Das KI-Start-up Prime Intellect startet mit dem "Environments Hub" eine offene Infrastruktur für Trainingsumgebungen. Ziel ist es, den geschlossenen Systemen großer KI-Labore etwas entgegenzusetzen.
Das in San Francisco ansässige KI-Unternehmen Prime Intellect hat eine neue Plattform für Reinforcement-Learning-Umgebungen vorgestellt. Der Environments Hub soll es Forscher:innen und Entwickler:innen ermöglichen, interaktive Trainingsumgebungen für KI-Modelle zu erstellen, zu teilen und gemeinsam weiterzuentwickeln.
Laut Prime Intellect stellen solche Umgebungen den "entscheidenden Engpass für die nächste Welle des KI-Fortschritts" dar. In ihnen lernen KI-Agenten durch Interaktion mit einer regelbasierten Welt, in der auf Aktionen Zustände und Belohnungen folgen. Diese Art des Lernens sei nur dann sinnvoll, wenn Modelle mit dynamischen Situationen konfrontiert werden – ansonsten sei bestärkendes Lernen "nur Mathematik".
Gegen die Privatisierung durch große KI-Labore
Als Anlass für die Plattform nennt Prime Intellect einen wachsenden Trend: Große KI-Labore würden Millionenbeträge in die Entwicklung und Aneignung proprietärer RL-Umgebungen investieren. Diese Privatisierung erschwere es Open-Source-Initiativen, konkurrenzfähige KI-Modelle zu entwickeln.
Mit dem Environments Hub will Prime Intellect dem eine offene Alternative entgegensetzen. Ziel sei es, sicherzustellen, dass "die nächste Welle von Startups, KI-Fortschritt und Adaption auf offenen Schienen und offenen Modellen aufbaut und nicht in die geschlossenen Gärten der großen Labore" fließe, so das Unternehmen.
Crowdsourcing für das Open-Source-Modell INTELLECT-3
Langfristig soll der Environments Hub als Datengrundlage für das nächste große Open-Source-Modell des Unternehmens dienen. INTELLECT-3 soll ein "vollständig offenes, agentisches State-of-the-Art-Modell" werden, das mit Hilfe der gesammelten RL-Umgebungen trainiert wird. Was genau unter einem „agentischen“ Modell verstanden wird, lässt das Unternehmen offen – gemeint ist vermutlich ein Modell, das eigenständig Aufgaben in komplexen Umgebungen ausführen kann.
Um gezielt passende Umgebungen zu generieren, hat Prime Intellect eine Liste von Ausschreibungen samt Prämien veröffentlicht. Gesucht werden unter anderem Umgebungen zur Bewertung von Codequalität, für langlaufende Aufgaben mit Dateisystemintegration sowie für kreatives Schreiben. Damit will das Unternehmen nicht nur ein leistungsfähiges Modell entwickeln, sondern auch die Infrastrukturbarrieren für Entwickler:innen senken.
Dezentralisierte KI als Unternehmensphilosophie
Prime Intellect wurde von CEO Vincent Weisser und CTO Johannes Hagemann gegründet. Weisser war zuvor im Bereich Dezentralisierte Wissenschaft (DeSci) aktiv, Hagemann arbeitete bei Aleph Alpha an der Skalierung von LLM-Training. Das Unternehmen hat sich einer dezentralen KI-Infrastruktur verschrieben, bei der Rechenleistung gebündelt, Modelle verteilt trainiert und Ergebnisse gemeinschaftlich genutzt werden.
Nach eigenen Angaben hat Prime Intellect bislang 20,5 Millionen US-Dollar von Investoren wie Founders Fund, Andrej Karpathy und Hugging-Face-CEO Clem Delangue erhalten. Bereits im Frühjahr veröffentlichte das Unternehmen das dezentral trainierte Modell INTELLECT-2 als Vorläufer seiner Open-Source-Agentenstrategie.