Microsoft will mit einer verbesserten Version von ChatGPT einen "KI-Copiloten" ins Web bringen. Er soll in den Edge-Browser integriert werden und die Bing-Suche unterstützen.
Die vor einigen Tagen durchgesickerten Bilder und Videos zur Bing-Integration von (vermutlich) GTP-4 sind korrekt: Ein verbessertes ChatGPT ist über die Suchseite verfügbar und wird zusätzlich in die Edge-Seitenleiste integriert.
Ähnlich wie bei ChatGPT können Nutzer/innen im neuen Bing direkt Fragen eingeben und fertige Antworten erhalten, auf die sie wiederum mit weiteren Fragen reagieren können. Die Dialog-KI bleibt dabei im Kontext und bietet zu einer Antwort passende weiterführende Weblinks an. Die herkömmliche Websuche steht weiterhin zur Verfügung.
KI-Modelle der nächsten Generation optimiert für die Internet-Suche
Das neue Modell soll im Gegensatz zu ChatGPT aktuellere Informationen mit kommentierten Antworten bieten. Laut OpenAI- und Bing-Produktmanagerin Dena Saunders verfügt die Bing-Integration über eine Funktion, die vom Modell generierte Suchanfragen für einen Prompt anzeigt.
Das Modell soll regelmäßig mit aktuellen Daten, Nachrichten und sogar ortsbezogenen Informationen aktualisiert werden. Eine genaue Angabe zur Aktualität wurde bei der Präsentation nicht gemacht, Microsoft verspricht jedoch eine "beeindruckende" Aktualität. Die Kombination von KI und Internetsuche soll auch beim Faktencheck helfen.
Bei einem kurzen Gastauftritt auf der Microsoft-Bühne sprach OpenAI-CEO Sam Altman von "Modellen der nächsten Generation spezifisch für die Suche", ohne den Begriff GPT-4 zu verwenden.
Ergänzend dazu hat Microsoft nach eigenen Angaben eine Methode entwickelt, um "die Leistungsfähigkeit des OpenAI-Modells optimal zu nutzen". Diese Sammlung von "Fähigkeiten und Techniken" bezeichnet Microsoft als "Prometheus-Modell".
Das Modell liefere "relevantere, schnellere und zielgerichtetere Ergebnisse bei gleichzeitig verbesserter Sicherheit". Microsoft wendet das KI-Modell auch auf die herkömmliche Bing-Suche an, was zum "größten Relevanzsprung seit zwei Jahrzehnten" geführt habe.
Weltweiter Rollout mit Samthandschuhen
Zusätzlich zur Bing-Integration soll eine Sidebar-Integration im Edge-Browser bei der Informationsverarbeitung helfen. Die KI-Funktion von Edge kann zum Beispiel PDFs automatisch in wenigen Sätzen zusammenfassen oder auf Webseiten wie Stackoverflow gezeigten Code auf Anfrage adaptieren. Auch Chat-Funktionen wie in der Bing-Suchoberfläche stehen zur Verfügung.
Bei der Chat-Schnittstelle hat Microsoft nach eigenen Angaben viel in die Sicherheit investiert. Microsoft setzt dabei auf Fine-Tuning, ein Filtersystem von Bing für Inhalte und Systeme, die schnell auf neue Bedrohungen reagieren können. Unter anderem setzt Microsoft das KI-System als Bad Actor oder "Team Red" ein, um Regelverstöße oder gefährliche Inhalte zu finden und zu entfernen.
Die neue KI-Software soll global, aber langsam ausgerollt werden. Eine "limitierte Vorschau" der neuen Bing- und Edge-KI für eine begrenzte Anzahl von Suchanfragen ist laut Microsoft ab heute über die herkömmliche Bing-Webseite verfügbar. Eine mobile Version soll folgen.
Microsoft-CEO Satya Nadella mit Kampfansage an Google
Als "neuen Tag für die Suche" bezeichnet Microsoft-CEO Satya Nadella die neue KI-basierte Websuche von Microsoft. Die auf Konversation optimierte KI soll den Suchenden direkte Antworten auf ihre Fragen geben, statt nur Links auszuspielen.
Täglich werden 10 Milliarden Suchanfragen gestellt, aber wir schätzen, dass die Hälfte davon unbeantwortet bleibt. Das liegt daran, dass die Menschen die Suche für Dinge nutzen, für die sie ursprünglich nicht gedacht war. Für das Auffinden einer Website ist sie großartig, aber bei komplexeren Fragen oder Aufgaben greift sie zu oft zu kurz.
Microsoft
Damit macht der Microsoft-CEO unmissverständlich klar: Microsoft greift Googles Kerngeschäft, die Suche, an. Google will in diesen Stunden mit "Bard" eine Antwort präsentieren.
Dabei hat Microsoft einen entscheidenden Vorteil: Bei Suche und Browser hat Microsoft nichts zu verlieren, Google alles.
Schlimmstenfalls droht Microsoft wie bisher der Misserfolg - oder ein Imageschaden, wenn die KI schädliche Inhalte ausspuckt.
Google hingegen greift als unangefochtener Marktführer mit der neuen Form der Suche sein eigenes Geschäftsmodell an. Selbst wenn Google auch im KI-Zeitalter bei den Marktanteilen (deutlich) vor Microsoft liegen sollte: Ob sich diese neue Art der Suche ähnlich monetarisieren lässt wie die bisherige Websuche, wird erst die Zukunft zeigen.