Auf der Disrupt Berlin sprach der AR-Cloud-Entwickler Matt Miesnieks über die Zukunft der Augmented Reality. Dabei kamen auch Bedenken hinsichtlich des möglichen Missbrauchs der Technologie zur Sprache.
Matt Miesnieks will mit seinem Startup 6D.ai die technischen Grundlagen der AR-Cloud legen. Damit ist ein digitales 3D-Koordinatensystem der physischen Welt gemeint, mit der sich Smartphones und AR-Brillen durchgehend und präzise im Raum orientieren und digitale Objekte dauerhaft an realen Orten verankert werden können.
Objekterkennung ist eine weitere wichtige AR-Schlüsseltechnologie, an der 6D.ai arbeitet. Erst wenn AR-fähige Geräte in der Lage sind, reale Objekte als solche zu erkennen und zu unterscheiden, können sie die Welt sinnvoll um digitale Elemente erweitern. Hierbei sollen mit Beispielbildern trainierte neuronale Netzwerke helfen.
Ungewollte Nebeneffekte
Auf der Disrupt Berlin demonstrierte Miesnieks die hauseigene Objekterkennung am Beispiel eines kurzen Videos. Es zeigt ein Smartphone, das in Echtzeit vorbeifahrende Fahrzeuge und Menschen identifiziert. Dass so etwas möglich ist, bereitet Miesnieks nicht nur Freude.
"Wir ringen mit den Möglichkeiten, die diese Technologie bringt. Natürlich wird sie Pokémon Go unterhaltsamer machen oder Blinden erlauben, die Straße hinterzugehen und ohne Blindenstock Menschen und Fahrzeuge wahrzunehmen", sagt Miesnieks. "Aber sie könnte beispielsweise auch dafür genutzt werden, Menschen aus dem Sichtfeld auszublenden, sodass man am Ende nur noch die Menschen sieht, die man sehen möchte."
Miesnieks bezieht sich vermutlich auf die Black-Mirror-Episode Weiße Weihnacht, in der AR-Implantate dazu genutzt werden, andere Menschen visuell und akustisch zu blocken. Betroffene haben dadurch keine Möglichkeit mehr, mit dem Gegenüber zu kommunizieren.
Datenschutz: Vertrauen statt Sicherheit
Mit einer AR-Cloud erhält auch die Datenschutz-Frage eine neue Dimension: AR-Geräte nehmen ihre Nutzer und deren Umgebung wahr und sammeln dadurch weitaus mehr Daten als Smartphones. Diese sensiblen Daten könnten über die AR-Cloud ungewollt in die Hände der Cloud-Betreiber gelangen.
"Selbst wenn wir das tun, was wir für richtig halten und gute Absichten haben, so handelt es sich dennoch um einen großen Graubereich, in dem wir viele Fehler machen werden", warnt Miesnieks. "Wenn Fehler passieren, und sie werden passieren, dann können wir uns nur auf unsere Unternehmenswerte und das Vertrauen berufen, das wir zu den Nutzern aufgebaut haben", sagt Miesnieks.
Sein Startup will das Datenschutz-Problem vermindern, indem es Berechnungen lokal auf dem Gerät statt in der Cloud durchführen und Daten anonymisieren lässt, bevor sie an die Cloud geschickt werden.
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Titelbild: Cityscapes Dataset, Quelle: Techcrunch