Update vom 30. Mai 2024:
In einem Podcast erhärtet und bekräftigt Helen Toner die Vorwürfe gegenüber Sam Altman. Die ehemalige Aufsichtsrätin von OpenAI wirft dem CEO vor, das Gremium mehrfach belogen zu haben, unter anderem über Sicherheitsvorkehrungen bei der KI-Entwicklung und seine eigenen finanziellen Interessen am Unternehmen.
Laut Toner habe der Aufsichtsrat vom ChatGPT-Release erst im Nachhinein via Twitter erfahren. Zudem hätten zwei namentlich nicht genannte Manager Altman als ungeeignet bezeichnet, OpenAI zu einer "Super-KI" zu führen, und von "psychischem Missbrauch" gesprochen.
Der plötzliche Rauswurf Altmans im November 2023 sei erfolgt, um dessen Widerstand zuvorzukommen. Altman habe bereits begonnen, Aufsichtsratsmitglieder zu belügen, um sie aus dem Gremium zu drängen.
Ursprünglicher Artikel vom 27. Mai 2024:
Helen Toner (2021 bis 2023) und Tasha McCauley (2018 bis 2023) waren als OpenAI-Vorstandsmitglieder maßgeblich am Rauswurf von CEO Sam Altman im vergangenen November beteiligt. Nun äußern sie sich zu ihren Beweggründen.
Laut Toner und McCauley habe Altman unter anderem die Aufsicht des Vorstands über wichtige Entscheidungen und interne Sicherheitsprotokolle untergraben.
Mehrere leitende Angestellte hätten dem Vorstand gegenüber ernsthafte Bedenken geäußert, dass Altman eine "toxische Lügenkultur" pflege und "ein Verhalten an den Tag legt, das als psychischer Missbrauch bezeichnet werden kann."
Beide sind davon überzeugt, dass OpenAI nicht in der Lage ist, sich selbst zu regulieren - ein Konzept, das zur Kombination von gemeinnützigen und gewinnorientierten Organisationen geführt hat.
Toner und McCauley agierten beim Rauswurf von Altman als Vorstände im Namen der gemeinnützigen Organisation, die ihrerseits sicherstellen soll, dass die kommerziellen Bestrebungen von OpenAI stets dem übergeordneten Ziel der Non-Profit-Organisation dienen, KI zum Wohle der Menschheit zu entwickeln.
Altmans Entlassung war eine direkte Reaktion darauf, dass das kommerzielle OpenAI aus Sicht von Toner und McCauley diesem Ziel nicht mehr entsprach.
"Die Fähigkeit des Vorstands, die Mission des Unternehmens aufrechtzuerhalten, war durch Altmans langjähriges Verhalten zunehmend eingeschränkt worden", schreiben die Autorinnen in einem Gastbeitrag für The Economist.
Aufgrund ihrer Erfahrungen halten Toner und McCauley den Versuch der Selbstregulierung für gescheitert. Regulatoren müssten nun stärker in das Marktgeschehen eingreifen.
Sie kritisieren auch den Bericht einer Anwaltskanzlei, der Altman nach einer internen Untersuchung entlastete und seine Entlassung als nicht notwendig bezeichnete. OpenAI habe nicht erklärt, wie es zu diesem Urteil gekommen sei und habe den Bericht weder intern noch extern veröffentlicht.
Die Entwicklung von OpenAI seit der Rückkehr Altmans als CEO, sein Platz im OpenAI Board of Directors sowie der kürzliche Abgang zahlreicher Sicherheitsforscher, die die Sicherheitsmaßnahmen von OpenAI zum Teil heftig kritisiert hatten, werfen kein gutes Licht auf das Unternehmen.
Zuletzt war bekannt geworden, dass OpenAI Knebelverträge einsetzt, um Kritik von ehemaligen Mitarbeitern zu unterbinden. Altman behauptet, von diesen Klauseln nichts gewusst zu haben, obwohl er Verträge unterschrieben hat, die dies ermöglichen. Die Klauseln wurden bekannt, nachdem ein Mitarbeiter, der sich geweigert hatte, sie zu unterzeichnen, sie öffentlich gemacht hatte. OpenAI ist derzeit dabei, die Klauseln rückwirkend aufzuheben.