Meta startet mit den Ray-Ban Display-Brillen seinen bisher ambitioniertesten Versuch, das Smartphone zu verdrängen. Statt auf klassische Apps setzt das Unternehmen immer stärker auf KI als zentrale Schnittstelle.
Meta hat auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz Connect 2025 neue Smart Glasses vorgestellt, die erstmals mit einem integrierten Display ausgestattet sind. Die 799 Dollar teuren Ray-Ban Display-Brillen sollen ab dem 30. September verkauft werden und die Grundlage für ein eigenes Ökosystem bilden.
Die Brillen zeigen Inhalte direkt im rechten Glas: Textnachrichten, Navigationshinweise, Fotos, Musiksteuerung oder Ergebnisse von Metas KI-Dienst. Auch Videoanrufe mit eingeblendeter Gesprächsperspektive und Live-Untertitel mit Übersetzungen sind möglich. Das Display bietet ein Sichtfeld von 20 Grad bei 600 mal 600 Pixeln, mit Helligkeit von bis zu 5.000 nits.
Meta will weg von Apps
Es scheint, als sei es Metas oberstes Ziel, den Alltag nicht mehr über eine Vielzahl klassischer Apps, sondern direkt über KI zu organisieren. CTO Andrew Bosworth erklärte, KI sei „eine extrem gute Lösung“ für viele Aufgaben, die heute von Apps erledigt werden. Anstelle eines eigenen App-Stores denkt Meta also langfristig darüber nach, Apps überflüssig zu machen. Für das Unternehmen wäre dies nach seinen gescheiterten Smartphone-Ausflügen die Möglichkeit, in einem Markt Fuß zu fassen, der fast 20 Jahre lang von Apple und Google dominiert wurde.
Dazu passt auch das gezeigte Feature „Live AI“, das in den kommenden Monaten ausgerollt werden soll. In einem Konzeptvideo ist zu sehen, wie KI in der Brille während einer Unterhaltung Lösungsvorschläge für Probleme, relevante Informationen aus älteren Unterhaltungen und Nachrichtenentwürfe liefert. In der Praxis würde das bedeuten, dass Nutzer ihre digitalen Erinnerungen bei Meta speichern und sich damit immer stärker an dessen Ökosystem binden.
"Neural Band" zur Steuerung
Die Steuerung erfolgt überwiegend über das „Neural Band“, ein Armband am Handgelenk, das Gesten erkennt. Nutzer können etwa mit Fingerbewegungen Elemente auswählen oder mit einer Handdrehung die Lautstärke ändern. Auch eine Aktivierung der Sprach-KI per Fingertipp ist integriert. Noch in diesem Jahr sollen zusätzliche Funktionen folgen, darunter das Schreiben von Texten in die Luft.
Die Brille selbst erreicht eine Laufzeit von rund sechs Stunden, die über das Ladeetui viermal verlängert werden kann. Die Kamera bietet 12 Megapixel und 1080p-Video, bleibt jedoch hinter den neuen Display-losen Ray-Ban-Modellen und der Oakley Vanguard-Brille zurück. Diese zeichnen in 3K auf und verfügen über längere Akkulaufzeiten.
Der lange Weg zur AR
Parallel versucht Meta, sein Metaverse-Angebot Horizon Worlds attraktiver zu machen. Das Unternehmen führt die neue Horizon Engine ein, die bessere Grafik, höhere Leistung und mehr gleichzeitige Nutzer ermöglichen soll. Mit dem Editor „Horizon Studio“ sollen Creator eigene VR-Welten entwerfen, unterstützt durch generative KI, die Texturen oder Audio erzeugt. Ein geplanter KI-Assistent soll Entwicklern künftig Änderungen per Sprachbefehl abnehmen.
Die VR- und die neuen Display-Brillen gelten als Zwischenschritt auf dem Weg zu vollwertigen AR-Brillen, die für das Jahr 2027 geplant sind. Diese Technologie ist auch für die Brillen zentral, die das Unternehmen zusammen mit Anduril für die US-Armee entwickelt. Die beiden Unternehmen sind Teil einer Kooperation, die das wenig erfolgreiche IVAS-Programm von Microsoft fortsetzen und verbessern soll. Anduril-Gründer Palmer Luckey trifft damit einen alten Bekannten. Er gründete 2012 Oculus VR, das 2014 von Mark Zuckerberg für zwei Milliarden US-Dollar aufgekauft wurde. Danach investiert Facebook zunehmend in AR/VR-Technologien und KI. 2017 verließ Luckey Facebook und gründete das Militär-Start-up Anduril.