Die niederländische Regierung übernimmt die Kontrolle über das Chipunternehmen Nexperia. Der Schritt markiert eine neue Eskalationsstufe im westlich-chinesischen Technologiekonflikt.
Die niederländische Regierung hat die Kontrolle über den Halbleiterhersteller Nexperia übernommen, das teilte das Wirtschaftsministerium in Den Haag am Sonntag mit. Hintergrund seien "akute und schwerwiegende Governance-Mängel" sowie eine "Bedrohung für die Kontinuität und Sicherung technologischen Know-hows auf niederländischem und europäischem Boden".
Nexperia produziert Chips für die europäische Automobilindustrie und Unterhaltungselektronik. Das Unternehmen mit Sitz in Nijmegen gehört seit 2019 mehrheitlich der chinesischen Wingtech-Gruppe. Diese hatte die Firma 2017 über ein staatlich gestütztes Investorenkonsortium für 2,75 Milliarden Dollar übernommen.
Laut Ministerium wurde das niederländische Gesetz zur Warenverfügbarkeit angewendet, um zu verhindern, dass Nexperia-Produkte im Krisenfall nicht mehr verfügbar sind. Bereits am 30. September sei ein entsprechender Beschluss ergangen, der erst am 12. Oktober öffentlich gemacht wurde.
Gericht entmachtet chinesische Führung
Einen Tag nach dem Eingreifen der Regierung beantragten drei europäische Nexperia-Manager beim Berufungsgericht Amsterdam eine Notintervention. Das Gericht setzte daraufhin den chinesischen CEO Zhang Xuezheng als Geschäftsführer und Aufsichtsrat ab. Am 7. Oktober ordnete es die Einsetzung eines unabhängigen, nicht-chinesischen Direktors mit Entscheidungsbefugnis an. Zudem wurden sämtliche Nexperia-Aktien – bis auf eine – unter die Aufsicht eines noch zu benennenden Treuhänders gestellt.
Wirtschaftsminister Vincent Karremans kann fortan alle Entscheidungen des Nexperia-Vorstands blockieren oder widerrufen.
Wingtech spricht von "geopolitisch motiviertem Eingriff"
Wingtech kritisierte die Maßnahme als "übermäßige Einmischung" und "nicht faktenbasierte Risikobewertung". Der Schritt widerspreche den Prinzipien der EU für fairen Wettbewerb und internationalen Handel, so das Unternehmen in einer Stellungnahme. In China habe man bereits offiziell um Unterstützung gebeten.
Die Maßnahme reiht sich ein in eine Serie westlicher Eingriffe gegen chinesischen Einfluss in der Halbleiterbranche. Die USA hatten Wingtech bereits 2022 auf eine Liste gesetzt, die den Export sensibler Technologie stark einschränkt. Im September 2025 dehnte das US-Handelsministerium diese Regeln auf Tochterfirmen aus – darunter auch Nexperia.
China reagierte seinerseits mit Exportbeschränkungen für Seltene Erden, die unter anderem in Halbleitern, Windturbinen und Elektroautos verwendet werden.
Bereits im November 2022 hatte die britische Regierung Nexperia den Kauf der Chipfabrik Newport Wafer Fab untersagt – ebenfalls wegen Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der chinesischen Eigentümerschaft. Auch der niederländische Maschinenhersteller ASML darf unter US-Druck keine fortschrittlichen Chipmaschinen mehr nach China liefern.