Ein Startup kann per KI-Kameratracking kontrollieren, ob sich Menschen an die Abstandsregeln halten.
Während der Corona-Pandemie sollen Menschen einen Mindestabstand von 1,5 bis zwei Meter halten, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Dieses Social Distancing könnte uns nach Schätzungen von Wissenschaftlern der US-Universität Harvard bis ins Jahr 2022 begleiten - solange kein Impfstoff vorhanden ist.
Während man sich auf der Straße relativ leicht 1,5 bis zwei Meter aus dem Weg gehen kann, wird es am Arbeitsplatz schnell eng. Was also tun? Homeoffice für die nächsten zwei Jahre? Viele Unternehmer und Angestellte dürften das nicht als Ideallösung betrachten. Und in vielen Bereichen ist Homeoffice gar nicht erst möglich.
Abstandsregel einhalten: KI kontrolliert und korrigiert
Das KI-Startup Landing AI des Google-Brain-Mitgründers Andrew Ng entwickelt einen Social-Distancing-Detektor: Eine KI-gestützte Überwachungssoftware erkennt Menschen und ihren Abstand zueinander. Entwickelt wurde sie für die eigene Kundschaft, heißt es im Blog des Unternehmens, das unter anderem die riesigen Produktionshallen von Foxconn betreut.
Die Software ist kompatibel mit handelsüblichen Überwachungskameras und nach einer kurzen Kalibrierung einsatzbereit. Ergänzend zum Kamerabild kann sie die Kontakte zwischen Menschen aus einer grafischen Vogelperspektive darstellen. So wird noch schneller ersichtlich, wo der Abstand passt und wo Menschen zu dicht beieinander sind.
Wenn die Abstandsregel nicht eingehalten wird, zum Beispiel wenn zwei Angestellte im Kamerasichtfeld zu dicht aneinander vorbeigehen, könnte die KI Alarm schlagen. Wie genau dieser Alarm aussieht, ist abhängig vom Einsatzgebiet der Software.
Die Kamerabilder könnten auch statistisch ausgewertet werden und so als Grundlage dienen, den Arbeitsplatz neu zu organisieren. Auch Amazon soll seine Lager per Kameraüberwachung auf eingehaltenen Sicherheitsabstand kontrollieren.
Corona als Wegbereitervirus für KI-Überwachung
Landing AI handelt die Frage nach Überwachung und Privatsphäre in einer Fußnote ab: Der technische Fortschritt bei maschinellem Sehen habe eine Reihe wichtiger Fragen über Privatheit und die Rechte des Einzelnen aufgebracht, heißt es.
Das eigene System identifiziere keine einzelnen Personen. Außerdem fordere das Startup generell dazu auf, Überwachungssysteme nur transparent und mit Einwilligung der überwachten Personen einzusetzen.
Im Kontext der Corona-Pandemie warnte unter anderem Edward Snowden vor neuen Überwachungsmechanismen, die zur Bekämpfung des Virus jetzt installiert und nach der Pandemie womöglich weiter eingesetzt würden.
KI-gestützte Massenüberwachung ist dystopisch, da sie den Faktor Mensch aus dem Prozess entfernt. Sie ist schnell, automatisch und effizient, noch dazu vermeintlich objektiv. Trotz des hohen Risikopotenzials existieren auch gute Gründe für KI-Überwachung.