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Industrieroboter werden durch maschinelles Lernen stetig verbessert. Verdrängen sie menschliche Arbeitskräfte bald aus den Lagerhäusern? 

Im Jahr 2012 kaufte Amazon den Lagerroboterhersteller Kiva Systems für 775 Millionen US-Dollar. Die Produktivität sollte dadurch um das drei- bis vierfache steigen. Viele befürchteten einen rapiden Stellenabbau durch den Einsatz von autonom arbeitenden Robotern in den kommenden Jahren.

Noch ist die Revolution der Roboter in den Warenhäusern ausgeblieben – doch sie wird laut Experten schon in wenigen Jahren kommen. Trotzdem glauben Forscher nicht an den massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen.

Robotik im Lager als Unterstützung für Arbeitskräfte

Roboter, wie sie Amazon erstmals vor fast zehn Jahren verstärkt einsetzte, sind auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt. Mit entsprechender Sensorik ausgestattet fahren sie selbstständig auf festgelegten Wegen durch die Hallen, weichen Hindernissen aus oder bewegen Paletten und Regale mit bestellten Waren und Verpackungen.

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Das hilft zwar, die Produktivität zu steigern, ersetzt aber keinen vollwertigen Arbeitsplatz. Denn um die Waren beispielsweise ordnungsgemäß zu verpacken, fehlt es diesen Lagerrobotern an „Fingerspitzengefühl“. Um Kleinteile zu kommissionieren, ist eine menschliche Arbeitskraft unverzichtbar.

Mitarbeiter werden also von Robotern unterstützt, nicht ersetzt. Sie müssen keine langen Wege mehr gehen, Waren suchen oder Stapler bedienen, sondern können sich auf andere Arbeiten konzentrieren. Amazon bekräftigte schon 2013 keine Stellen wegen des Einsatzes der Kiva-Robter abbauen zu wollen.

Das Zeitalter der KI-Roboter beginnt

Mittlerweile ist die Forschung allerdings deutlich weiter. Mithilfe Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen sind Roboter heutzutage zu weitaus mehr fähig, als nur Paletten zu transportieren. Das amerikanische Unternehmen Covariant entwickelt die nötige Software, um die Einsatzgebiete moderner Roboter zu erweitern.

Die KI-Software „Covariant Brain“ betreibt eine breite Palette von Industrierobotern, die Kommissionier- und Sortieraufgaben von Stückgut für Unternehmen in verschiedenen Branchen übernehmen. Die Roboter identifizieren unterschiedliche Waren, auch wenn sie vermischt in einer Kiste liegen.

Um sie bequemer aufheben zu können, breiten sie das Stückgut selbstständig vor sich aus. Sie greifen Äpfel, Papier oder andere leicht deformierbare Objekte, ohne sie zu beschädigen.

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Roboter lernen selbstständig und geben ihr Wissen weiter

Menschliches Eingreifen ist kaum mehr nötig. Covariants Roboter sind in der Lage, Fehler selbstständig zu erkennen und sie zu beheben.

Laut Technik-Chef Pieter Abbeel verfügt das Covariant Brain über ein unbegrenztes Lernpotenzial für zahlreiche Anwendungen im gesamten Lager: „Unsere aktuellen Einsätze sind nur die Spitze des Eisbergs dessen, was KI-Robotik für die Lieferkette und darüber hinaus leisten kann.“

Das Covariant Brain verbessert sich stetig durch maschinelles Lernen. Ist ein Warenhaus an verschiedenen Bereichen mit mehreren Robotern ausgestattet, profitieren Kunden vom „Fleet-Learning“-Effekt. Lernt ein Roboter, lernen alle. Die KI optimiert gleichzeitig alle eingesetzten Roboter.

Zwischen Mai 2020 und Juli 2021 gelang es dem Start-up, Finanzierungsmittel in Höhe von 160 Millionen US-Dollar zu generieren. Laut Abbeel stieg das Interesse an KI-Robotern im Zuge der Pandemie gewaltig an. E-Commerce boomte wie nie zuvor und Arbeitskräfte wurden knapp. Vor allem Firmen aus der Mode- und Beauty-Branche, Pharmaunternehmen und Lebensmittelhändler setzen seitdem vermehrt auf intelligente Lagerrobotik.

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Forscher: Mehr Roboter heißt nicht gleich weniger Arbeitsplätze

Laut den Marktforschern von ABI Research waren 2018 etwa 4.000 Lagerhäuser mit insgesamt vier Millionen Industrie-Robotern ausgestattet. Bis 2025 prognostiziert ABI einen Anstieg auf 50.000 Roboter-gesteuerte Lagerhäuser. Derzeit sollen etwa 2.000 KI-Roboter im Einsatz sein, davon durchschnittlich ein bis zwei Stück pro Lagerhaus. Schon bald könnten es bis zu zehn Roboter pro Warenhaus werden. Dennoch glauben Forscher nicht an einen Verlust von Arbeitsplätzen. Viel mehr soll es Verschiebungen der Tätigkeitsbereiche geben.

Aus einer Studie der NYU Stern School of Business geht hervor, dass vor allem Early Adopter wettbewerbsfähiger werden. Führt ein Unternehmen also KI-Roboter vor allen anderen in seiner Branche ein, ist damit zu rechnen, dass es schneller wächst und mehr Arbeitskräfte benötigt. Zu Verlusten kommt es laut Professorin Lynn Wu, Mitverfasserin der Studie, eher bei Betrieben, die eine derartige Umstellung versäumen.

Zudem werden Tätigkeitsfelder verschoben. Wu sieht die Mitte der Karriereleiter zunehmend verschwinden. Sie werde allerdings durch einen steigenden Bedarf an niedrig- und hochqualifizierten Arbeitskräften ersetzt. So werde etwa die Wartung und Überwachung der Roboter-Anlagen wichtiger, während das Kommissionieren von Waren entfällt. Durch die steigende Produktivität erhöhe sich aber der Bedarf an Logistikdienstleistungen. Zumindest bis autonomes Fahren im Lieferverkehr alltäglich wird, sind diese Arbeitsplätze also gesichert.

Titelbild: Covariant.ai, Quelle: TechCrunch, Covariant AI, ABI, TechnologyReview,

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Josef schreibt für THE DECODER über Robotik, autonomes Fahren, vernetzte Städte und smarte Geräte. Träumt von einem Smart Home, in dem sämtliche Sprachassistenten friedlich koexistieren.
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