Meta investiert Milliarden in ein geheim operierendes "Superintelligence"-Team und lockt mit astronomischen Gehältern. Apple verliert innerhalb eines Monats vier Schlüsselkräfte. Doch das neu gegründete KI-Start-up Thinking Machines Lab widersteht dem Abwerbungsversuch – vorerst.
Apple hat einen weiteren Mitarbeiter an Meta verloren: Bowen Zhang, ein führender Forscher für multimodale KI-Modelle, verlässt das Unternehmen und schließt sich Metas neu gegründetem Superintelligence-Team an. Zuvor hatte Meta bereits Ruoming Pang, den Leiter des Apple Foundation Models-Teams (AFM), sowie die Forscher Tom Gunter und Mark Lee abgeworben. Damit hat Apple innerhalb eines Monats vier zentrale Mitglieder seines KI-Kernteams verloren.
Doch nach Apple, Google Deepmind, OpenAI und Safe Superintelligence widmet sich Meta-CEO Mark Zuckerberg nun einem weiteren prominenten Ziel: Thinking Machines Lab, gegründet von der ehemaligen OpenAI-CTO Mira Murati. Wie WIRED berichtet, sollen mehr als ein Dutzend der rund 50 Mitarbeitenden des Start-ups Angebote von Meta erhalten haben – darunter ein Paket im Wert von über einer Milliarde US-Dollar über mehrere Jahre hinweg. Trotz dieser spektakulären Summen hat bisher niemand aus dem Team das Angebot angenommen.
Die Superintelligence-Einheit agiert als semiunabhängiges Start-up innerhalb von Meta
Die neuen gewonnenen Forscher sollen Metas Superintelligence-Einheit verstärken. Laut Financial Times plant Zuckerberg, diese Gruppe wie ein internes Start-up zu betreiben – mit maximaler Autonomie, aber direktem Zugriff auf die Infrastruktur und Ressourcen des Konzerns. Das Team arbeitet abgeschottet vom restlichen Unternehmen in einem separaten Gebäudeteil am Hauptsitz in Menlo Park.
Führungsverantwortung tragen Alexandr Wang, Mitgründer von Scale AI, und Nat Friedman, Ex-CEO von GitHub. Beide sollen direkt mit Zuckerberg zusammenarbeiten und das Projekt leiten. Die genaue Strategie bleibt allerdings selbst innerhalb des Konzerns weitgehend unklar. Ein Insider beschreibt das Projekt als eine Art „Manhattan-Projekt“, bei dem „alles Geld auf KI geworfen wird, ohne genau zu wissen, was dabei herauskommen soll“.
Das Team soll künftig auch Metas übergeordnete KI-Ausrichtung mitbestimmen – eine Veränderung, die intern für Frustration sorgt. Einige bestehende Meta-Mitarbeitende, insbesondere aus der generativen KI-Abteilung, befürchten, durch das neue Team ersetzt zu werden. „Es gibt das Gefühl, dass Mark versucht, das bestehende Team auszutauschen“, zitiert die FT einen aktuellen Angestellten.
Open-Source als strategische Waffe gegen OpenAI
Aktuell verfolgt Meta eine Open-Source-Strategie, mit der es die KI-Basisinfrastruktur „kommodifizieren“ will – also als frei verfügbare Technologie bereitstellt, um proprietäre Systeme wie ChatGPT unter Druck zu setzen. Laut WIRED ist dies ein erklärtes Ziel von Metas CTO Andrew Bosworth, der in internen Gesprächen betont haben soll, dass Open Source eine strategische Waffe gegen OpenAI sei.
Doch intern läuft nicht alles rund: Metas Llama-Modelle enttäuschten zuletzt. Llama 4 wurde offensichtlich übereilt veröffentlicht, die größere Version „Behemoth“ soll zurückgehalten werden, weil sie Zuckerbergs Qualitätsanforderungen nicht erfüllte. Laut Financial Times erlaubt Meta inzwischen sogar, dass interne Teams auf Modelle anderer Anbieter zurückgreifen – ein ungewöhnlicher Schritt für ein Unternehmen, das sich als KI-Vorreiter positionieren will. Ein Ex-Mitarbeiter kommentiert: „Mark will Geschwindigkeit – und seine eigenen Modelle sind hier derzeit die Bremse.“
Finanzanalysten warten von einem weiteren Metaverse-Moment
Trotz aller offenen Fragen steigt Metas Aktie seit Jahresbeginn um 20 Prozent. Damit honorieren Anleger offenbar die Entschlossenheit Zuckerbergs, eine Führungsrolle im KI-Bereich zu übernehmen. Doch Analysten warnen: Die Kosten könnten aus dem Ruder laufen. Laut BNP Paribas liegt das zusätzliche Forschungsbudget für die Superintelligence-Offensive bei 1,5 bis 3,5 Milliarden US-Dollar jährlich. Meta hat seine Investitionsplanung im April auf bis zu 72 Milliarden US-Dollar jährlich erhöht.
Brent Thill von Jefferies sieht in den massiven Personalausgaben zwar ein Zeichen von „Dringlichkeit“, warnt aber vor kurzfristigen Belastungen für die Gewinnmarge. „Wenn es keinen erkennbaren kommerziellen Plan gibt, werden Investoren irgendwann ungeduldig“, so ein Finanzanalyst gegenüber der FT.
Vor kurzem hatte Zuckerberg bereits Milliarden in den Aufbau einer „Metaverse“-Plattform investiert und den Konzern 2021 zu Meta umbenannt. Die virtuelle Welt mit Avataren und Kryptowährung blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. Der Aktienkurs fiel zwischenzeitlich auf ein Sechsjahrestief. Mit der neuen Superintelligence-Offensive will Zuckerberg offenbar verhindern, dass sich dieses Muster wiederholt. Doch ob sich das All-Star-Team auch als funktionierende Einheit erweist, bleibt abzuwarten.