychose erkrankten (CHR-PS+), von gesunden Kontrollpersonen (HC) unterscheiden kann.
Das internationale Forscherteam sammelte und analysierte MRT-Daten von insgesamt 1165 Personen mit einem klinisch erhöhten Risiko für Psychosen (CHR), darunter 144 Teilnehmer, die später tatsächlich eine Psychose entwickelten (CHR-PS+), 793 Personen, die keine Psychose entwickelten (CHR-PS-), und 228 mit unklarem Follow-up-Status (CHR-UNK). Zusätzlich wurden die Daten von 1029 gesunden Kontrollpersonen (HCs) zum Vergleich herangezogen.
Um die Leistungsfähigkeit des Klassifikators zu evaluieren, wurde der Datensatz in verschiedene Teilmengen aufgeteilt: Ein Trainingsdatensatz diente zum Aufbau des Klassifikators, ein Testdatensatz zur Überprüfung der Genauigkeit und ein unabhängiger Bestätigungsdatensatz zur Validierung an neuen Daten.
Ein Schlüsselaspekt der Studie war die Anwendung des statistischen Verfahrens ComBat zur Harmonisierung der MRT-Daten an den verschiedenen Standorten.
Dieses Verfahren minimierte die Unterschiede zwischen den Scans, die durch unterschiedliche MRT-Geräte und Protokolle verursacht werden können, und verbesserte so die Zuverlässigkeit der Klassifikationsergebnisse.
"Die Genauigkeit des Klassifizierers bei den Trainings- und unabhängigen Bestätigungsdatensätzen erreichte beeindruckende 85 Prozent bzw. 73 Prozent", so die Forscher.
Frühere Studien hatten bereits strukturelle Unterschiede im Gehirn von Personen mit erhöhtem Psychoserisiko gezeigt, insbesondere eine Reduktion der grauen Substanz im medialen und oberen Temporallappen sowie im medialen frontalen Kortex.
In der aktuellen Analyse wurden die oberen Temporallappen, die Inselrinde und die oberen frontalen Areale besonders hervorgehoben und als kritisch für die Unterscheidung identifiziert.
Interessanterweise konnten mit dem Klassifikator auch CHR-Risikopersonen, die später keine Psychose entwickelten, sowie Personen mit unklarem Verlauf meist als gesunde Kontrollpersonen identifiziert werden. Dies deutet darauf hin, dass der Klassifikator tatsächlich psychoserelevante strukturelle Veränderungen erfasst.
Jährlich erkranken bis zu 100 Menschen an Psychose
Psychosen werden von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde NIMH als eine Reihe von Symptomen wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen definiert, die den Kontakt zur Realität beeinträchtigen.
Sie werden durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst, darunter genetische Veranlagung, Entwicklungsstörungen des Gehirns, Stress, Traumata und Alkohol- oder Drogenkonsum.
Jedes Jahr erkranken 15 bis 100 von 100.000 Menschen an einer Psychose. NIMH betont, dass "eine frühzeitige Erkennung von Psychosen oft zu besseren Heilungschancen führt".
Shinsuke Koike, Ph.D.-Professor an der Universität Tokio und einer der Hauptautoren der Studie, fügt hinzu: "Das Clinical High Risk (CHR)-Paradigma ist weit verbreitet, um die Früherkennung und Prävention von psychotischen Störungen zu verbessern."
Die Wissenschaftler hoffen, dass ihr KI-basierter Ansatz in Zukunft als klinisches Werkzeug zur Risikostratifizierung eingesetzt werden kann, möglicherweise als Ergänzung zu bestehenden Risikobewertungen. Weitere Forschung ist nötig, um den Klassifikator für den klinischen Einsatz zu validieren und zu optimieren.
"Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass grundlegende MRT-Scans für Patienten mit CHR nützlich sein könnten, um ihre Prognose zu bestimmen", betont Koike.