In einer Studie konnte ein Algorithmus selbstmordgefährdete Menschen anhand von neuronalen Mustern mit hoher Präzision erkennen. Zukünftig könnten solche KI-Systeme bei der Diagnose unterstützen unabhängig von einer Selbstauskunft.
Das Gehirn ist kein starres Konstrukt, sondern verändert seine neuronalen Aktivitäten anhand von Stimuli wie Verhalten und Erlebnissen. Mit fortschrittlichen Algorithmen können diese Aktivitätsmuster so dekodiert werden, dass Rückschlüsse über den Menschen möglich sind. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte, dass ein mit entsprechenden Daten trainierter Algorithmus anhand von Gehirnscans in Echtzeit grob entschlüsseln kann, was Menschen in einem Video sehen.
Das gleiche Prinzip wandten Forscher der Universität Carnegie Mellon in Pittsburgh jetzt auf Menschen mit suizidalen Tendenzen an. Sie untersuchten 34 Probanden, die Hälfte von ihnen hatte sich mit Selbstmord beschäftigt oder einen Selbstmordversuch unternommen. Die andere Hälfte gehörte einer gesunden Kontrollgruppe an.
Die Probanden wurde während eines Magnetresonanz-Gehirnscans mit positiven und negativen Begriffen wie "Tod", "Leid" oder "Lob" und "Freude" stimuliert. Die Forscher identifizierten so neuronale Muster, die sie mit suizidalem Verhalten in Verbindung brachten und die sie für das Training des Algorithmus nutzten. Die neuronalen Muster sollen unabhängig vom individuellen Patienten auf andere Menschen übertragbar sein.
Hohe Präzision bei der neuronalen Mustererkennung
Der Algorithmus konnte basierend auf der Musteranalyse der neuronalen Aktivitäten mit einer Präzision von 91 Prozent die Personen ihrer jeweiligen Gruppe zuordnen. Er erkannte 15 der 17 Patienten mit Selbstmordrisiko und ordnete 16 der 17 gesunden Personen korrekt der Kontrollgruppe zu.
In einem zweiten Schritt untersuchten die Forscher ausschließlich die Gruppe mit suizidalen Tendenzen. Hier konnte der Algorithmus mit einer Präzision von 94 Prozent erkennen, ob ein Patient bereits Selbstmord versucht hatte oder nicht. Von den 17 Patienten traf das auf neun zu.
Laut der Studie verneinen 80 Prozent der Selbstmörder ihre Selbstmordabsichten beim letzten Kontakt mit dem behandelnden Arzt, beispielsweise um restriktivere Therapien zu vermeiden. Dies zeige Bedarf nach Untersuchungsmethoden, die nicht auf einer Selbstauskunft basieren, schreiben die Wissenschaftler. Da Selbstmorde weder vom Patienten noch von Medizinern gut vorhergesagt werden können, hoffen sie darauf, dass ihr Verfahren dazu beitragen kann, Risikopatienten besser zu diagnostizieren.