KI-Forschung

Künstliche Intelligenz soll bei Herztransplantationen helfen

Matthias Bastian
Zwei Chirurgen stehen in einem OP-Saal und operieren. Man sieht nur ihren Körper bis zur Schulter, davor hängt ein Tuch.

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Mit einem KI-System wollen Forschende das Risiko einer Abstoßungsreaktion nach einer Organtransplantation besser diagnostizieren. Das System soll menschliche Expert:innen bei der Diagnose unterstützen.

Organtransplantationen können Leben retten, wenn der Körper das neue Organ akzeptiert. Sollte das Immunsystem das Gewebe jedoch als fremd bewerten und bekämpfen, kann das in variablen Zeiträumen zu einer Reihe verschiedener Symptome führen, die nicht immer eindeutig zuordenbar sind. Eine chronische Abstoßung kann sogar Jahre dauern.

Wegen der vielen möglichen Reaktionen kommen Expert:innen daher bei ihrer Einschätzung über den Grad und die Schwere einer Abstoßung zu unterschiedlichen Diagnosen. Die wiederum können etwa zur Verzögerungen in der Behandlung führen oder zu einer unangemessenen Medikamentendosierung. Hier soll medizinische KI als Werkzeug unterstützen, indem sie die Konsensfindung fördert.

KI-Diagnose auf menschlichem Niveau

Ein Team der Harvard Medical School und des Brigham and Women’s Hospital stellt im Fachjournal Nature Medicine das KI-System "Cardiac Rejection Assessment Neural Estimator (CRANE)" vor. Es soll Ärzten und Ärztinnen dabei helfen, eine Abstoßungsreaktion früher und genauer zu diagnostizieren.

Die Forschenden trainierten das KI-System per Deep Learning für die Erkennung, Subtypisierung und Einstufung von Transplantatabstoßungen. Wie viele medizinische Diagnosesysteme arbeitet auch Crane visuell, indem es Muster auf medizinischen Bildern untersucht. Als Trainingsmaterial verwendete das Forschungsteam Tausende Pathologiebilder aus mehr als 1.300 Herzbiopsien der Brigham and Women’s Klinik.

In einer Pilotstudie zeigte das KI-System laut des Forschungsteams Diagnosefähigkeit auf dem Niveau menschlicher Expert:innen. In Kooperation mit diesen soll das System für mehr Übereinstimmungen und eine geringere Beurteilungszeit gesorgt haben.

"Unsere retrospektive Pilotstudie hat gezeigt, dass die Kombination von künstlicher und menschlicher Intelligenz die Übereinstimmung der Experten verbessern und die Zeit für die Auswertung von Biopsien verkürzen kann", sagt Faisal Mahmood, der Hauptautor der Studie und Assistenzprofessor für Pathologie am Brigham and Women's.

Klinische Studie soll folgen

Das System sei dafür ausgelegt, dass es von mehreren Expert:innen genutzt werde oder auch als Ergänzung, wenn nur wenige Pathologiespezialist:innen zur Verfügung stünden, so Mahmood. Die bisherigen Ergebnisse würden die Grundlage für eine klinische Studie schaffen, die den genauen Nutzen von KI für erfolgreiche Herztransplantationen ermitteln soll.

"In der gesamten Geschichte der Medizin waren diagnostische Bewertungen weitgehend subjektiv", sagt Mahmood. "Dank der Leistungsfähigkeit und der Unterstützung durch Computerwerkzeuge ändert sich das gerade."

Die Forschenden testeten die KI bewusst an Proben von Patient:innen aus den USA, der Türkei und der Schweiz, um bei ihren Validierungen möglichst große Unterschiede zwischen Populationen, den Probenpräparaten und den Scan-Instrumenten der Objektträger herzustellen. Viele unbekannte Variablen sind ein Stresstest für die Robustheit Künstliche Intelligenz.

In einer interaktiven Browser-Anwendung stellt das Team Beispieldiagnosen von Crane zur Verfügung.

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