KI-Einführung am Arbeitsplatz: Image-Sorgen sind ein Bremser

Menschen achten stark darauf, wie sie auf andere wirken. Das gilt auch beim Umgang mit KI. Das zeigt ein Paper des Ökonomen David Almog, der 449 US-Freelancer auf Upwork in einem Experiment beobachtete. Die Teilnehmenden mussten in 50 Runden verrauschte Bilder einer von 16 Kategorien wie Flugzeug, Hund oder Lastwagen zuordnen. Nach ihrer ersten Antwort sahen sie jeweils eine KI-Empfehlung und konnten entweder bei ihrer Antwort bleiben oder zur KI wechseln. Entscheidend war, was ein HR-Bewerter später zu sehen bekam. In der Kontrollgruppe sah er nur die Endgenauigkeit, in den Behandlungsgruppen zusätzlich die Häufigkeit, mit der jemand der KI folgte – und die Teilnehmenden wussten das. Sobald die KI-Nutzung sichtbar war, folgten sie den Empfehlungen rund 14 Prozent seltener (30,5 statt 26,2 Prozent), und ihre Trefferquote sank von 79,1 auf 76,4 Prozent, obwohl die KI zu 85 Prozent richtig lag. Zusatztests erklärten, warum: Wer beobachtet wird, will gezielt ‚Vertrauen ins eigene Urteil‘ signalisieren. Umgekehrt werden Kollegen, die viel KI nutzen, schlechter bewertet – selbst wenn ihr Ergebnis genauso gut ist. Image-Sorgen wiegen schwerer als rationale Argumente Diese Image-Sorgen ließen sich auch durch rationale Argumente nicht aushebeln. Die Effekte blieben bestehen, selbst als den Teilnehmenden garantiert wurde, dass für die Bewertung ausschließlich die Genauigkeit zählt. Auch der Versuch, Vertrauen zu schaffen, scheiterte: In einer Versuchsgruppe wurden die HR-Verantwortlichen vorab über die exzellente Erfolgsbilanz der Freelancer informiert, um Zweifel an deren Kompetenz eigentlich auszuräumen. Doch das änderte nichts – die Angst, durch sichtbare KI-Nutzung schlecht dazustehen, wog schwerer als jeder Hinweis auf die Qualifikation. Das bedeutet: Selbst bei transparenter Leistungsbewertung und positiven Zusatzinformationen zur Qualifikation änderte sich das zurückhaltende Verhalten gegenüber sichtbarer KI-Nutzung nicht. Für Almog sind solche Image-Sorgen eine unterschätzte Hürde für den KI-Einsatz im Unternehmen. Kultur entscheidet über KI-Erfolg Das Experiment macht deutlich, dass erfolgreiche KI-Einführung weit mehr ist als eine Tool-Frage. Die beste Technologie nützt wenig, wenn Beschäftigte befürchten, dass sichtbare KI-Nutzung ihnen bei Vorgesetzten oder Kollegen schaden könnte. Technologie ist nur der Anfang. Unternehmen müssen laut Almog vor allem die sozialen Rahmenbedingungen gestalten: Kluger KI-Einsatz sollte sichtbar erwünscht sein, Bewertungs- und Karrieresysteme sollten das widerspiegeln, und Arbeitsabläufe sollten so aufgebaut sein, dass produktive KI-Nutzung nicht als Schwäche interpretiert wird. Grundlage dafür ist Nutzungskompetenz. Wird generative KI unbedacht eingesetzt und verschlechtert die Ergebnisse, schwindet die Akzeptanz schnell. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von BetterUp Labs und dem Stanford Social Media Lab zeigt das eindrücklich: 40 Prozent der Befragten erhalten regelmäßig oberflächliche KI-Texte von Kollegen – „Workslop“, der fast zwei Stunden pro Vorfall kostet, monatlich rund 186 Dollar Produktivität pro Kopf frisst und in großen Unternehmen Millionen verschlingt. Noch problematischer: Solche KI-Spam-Inhalte schaden dem Vertrauen im Team. Kollegen, die sie verschicken, gelten als weniger fähig und weniger zuverlässig. Fehlende Richtlinien und fehlende Kompetenz führen so nicht nur zu schlechteren Ergebnissen, sondern auch zu einem kulturellen Problem. Umgekehrt gilt: Die Kultur entscheidet, ob KI im Unternehmen Wirkung entfalten kann. Wo kluger KI-Einsatz geschätzt wird, Qualität zählt und Fehler nicht sofort als Inkompetenz gelten, steigt die Bereitschaft, neue Werkzeuge sinnvoll zu nutzen. Was könnt ihr tun? Guidelines (Webinar) helfen, aber aus unseren Implementierungsprojekten wissen wir: Entscheidend ist, regelmäßig über KI zu reden. Eine Prompt‑ oder KI‑Sprechstunde, in der Erfahrungen ausgetauscht werden, kann enorm viel bewirken. Sie macht KI-Nutzung selbstverständlich, fördert Wissenstransfer und motiviert Early Adopter. Und genau die benötigen Unternehmen, sie treiben die echte Durchdringung voran. Das kann externe Beratung nicht leisten. Ein Beispiel ist SEW‑Eurodrive (Beispiel im KI-Barometer Q3 2025). Das Unternehmen hat Ende 2023 eine interne KI‑Community aufgebaut, die Wissen teilt und Anwendungsfälle vorantreibt. Aus anfangs zehn Personen wurden inzwischen 160 Mitglieder. Ein monatliches einstündiges Online‑Meeting mit Präsentation und Diskussion bildet das Herzstück, ergänzt durch reale Treffen zur Vernetzung. Das Management sollte zudem klar zeigen, dass es durchdachte KI-Nutzung unterstützt. Pauschale Vorgaben wie „alles muss mit KI gemacht werden“ sind genauso schädlich wie gar keine Vorgaben. Neulich hörte ich eine Horror-Story aus einem internationalen Konzern, der KI‑Nutzungsquoten einführte und fixe Prompts vorschrieb, deren Verwendung sogar getrackt wurde. Das Ergebnis: Angst, Ablehnung und Qualitätsprobleme, weil sich die Beschäftigten zu sehr auf den Output verließen, ohne zu verstehen, wie er zustande kommt. Hochwertige KI-Nutzung entsteht durch thematisches Fachwissen und ein solides Grundwissen darüber, wie KI‑Modelle funktionieren. Der Sweetspot ist eine Fachkraft, die ihr Gebiet wirklich beherrscht, kombiniert mit einer kompetenten, reflektierten KI-Nutzung, die durch Wissensvermittlung und praktische Erfahrung gewachsen ist. Das bedarf Zeit. Problem Gegenmittel Beschäftigte fürchten, dass sichtbare KI-Nutzung ihrem Image schadet Explizit klarmachen: Gute KI-Nutzung ist erwünscht und wird positiv bewertet; Führungskräfte leben das vor KI wird unreflektiert genutzt, Ergebnisse werden schlechter Schulungen zu Funktionsweise und Grenzen von KI; klare Qualitätschecks für KI-Ergebnisse im Prozess „Workslop“: oberflächliche KI-Texte fluten das Unternehmen Richtlinien zu Einsatzfällen und Mindestqualität; Veranwortung klar kommunizieren: Absender bleibt fachlich verantwortlich. Es gibt keine "KI-Fehler". Pauschale KI-Pflicht oder Nutzungsquoten erzeugen Ablehnung Keine Quoten. KI-Nutzung freiwillig, mit Fokus auf sinnvolle Use Cases; Teams Zeit geben, Erfahrungen zu sammeln Fehlende Nutzungskompetenz im Team Interne Trainings, KI-Champions, praxisnahe Übungen Kaum Austausch über KI im Alltag Regelmäßige KI-/Prompt-Sprechstunden, interne Austauschformate und Beispiele aus der Praxis teilen

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