Die größte Herausforderung der KI-Wissenschaft ist es, Künstliche Intelligenz zu generalisieren. Doch es gibt einen möglichen Zwischenschritt.
Aktuelle KI-Systeme sind einseitig begabt: Sie können eine spezielle Aufgabe besonders gut lösen, scheitern aber daran, das dabei erlernte Wissen auf andere Aufgaben zu übertragen. Künstlicher Intelligenz diese Fähigkeit zur Abstraktion beizubringen, ist der heilige Gral der KI-Forschung.
Denn wenn es gelänge, dass KI-Systeme sich eigenständig neues Wissen aneignen und auf Probleme anwenden können - so wie es Menschen tun - dann wäre das ein entscheidender Durchbruch hin zur Allzweck-KI.
Allerdings ist nicht klar, wie und ob überhaupt dieses Unterfangen glücken könnte. Doch für eine KI-Revolution im großen Stil reicht wohl der Zwischenschritt.
KIs mit einer Million Inselbegabungen sind "schon ziemlich breit aufgestellt"
Im Interview mit dem Manager Magazin stellt der anerkannte KI-Wissenschaftler Jürgen Schmidhuber Künstliche-Intelligenz-Systeme "mit einer Million Inselbegabungen zugleich" in Aussicht. "Die werden dann schon ziemlich breit aufgestellt sein", sagt Schmidhuber. Der Wissenschaftler forscht schon sein ganzes Berufsleben seit Ende der 80er Jahre an klugen Computern.
Wahre KI, so Schmidhuber, müsse jedoch "richtig mit der Welt umgehen können, Dinge verändern, Prozesse steuern". In der "nicht so fernen Zukunft" solle es Roboter geben, denen man zeigt, was sie zu tun haben und sie machen es nach. "Das geht heute noch gar nicht gut, kommt aber langsam in Reichweite", sagt Schmidhuber. Viele Branchen und Berufe sollen davon betroffen sein.
Virtual-Reality-Systeme und die mit ihnen verbundene Trackingtechnologie könnten bei der Entwicklung dieser Show-and-Tell-Roboter eine wichtige Rolle spielen, wie erste Demonstrationen zeigen.
Der Mensch als Steigbügelhalter: KI soll das Weltall erobern
Laut Schmidhuber wird sich Künstliche Intelligenz einem der größten Menschheitsträume annehmen, nämlich der Eroberung des Weltalls. KI würde sich eigene Ziele setzen und "sich dorthin begeben, wo die Ressourcen sind" - nämlich außerhalb der menschlichen Biosphäre.
"Sich selbst replizierende KIs werden sich rasch im Sonnensystem und der ganzen Milchstrasse ausbreiten, im Zaum gehalten nur von der begrenzten Lichtgeschwindigkeit, und Menschen werden nicht folgen können", prognostiziert Schmidhuber.
Nach "ein paar zig Jahrmilliarden" solle dann "das ganze sichtbare Universum von Intelligenz durchdrungen sein." Die Menschheit sieht Schmidhuber bei diesem Prozess als "Steigbügelhalter" für die Entwicklung des Universums "hin zu höherer Komplexität".
"Wir sind alle Teil eines großen Prozesses, der das ursprünglich doofe Universum immer komplexer und klüger macht und zu höherer Entwicklung treibt", erklärt Schmidhuber die Rolle der Menschheit.
Welchen Sinn diese Entwicklung haben könnte, darauf weiß auch der KI-Forscher keine Antwort. Er hofft, dass er sich im Verlauf dieser Entwicklung offenbart.