Mit einem neuen Tool von Ubisoft, das Autoren bei der Erstellung von Dialogen für nicht spielbare Charaktere (NPCs) unterstützt, hält generative Sprach-KI weiter Einzug in Videospiele.
Ubisoft, bekannt für Spielehits wie die Assassin’s Creed-Reihe, Watch Dogs und Far Cry, setzt ein KI-Tool namens "Ghostwriter" ein, um Dialoge für nicht spielbare Charaktere (NPCs) in seinen Spielen zu generieren.
NPCs sind Charaktere, die das Videospiel bevölkern, aber nicht Teil der Haupthandlung sind. Andere Hogwarts-Schüler in den Harry Potter-Videospielen etwa, oder Passanten auf der Straße in den weitläufigen Landschaften von Grand Theft Auto V. Das intern entwickelte Tool wird seit April 2023 getestet.
Entlastung der Drehbuchautoren
Ziel ist es, die NPCs ansprechender und lebensechter zu gestalten und gleichzeitig die Autoren zu entlasten. Ubisoft betont, dass Ghostwriter menschliche Autoren nicht ersetzen, sondern sie bei der Erstellung sogenannter Barks unterstützen sollen.
Barks sind Sätze oder Geräusche, die NPCs bei bestimmten Ereignissen von sich geben, zum Beispiel wenn man mit ihnen einen Dialog beginnt oder sie angreift. Die Idee dahinter ist, dass sich Autorinnen und Autoren so auf den weiteren Verlauf der Geschichte konzentrieren können.
Ghostwriter werde nicht eingesetzt, um Dialoge oder Handlungsstränge zu schreiben, die für die Handlung zentral sind. Es ist ein Werkzeug, das den Autoren hilft, Zeit zu sparen und sich auf die wichtigen Elemente des Spiels zu konzentrieren.
Integrierter Lernprozess beim KI-Ghostwriting
Der Ghostwriting-Prozess beginnt damit, dass die Drehbuchautoren einen Charakter und die gewünschte Interaktion oder Äußerung definieren. Das KI-Tool generiert dann Variationen, aus denen die Autoren auswählen und die sie nach Bedarf ändern können.
Ghostwriter verwendet paarweise Vergleiche zur Bewertung und Verbesserung. Für jede generierte Variante werden zwei Optionen angeboten, von denen der Autor die bevorzugte auswählt. Im Laufe der Zeit sammelt das KI-Tool Tausende Autorenentscheidungen und wird dadurch immer genauer und effizienter.
Datenprobleme
Interessanterweise basiert Ghostwriter nicht auf ChatGPT oder GPT-4. Ben Swanson, Forscher bei Ubisoft, rät Spieleentwickler:innen, ihre eigenen Deep-Learning-Modelle zu entwickeln, anstatt vorhandene zu verwenden.
Er weist auf die Fallstricke hin, wenn man sich auf Drittanbieter verlässt, die wenig Transparenz über die Daten bieten, mit denen sie ihre Modelle trainieren. Er ist zudem besorgt über die rechtliche Grauzone bei der Verwendung von Dialogen, die auf anderen Daten basieren, und über mögliche Klagen, die sich daraus ergeben könnten.
Ubisoft reagiert auf Kritik
Nach der Ankündigung von Ubisoft kritisierten einige Spieleentwickler das Unternehmen in den sozialen Medien und forderten es auf, in menschliche Autor:innen zu investieren. Andere Autoren gaben zu bedenken, dass die Bearbeitung der von Ghostwritern geschriebenen NPC-Dialoge mehr Zeit in Anspruch nehmen würde als das Schreiben eigener Dialoge.
I have played too many AMAZING games with top notch creative soundtracks, gameplay and visuals that honestly almost ruin the experience with bad writing/dialogue. Publishers, PLEASE spend money on solid writers. It’s worth it. https://t.co/xQJEqi0qjb
— Keahu Kahuanui (@KeahuKahuanui) March 22, 2023
Ubisoft antwortete per Tweet und betonte, dass Ghostwriter in Zusammenarbeit mit Drehbuchautoren entwickelt wurde und dazu dient, zusätzliche Variationen für kurze NPC-Zeilen zu generieren. Autoren und Autorinnen sollten Ghostwriter für die Erstellung erster Entwürfe von NPC-Dialogen verwenden und nicht einfach das Endprodukt kopieren und einfügen.