Eine aktuelle Studie des Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) des MIT stellt die Annahme in Frage, dass künstliche Intelligenz (KI) schnell eine große Zahl von Arbeitsplätzen ersetzen wird.
Die Studie, die sich mit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Ersatzes menschlicher Arbeitskraft durch KI befasst, deutet auf einen allmählichen Übergang hin. Die Forscherinnen und Forscher haben sich allerdings nur mit visuellen Aufgaben beschäftigt, etwa der Endkontrolle von Produkten auf Fehler.
Während 36 Prozent der Arbeitsplätze in nicht-landwirtschaftlichen Betrieben in den USA mindestens eine Aufgabe haben, die mit maschineller Bildverarbeitung zu tun hat, haben nur 8 Prozent (23 Prozent der visuellen Aufgaben) mindestens eine Aufgabe, deren Automatisierung für das jeweilige Unternehmen wirtschaftlich attraktiv ist.
Solche visuellen KI-Systeme könnten der Studie zufolge derzeit Aufgaben übernehmen, die 1,6 Prozent der Arbeitnehmerentgelte in der US-Wirtschaft (ohne Landwirtschaft) ausmachen. Dies entspräche 0,4 Prozent der Gesamtwirtschaft.
Visuelle Automatisierung wirtschaftlich für viele Unternehmen und Aufgaben nicht attraktiv genug
Die MIT-Studie weist auf die hohen Kosten hin, die mit der Feinabstimmung von KI-Systemen für spezielle Aufgaben verbunden sind, was für kleinere Unternehmen unwirtschaftlich sein könnte.
Die Forscher veranschaulichen dies am Beispiel einer Bäckerei, in der die hohen Investitions- und Wartungskosten für ein KI-System zur Qualitätskontrolle der Nahrungsmittel die möglichen Einsparungen durch die Automatisierung dieser Aufgabe übersteigen würden. Solche Qualitätskontrollen sollen etwa sechs Prozent der Arbeitszeit in einem Bäckereibetrieb ausmachen.
In einem Interview mit TIME betonte der Hauptautor Neil Thompson, dass der Übergang zur Automatisierung durch KI nicht so unmittelbar bevorstehe, dass er ein sofortiges Chaos auslösen werde.
KI habe zwar das Potenzial, eine beträchtliche Anzahl von Arbeitsplätzen zu automatisieren. Dieser Prozess würde jedoch schrittweise erfolgen. Die Politik habe daher ein Zeitfenster, um Maßnahmen wie Umschulungen zu ergreifen.
Für KI-Forscher und -Entwickler unterstreicht die Studie, wie wichtig es ist, die Kosten für den Einsatz von KI zu senken und den Anwendungsbereich von KI zu erweitern, um Automatisierung für Unternehmen wirtschaftlich attraktiver zu machen.
Sprachmodellstudien prognostizieren größere Veränderungen am Arbeitsmarkt
Studien, die sich auf große multimodale Sprachmodelle wie GPT-4 von OpenAI beziehen, die in der Lage sind, Werkzeuge einzusetzen, prognostizieren weitaus größere Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte kürzlich davor, dass KI fast 40 Prozent der weltweiten Arbeitsplätze betreffen könnte, in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften sogar bis zu 60 Prozent.
Die OECD betont, dass die Auswirkungen von KI für viele Arbeitnehmer nicht in einem Verlust des Arbeitsplatzes bestehen, sondern in einer Veränderung der Arbeitsaufgaben und der Qualität der Arbeit.
Bis zu 27 Prozent der Arbeitsplätze seien jedoch durch KI bedroht, insbesondere hoch qualifizierte Berufe wie Manager, Entscheidungsträger und Ingenieure.
Eine von OpenAI vorgestellte Studie hat gezeigt, dass große Sprachmodelle wie GPT-4 mindestens zehn Prozent der Arbeit von rund 80 Prozent der US-Arbeiter:innen beeinflussen könnten. Für 19 Prozent der Arbeiter:innen könnten Sprachmodelle sogar mindestens 50 Prozent der Aufgaben verändern.
Diese Ergebnisse stimmen mit den Prognosen des Pew Research Centers überein, das davon ausgeht, dass 19 Prozent der Arbeitsplätze durch KI stark beeinflusst oder sogar vernichtet werden könnten.
Die Studie betont jedoch auch, dass die genauen Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt schwer abzuschätzen sind und neben Arbeitsplatzverlusten auch neue Arbeitsplätze und Geschäftsfelder entstehen werden.
Im Mai 2023 präsentierte das Weltwirtschaftsforum einen umfangreichen Bericht namens "Future of Jobs Report 2023", der auf den Antworten von über 800 befragten Unternehmen basiert. Die Arbeitgeber prognostizieren, dass sich etwa ein Viertel (23 Prozent) der Arbeitsstellen in den nächsten fünf Jahren strukturell wandeln werden. Besonders stark betroffen von diesen Veränderungen werden die Bereiche Lieferkette und Transport, Medien, Unterhaltung und Sport sein.
IBM kündigte an, in den nächsten fünf Jahren bis zu 7800 Jobs mit KI zu ersetzen.