Der E-Commerce-Riese entwickelt ein multimodales KI-System namens Olympus. Es soll vor allem bei der Verarbeitung von Videoinhalten punkten - und Amazons Schwächen bei der Textverarbeitung ausgleichen.
Amazon bereitet offenbar die Einführung eines neuen KI-Systems vor. Wie mehrere mit der Entwicklung vertraute Personen berichten, konzentriert sich das intern als "Olympus" bezeichnete Projekt auf die Analyse von Video- und Bilddaten, berichtet The Information.
Bei der Verarbeitung von Texten und der Lösung komplexer Aufgaben soll das System zwar hinter den Konkurrenten OpenAI und Anthropic zurückbleiben. Dafür soll es bei der Videoanalyse neue Maßstäbe setzen.
Von Basketballwürfen bis Unterwasser-Inspektionen
Die technischen Fähigkeiten des Systems gehen demnach weit über bisherige Videoanwendungen hinaus: So kann Olympus nach Angaben der Informanten beispielsweise in Sportaufnahmen die Bewegung eines Basketballs präzise verfolgen - eine Aufgabe, die bisher menschliche Analysten übernehmen mussten.
Potenzielle Kunden sind etwa Sportanalysefirmen und Medienunternehmen mit großen Videoarchiven. Auch Öl- und Gasunternehmen könnten KI für die Inspektion von Unterwasser-Bohranlagen nutzen, um z.B. Korrosion oder Lecks aufzuspüren.
Amazons KI-Chef Rohit Prasad plante laut der Quellen von The Information Ende letzten Jahres vier große Textmodelle, darunter ein Modell mit 400 Milliarden Parametern und ein weiteres mit zwei Billionen Parametern, also größer als das ursprüngliche GPT-4. Die Anzahl der Parameter sagt zwar immer noch etwas über die Leistungsfähigkeit der Modelle aus, aber dank neuer Effizienztechniken ist die Aussagekraft geringer als im März 2023.
Diese Textmodelle sollten dann mit einem kleineren Modell für das visuelle Verständnis kombiniert werden. Welche Architektur und Modellkombination letztlich hinter Olympus steht, ist nicht bekannt.
Das könnte sich bald ändern: Nächste Woche könnte die Olympus-Reihe auf Amazons Cloud-Kundenkonferenz AWS re:Invent vorgestellt werden.
Exklusive KI-Modelle für AWS
Olympus zeigt, dass Amazon trotz der Investition von acht Milliarden Dollar in Anthropic weiter an eigenen KI-Modellen arbeitet. Mit Blick auf das KI-Geschäft ist es für die großen Cloud-Betreiber wichtig, neben den marktüblichen Modellen auch exklusive Modelle zu haben, um Kunden ein zusätzliches Argument für die eigene Cloud zu liefern. Microsoft hat die GPT-Modelle von OpenAI, Google die eigenen Gemini-Modelle.
Amazon entwickelt zudem wie Google, Microsoft und Meta eigene KI-Chips, um sich mittel- bis langfristig dem Preisdiktat und der Chipknappheit in einem von Nvidia dominierten KI-Chipmarkt zu entziehen. Mit den eigenen Modellen und jenen von Anthropic hätte Amazon Anwendungsfälle für den Einsatz der Chips.