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Huawei bringt ein eigenes autonomes Fahrsystem auf den Markt und will Autos und Städte besser vernetzen. Wie sehen Huaweis Pläne für eine smarte Zukunft aus?

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Vor etwa einem Monat verkündete Huaweis Vorstandsvorsitzender Eric Xu gegenüber Analysten, dass die eigene Technologie für autonomes Fahren Tesla Konkurrenz machen werde. Schon jetzt übertreffe man Autopilot und Full Self-Driving und könne eine Strecke von mehr als 1.000 Kilometern ohne menschliches Eingreifen zurücklegen.

Mittlerweile sind weitere Details zu Huaweis autonomem Fahrsystem bekannt. Außerdem bezieht der ehemals größte Smartphone-Hersteller der Welt Stellung zu Gerüchten über den Einstieg in die Autofertigung.

Huawei: Autoherstellung passt nicht zu eigener Langzeitstrategie

Nachdem Huaweis ambitionierte „Smart Car“-Pläne bekannt wurden, kamen Gerüchte über einen tieferen Einstieg in die Automobilbranche auf. Im April berichtete das Nachrichtenmagazin Reuters, dass Huawei sogar vorhabe, einen kleineren Autobauer zu übernehmen.

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Huawei beteuert nun in einer Pressemitteilung, keine größeren Anteile an einem Hersteller übernehmen und auch in Zukunft keine eigenen Fahrzeuge herstellen zu wollen. Das Unternehmen konzentriere sich vollkommen auf die Ausstattung der Vehikel mit der für autonomes Fahren nötigen Soft- und Hardware.

Diese und andere Gerüchte, dass das Unternehmen in eigene Autoproduktionskapazitäten investiere, seien laut Huawei unbegründet. Man wolle an der eigenen Langzeitstrategie festhalten und weiterhin Schlüsselkomponenten für intelligente und vernetzte Fahrzeuge herstellen.

High-End-Autokomponenten im Fokus

Huawei wolle mit High-End-Komponenten Autobauern eine Technologie bereitstellen, mit denen diese die nächste Generation intelligente Fahrzeuge herstellen könnten. Der Tech-Konzern führt seine Autosparte seit 2020 unter der Marke Huawei Inside oder kurz „HI“ und arbeitet bei der Entwicklung eng mit verschiedenen Autokonzernen zusammen.

Das smarte Cockpit eines mit Huawei-Technologie ausgestatteten Arcfox-Autos.
Huaweis Smart Cockpit basiert auf dem Harmony-Betriebssystem. | BILD: Arcfox

Aus einer dieser Kooperationen heraus entstand der ArcFox Alpha S. Die zusammen mit dem chinesischen Autobauer BAIC entwickelte Limousine stellten die Unternehmen auf der Automobil-Messe Shanghai Motor Show 2021 vor.

Ausgestattet ist der Alpha S mit Huaweis Kirin 990 A Chipset, das ein auf HarmonyOS basierendes Smart-Cockpit betreibt. Darin befindet sich ähnlich wie bei der neuen Mercedes S-Klasse ein hochauflösendes Augmented Reality Headup Display. Dessen Darstellung soll dem eines 70-Zoll-Bildschirms gleichen und zwei Fahrspuren im Sichtfeld des Fahrers mit digitalen Objekten wie Richtungspfeilen ausstatten können.

Empfehlung

Huaweis autonomes Fahrsystem erreicht Stufe 4

Der ArcFox Alpha S ist das erste Fahrzeug, das mit Huaweis MDC 810-Rechenplattform betrieben wird. Es soll bis zu 400 TOPS leisten und so autonome Fahrfunktionen wie Auto Valet Parking ermöglichen, also das automatische fahrerlose Einparken in entsprechend ausgestatteten Parkhäusern.

Ein autonom fahrendes Auto der Marke ARCFOX parkt automatisch in einem Parkhaus ein.
Huaweis ADS unterstützt das automatische fahrerlose Einparken in entsprechend eingerichteten Parkhäusern. | ARCFOX

In Huaweis Advanced Driving System (ADS) kommen insgesamt 34 Kameras und Sensoren zum Einsatz. Neben drei Solid-State-Lidars und achtzehn Radar-Sensoren sind dreizehn optische Kameras verbaut. Darunter eine 8M-Frontkamera mit Binokular und eine Super-Fisheye-Kamera.

Berichten zufolge soll das ADS hervorragend auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren wie auf die Straße laufende Passanten oder Verkehrsteilnehmer, die in falscher Fahrtrichtung unterwegs sind.

Außerdem beherrsche Huaweis System das ungeschützte Linksabbiegen bei Tag und bei Nacht. Überholvorgänge oder Spurwechsel stellen demnach auch in Dunkelheit kein Problem dar. Im folgenden YouTube-Video seht ihr eine autonome Fahrt durch die Straßen von Shanghai in einem ArcFox mit Huaweis ADS.

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Das Auto fährt selbstständig ohne menschliches Eingreifen durch das Stadtgebiet. Es wechselt die Spur, erkennt Fußgänger und scheint sämtliche Aufgaben des alltäglichen Verkehrs zu beherrschen. Ab Minute 5:34 bekommt es das Fahrzeug von allen Seiten mit Motorrollern, Passanten und Pkws zu tun, löst die Situation allerdings souverän.

4D Imaging Radar – der neue Lidar-Killer?

Ein integraler Bestandteil von Huaweis System für autonomes Fahren ist das selbst entwickelte „4D Imaging Radar“. 4D bezieht sich dabei auf die Erkennung der vier Dimensionen des Ziels: Geschwindigkeit, Entfernung sowie horizontaler und vertikaler Winkel.

Das Radar enthält zwölf Transmitter- und 24 Empfängerkanäle (12T24R). Diese Antennenkonfiguration ist im Vergleich zu handelsüblichen Milimeterwellenradaren deutlich höher. Denen stehen lediglich drei Sender- und vier Empfangskanäle zur Verfügung (3T4R).

Huaweis 4D-Radar soll im Vergleich zu Lidar-Sensoren und Kamerasystemen Geschwindigkeit besser messen können. Außerdem erkenne es verdeckte Ziele auch in größerer Entfernung und sei resistent gegen den Einfluss von Licht, Regen und Schnee.

Gleichzeitig verbessere das 4D-Radar die Auflösung und Zielerkennungssicherheit sowie den Erfassungsbereich (Entfernung und Field of View) erheblich. Zur 360-Grad-Erkennung werden mehrere der 4D-Radare am Fahrzeug verbaut. Deren Bilder fusionieren für die Umgebungsdarstellung und generieren, ähnlich wie Lidar, eine Punktwolke mit hoher Dichte. Huawei sieht in den hochauflösenden 4-D-Bildradaren die nächste Evolutionsstufe der Millimeterwellenradare.

In Kombination mit Lidar- und Kamerasystemen soll Huaweis 4D-Radar die horizontale und vertikale Winkelmessfähigkeit deutlich ausbauen. Die horizontale Sichtweite verbessere sich von 90 auf 120 Grad. Vertikal steigert sie sich laut Huawei von 18 auf 30 Grad. Die Längssichtweite erreiche mehr als 300 Meter. Durch die Fähigkeiten des Radars soll das autonome Fahrsystem komfortable Bremsungen im Geschwindigkeitsbereich von 130 km/h durchführen können.

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Smarte Straßen für smarte Autos

Damit autonom fahrende Vehikel ideal von ihrer Umgebung unterstützt werden, will Huawei auch die Straßen der Großstädte smarter machen. In der Stadt Wuxi in der Jiangsu-Provinz im Osten Chinas läuft derzeit Huaweis Projekt „X-Bus“. Auf einer vier Kilometer langen Strecke pendelt ein autonom fahrender Bus: Die gesamte Route ist mit smarter Infrastruktur ausgestattet.

Sensoren, Kameras und Radare sind in Ampeln, Verkehrsschildern und sogar der Straße selbst verbaut und liefern Daten direkt an ein Transportkontrollnetzwerk. Der Bus sendet ebenfalls laufend Informationen an das Netzwerk. Gleichzeitig fragt er günstige Ampelschaltungen oder Staulagen ab, um den Zeitplan einzuhalten.

Dieses „Connected Car“-System soll künftig neben öffentlichen Verkehrsmitteln auch in möglichst vielen privaten Smart Cars zum Einsatz kommen. X-Bus ist Teil von Chinas Smart City-Projekt. Das Land will unter anderem den teils chaotischen Verkehr in seinen Metropolen reibungsloser und sicherer machen. Die nötige Technologie sollen Chinas Großkonzerne wie Alibaba, Baidu und eben Huawei liefern.

Titelbild: BAIC Arcfox, Quellen: Explica, Technode, Shifting Gears, Shifting Gears, Auto Economic Times, Huawei, INF, MINEWS, HuaweiNewos

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Josef schreibt für THE DECODER über Robotik, autonomes Fahren, vernetzte Städte und smarte Geräte. Träumt von einem Smart Home, in dem sämtliche Sprachassistenten friedlich koexistieren.
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